Popkultur

Was eure Silvesterpläne über euch aussagen

Eine zusammengekauerte Person an Silvester

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und wir müssen alle nochmal in uns gehen. Allerdings nicht, um über die vergangenen zwölf Monate nachzudenken, sondern darüber, wie wir sie beenden. Denn wenn ihr nur ein Stückchen wie meine Freunde und ich seid, drehen sich 110 Prozent eurer Gruppenchats und Hirnaktivität dieser Tage um ein Thema: Shit, in ein paar Tagen ist Silvester, es gibt keinen Plan, was sollen wir nur tun, aaah.

Auf wenigen zyklischen Ereignissen liegt so viel Druck wie auf Silvester. Es ist wortwörtlich die letzte Gelegenheit, um Spaß zu haben. Der letzte Shot vor dem trockenen Januar. Die letzte Nacht ohne schlechtes Gewissen, weil ihr nach fünf Tagen im neuen Jahr schon wieder all eure Vorsätze über Bord geworfen habt. Und der einzige Tag, an dem Pailletten-Outfits außerhalb von Drag-Shows gesellschaftlich akzeptiert sind.

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Wenn ihr zu den Menschen gehört, die die Nacht bereits verplant haben: Glückwunsch, ihr seid besser als ich. Ich beneide euch ein bisschen, aber noch viel wichtiger: Ich verstehe nicht, wie ihr das geschafft habt. (Es sei denn, ihr seid im Familienurlaub und eure Eltern haben eure Feiertage organisiert, dann verstehe ich das sehr gut.)


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Für alle anderen beginnen spätestens jetzt, nach den Weihnachtsfeiertagen, die Last-Minute-Organisationen für Silvester und Neujahr. Und auch wenn das bedeutet, dass euch auf die letzten Meter eines beschissenen Jahres nun auch noch Organisationsstress und FOMO quälen, so habe ich doch eine gute Nachricht für euch.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die kurzfristig zusammengestellten Silvesterpläne den besten Einblick in eure Persönlichkeit geben. Also legt die Füße hoch, denn ich werde jetzt in meine Kristallkugel schauen und euch auf der Grundlage eures Silvesterabends etwas über euch erzählen.

Silvesterparty in der Dorfdisko – mit DJs, von denen ihr noch nie gehört habt

Es ist mutig, über die Feiertage in die Heimat zu reisen. Wer aber selbst an Silvester lieber bei der Neujahrsparty in der Dorfdisko feiert als beim Bunker-Rave in der Großstadt, hat Ausdauer, viel Geld und wenig Ahnung von guten Drinks. Immerhin seid ihr bereit, euren Weihnachtsbonus für überteuerte Wodka-Energy und dörfliche Transportmöglichkeiten auszugeben.

Das Gute: Menschen wie ihr sind mit wenig zufrieden. Es ist euch egal, ob ihr zu gefeierten Techno-DJs abgeht oder zu Pitbull. Hauptsache, ihr geht ab. Eventuell liegt das am schlechten Fusel, aber hey! Doch Achtung: Eure Gleichgültigkeit kann auch negative Auswirkungen haben. Etwa wenn ihr an Silvester mit dem verheirateten ehemaligen Klassenkameraden im Bett landet oder noch immer denkt, dieses Klimaproblem regele sich schon irgendwie von selbst. You do you, aber bitte benutzt Kondome.

Airbnb mit Freunden und Freundinnen

Böller und besoffene Typen in der Fußgängerzone? Pah! Ihr flüchtet in ein Wochenend-Häuschen am Stadtrand, um den Lärm zu ignorieren. So macht ihr es schließlich auch mit der Tatsache, dass das Last-Minute-Airbnb für alle Beteiligten so viel gekostet hat wie ein Hin- und Rückflug nach Spanien. Mist, das wäre eigentlich auch eine gute Idee gewesen. Egal. Jetzt feiert ihr wenigstens mit euren engsten Freunden, euren Freundinnen und eurem Partner, der auf das ganze Ding gar keinen Bock hatte und es auch die ganze Nacht zeigen wird. Hauptsache, man sieht es hinterher nicht in eurer Insta-Story.

Ihr gehört zu der Sorte Menschen, die Erfolg lieben und das auch nach außen hin verkörpern. Ist doch egal, dass euer Krypto-Start-Up in Wirklichkeit Investoren beklaut! Viel wichtiger ist, dass ihr auf euren Smartwatches eure tägliche Schrittzahl erreicht. Wenn ihr 2017 schon volljährig gewesen wärt, hättet ihr definitiv Karten für das Fyre Festival gekauft.

