Tschö, NPD! Die Neonazi-Partei steht endgültig vor dem Aus
Der NPD-Vorsitzende Frank Franz hat keinen Grund, optimistisch in die Zukunft zu schauen || Foto: imago | Mauersberger

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Rechtsextremismus

Tschö, NPD! Die Neonazi-Partei steht endgültig vor dem Aus

Den Rechtsextremen mangelt es an Wählern, Mitgliedern und vor allem Geld. Der Bundestag fordert Hunderttausende Euro von der Partei zurück.

Wenn Tagesschau.de dieser Tage jemanden als "klein und radikal" bezeichnet, dann ist damit nicht Brain aus Pinky und der Brain und auch nicht die neuesten Entdeckungen des Kernforschungszentrums CERN gemeint. Es geht heute um die NPD. Die rechtsextreme Partei beklagt einen Wähler- und Mitgliederschwund, der sich nun auch auf dem Konto der Partei bemerkbar macht: Weil die NPD bei der Bundestagswahl im September letzten Jahres nur auf 0,4 Prozent kam, soll sie einen sechsstelligen Betrag an die Bundestagsverwaltung zurückzahlen. Geld, das die klamme Partei wohl nicht hat.

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Vor fünf Jahren hatten 1,3 Prozent der Wähler für die Rechtsextremen gestimmt. Deshalb erhielt die NPD seitdem jedes Jahr mehr als eine Million Euro aus der Parteienfinanzierung des Bundes. Für eine solche Finanzspritze muss eine Partei bei einer Bundestagswahl mindestens 0,5 Prozent aller Stimmen erreichen. Das gelang der NPD 2017 nicht mehr. Die Bundestagsverwaltung hatte ihr allerdings bereits rund 770.000 Euro für das Jahr überwiesen, berichtet der Focus in seiner morgigen Ausgabe. Bis Februar wollen die Verwaltungsmitarbeiter nun entscheiden, wie viele Hunderttausende Euro die NPD dem Bundestag zurücküberweisen muss. Der Verfassungsschutz schätzt die Folgen laut Focus als "verheerend" für die Partei ein. Die NPD dürfte endgültig am Ende sein, auch weil ihr Bund und Länder weitere Gelder entziehen könnten.

Nach einer Änderung des Grundgesetzes können die Verwaltungen verfassungsfeindlichen Parteien öffentliche Gelder verwehren, wenn sie einen entsprechenden Antrag beim Bundesverfassungsgericht stellen. Extremismusforscher, Verfassungsschützer und zahlreiche Politiker halten die NPD für verfassungsfeindlich, der Bund und einige Länder sollen deshalb einen solchen Antrag prüfen. Im November wurde allerdings bekannt, dass der Verfassungsschutz die Erfolgsaussichten eines Antrags für sehr gering hält: Die NPD sei schlicht zu arm, um ihr die Parteienfinanzierung komplett zu entziehen, denn das hieße de facto, die Partei per Gerichtsbeschluss dicht zu machen. Die Bundesverfassungsrichter würden das selbst nicht durchsetzen wollen, hieß es damals. Die NPD hat dennoch Klage gegen die Gesetzesänderung eingereicht, schreibt Tagesschau.de.

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Wie sich die NPD noch retten könnte

Frank Franz gibt sich noch gelassen. Der NPD-Chef sagte dem Focus, der Partei würden "keine finanziellen Probleme erwachsen, weil wir uns schon im Vorhinein mit unterschiedlichen Szenarien befasst und Vorkehrungen getroffen haben". Wie die aussehen, führte Franz nicht weiter aus.

Findet die NPD keinen rechten Großspender, könnte sie nur durch Erfolge bei Landtagswahlen neue Gelder generieren. Für die Parteienfinanzierung aus den Landeskassen muss sie dabei allerdings 1 Prozent der Stimmen erhalten. Die verfehlte sie 2017 im Saarland und Nordrhein-Westfahlen deutlich, in Niedersachsen und Schleswig-Holstein trat sie erst gar nicht an. Die nächste Landtagswahl, bei der die NPD Chancen hat, erneut über die Finanzierungsgrenze zu springen, findet im Oktober in Hessen statt. 2013 hatten hier 1,1 Prozent der Wähler für sie gestimmt, es könnte also knapp werden. Erst im nächsten Jahr wählen dann die Bürger in den ehemaligen NPD-Hochburgen Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Sie könnten der NPD weitere Fördergelder ermöglichen. Wenn es die Partei dann überhaupt noch gibt.

Wo die NPD bereits jetzt zerfällt

Wie abgelaufener Bergkäse wird die NPD zwischen ihrer neuen Konkurrenz am rechten Rand zerrieben, sagt Simone Rafael, Journalistin und Aktivistin gegen rechts bei der Amadeu Antonio Stiftung. "Der beinharte Neonazi wählt inzwischen [die Parteien] Die Rechte oder 'Der III. Weg', der Rechtspopulist wählt eher die AfD", sagte Rafael dem Neuen Deutschland. Und auch der Parteichef Frank Franz selbst klagte im vergangenen Bundestagswahlkampf gegenüber VICE: "Man muss über zugespitzte Plakataussagen provozieren, damit wir überhaupt noch stattfinden – das hat die AfD erschwert."

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Nicht nur die Wähler, auch die Mitglieder laufen der NPD weg. 2007, zu ihrer erfolgreichsten Zeit, ging der Verfassungsschutz von 7.200 registrierten NPDlern aus. Laut Focus rechnen die Beamten jetzt lediglich mit 4.000 Mitgliedern. Im aktuellsten Verfassungsschutzbericht, dem für 2016, stehen im Eintrag der "mitgliederstärksten rechtsextremistischen Partei in Deutschland" noch 5.000 Mitglieder.

Selbst in Sachsen tritt die NPD nicht mehr flächendeckend mit ihren Geld-für-die-Oma-statt-Sinti-und-Roma-Sprüchen in Erscheinung. Das sagt der Landesverfassungsschutz. Der zählte 2016 in dem Freistaat zwar einen stabilen Personenpool von 2.700 Rechtsextremisten, aus dem die NPD eigentlich Leute rekrutieren könnte. Offenbar wollen die aber kein NPD-Parteibuch mehr.


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Wo es die ehemals Linientreuen hinverschlägt, zeigen zwei Beispiele aus Sachsen-Anhalt:

Stefan Träger ließ sich bei der Bundestagswahl 2009 als Direktkandidat aufstellen, jetzt arbeitet er für den AfD-Landtagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt. Michael Schäfer, ein ehemaliger Landtagskandidat und vor fünf Jahren noch Bundesvorsitzender des NPD-Nachwuchs Junge Nationale, zeigte sich zuletzt bei "Ein Prozent". In der vermeintlichen Bürgerplattform arbeiten hochrangige AfDler, Mitglieder der Identitären Bewegung und andere Rechte und Rechtsextreme zusammen. Im letzten Jahr referierte Schäfer dann bei der AfD-nahen Erasmus-Stiftung Brandenburg über seine Arbeit.

Udo Voigt, als Europaabgeordneter der letzte verbliebene NPD-Vertreter in einem überregionalen Parlament, hat seine eigene Version, wer am Niedergang seiner Partei schuld ist. Einem Reporter des Tagesspiegels sagte er: "Das liegt an Journalisten wie Ihnen!" Die Medien würden zu viel über die AfD und zu wenig über die NPD berichten. Fraglich, ob die Artikel dieser Woche der Partei so sehr helfen werden.

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