Homeparty-Roulette

Entscheidungen treffen ist hart, also macht ihr es euch leicht und trefft einfach keine. Ihr beendet das Jahr als Ja-Sagende und nehmt jede Party-Einladung an – auch wenn die unterschiedlichen Locations vier U-Bahn-Umstiege voneinander entfernt sind oder ihr den Gastgeber nicht mehr gesehen habt, seit ihr ihn im Sommer geghostet habt. Natürlich haltet ihr eure Versprechen ohnehin nicht, denn das ist a) unmöglich, b) nicht euer Charakter und c) habt ihr euch eingeredet, dass es irgendwie edgy ist, an Silvester um Mitternacht auf einem feuchten U-Bahnsitz oder im Taxi zu sitzen.

Dabei sind niedrige Standards für euch einfach ein Lebensgefühl: Je abgefuckter die Umstände, desto mehr blüht ihr auf. Kein Wunder also, dass ihr mit dem Mischkonsum auf den vielen Housepartys am Ende selber nur noch halb frisch seid. Außerdem seid ihr auf Uber gesperrt und kauft als Gastgeschenk nur Wein in Tetrapacks. Immerhin seid ihr von sehr liebenswürdigen und geduldigen Freunden und Freundinnen umgeben – sonst würde euch bei dem Benehmen ja niemand mehr einladen.

(Dies ist übrigens der Silvester-Plan der Autorin dieses Artikels.)

Zu Hause vortrinken und “mal schauen”

Die halbvolle Flasche Jägermeister von Weihnachten leert sich nicht von allein, und für den trockenen Januar wäre sie ohnehin ein Störfaktor. Warum also nicht die Silvesternacht mit etwas Hochprozentigem einläuten? Ihr wollt schließlich keinen Abend voller schöner Erinnerungen, sondern einen Vollsuff mit Menschen, die euch nach dem Aperitif in die nächste Kneipe zerren. Natürlich würdet ihr den Begriff Aperitif niemals benutzen, sowas sagen nur die arroganten Koksnasen aus der Großstadt.

Ihr habt in der Lockdown-Phase eure Haare wachsen lassen und einen kleinen Schuppen auf dem Balkon gebaut. Das Bananenbrot-Rezept aus 2020 kommt auch beim Vortrinken an Silvester 2022 noch gut an. Die Gäste krümeln den neuen Teppich voll, aber keine Sorge: Der neue Handstaubsauger, von dem ihr seit zwei Jahren allen erzählt, saugt sie auf. Das Leben ist schön.

Böllern!

Ihr lasst euch von niemandem den Spaß verderben: nicht von den Öko-Kids, nicht von Tierschützenden, nicht von der Politik und schon gar nicht von der Wirtschaftskrise. Was interessiert euch die Welt von morgen? Na ja, am 31. Dezember zumindest soviel, dass ihr mit Freude und etwas angestauter Zerstörungswut in den neuen Tag und das neue Jahr hineinböllert. Silvester ist für euch nichts als eine gute Gelegenheit, um die alten Feuerwerkskörper loszuwerden, die ihr an Weihnachten im Schrank eures alten Kinderzimmers gefunden habt. Umso besser, wenn sich im Umkreis von 50 Metern niemand in eurer Nähe aufhalten will.

Ihr seid die konsequenteste Gruppe aus diesem Text, denn ihr achtet vor allem  auf euch und eure Bedürfnisse – und das ganz ohne diesen emotionalen Vorsatzquatsch. Aber halt! Wie sieht es wirklich in eurer Gefühlswelt aus? Wenn ihr nur einer Person ein Foto eures Feuerwerks schicken müsstet, wer würde es erhalten? Denkt mal darüber nach. Ihr seid liebenswert.

Aufgeben und zu Hause bleiben

Ihr habt euch in der Pandemie von gesellschaftlichen Zwängen befreit und bleibt an Silvester mit dem neuen Haustier/dem neuen Kind zuhause. Das macht euch gar nichts aus – zumindest redet ihr euch das ein. Um den Abend ein bisschen aufzupeppen, habt ihr bei Aldi einen Tiefkühl-Lachs im Blätterteig geholt und schaut euch einen Film mit Adam Sandler an. Doch ihr könnt euch sicher sein: Am Ende werdet ihr und euer Partner oder eure Partnerin im Kerzenschein durch die Insta-Stories eurer Leute klicken und euch insgeheim wünschen, auch irgendwo mit einem Plastik-Sektglas auf 2023 zu warten.

Ihr selbst habt an diesem Abend nur eine Top-Ten der besten Bücher des vergangenen Jahres gepostet. Ansonsten seid ihr sehr stolz auf eure Tee-Sammlung und darauf, dass eure Rückenschmerzen durch Yoga verschwunden sind. Außerdem seid ihr reflektiert genug, um zu wissen, dass ihr nicht sehr partytauglich seid und in Wirklichkeit auf jeder Silvesterfete ab 22:30 Uhr gähnend in der Ecke sitzen würdet. Und mit dieser Selbstkenntnis seid ihr allen anderen Gruppen aus diesem Artikel um Längen voraus.

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