Die reichste Influencerin der Schweiz macht jetzt auch Musik

Wer ihren Namen und ihre Musik nicht kennt, kennt wahrscheinlich ihr Gesicht. Kristina Bazan ist nicht nur Ex-Miss-Schweiz-Kandidatin und Model, sondern auch eine der prominentesten Fashion-Bloggerinnen der internationalen Modeszene. Seit sieben Jahren betreibt sie mit riesigem Erfolg ihren Fashion-Blog Kayture, auf Instagram hat die 24-jährige Influencerin 2.2 Millionen Follower und gehört zu den reichsten Schweizern unter 40 Jahren.

Kristina hat sich in der Promi- und Luxus-Welt breitgemacht. Nun hat sie diese Karriere jedoch hinter sich gelassen und sich entschlossen, Musik zu machen. In den letzten zwei Jahren hat die junge Influencerin vier Songs veröffentlicht und Anfang Oktober soll ihre erste EP erscheinen. Schon wieder eine Influencerin, die uns mit ihren Träumen vom Pop-Olymp die Ohren zum Bluten bringt? Doch das Vorurteil können wir recht schnell zurückziehen – hinter dem neuen Projekt der Genferin verbirgt sich mehr.

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Noisey: Du bist nicht die einzige Influencerin, die angefangen hat, Musik zu machen. Wieso machen das gerade so viele?
Kristina Bazan: Ich denke, es gibt immer mehr Leute, die ihren Einfluss und ihre Follower auf Social Media dazu nutzen wollen, auf etwas umsteigen zu können, was sie glücklich macht. Etwas, wofür sie eine Leidenschaft haben. Das Bloggen ist eigentlich mehr wie das Tagebuchschreiben – man schreibt über seine Leidenschaften, nicht das Schreiben ist die Leidenschaft. Ich finde es cool, wenn Influencer wie Patricia Manfield oder Caroline Vreeland eine musikalische Karriere ansteuern.

Wieso bist auch du jetzt plötzlich Musikerin geworden?
Na ja, eigentlich greife ich bloss wieder auf, was ich schon immer machen wollte. Bisher habe ich jedoch nur für mich selbst musiziert. Ich dachte immer, ich sei nicht gut genug und nicht besonders talentiert. Der Erfolg, den ich mit dem Bloggen hatte, kam für mich völlig unerwartet. Das hat mein Selbstbewusstsein schon ein wenig gestärkt. Zwei Jahre nach dem Kick-Off meines Blogs, als ich 19 Jahre alt wurde, entschloss ich, alles auf die Karte Musik zu setzen. Ich wollte nie bloss Influencerin oder Fashion-Bloggerin sein. Ich wollte mir um jeden Preis einen Platz in der Musikbranche sichern.

Hat dir dein Influencer-Fame dabei geholfen?
Er half mir, an mich zu glauben. Bloggen ist eine coole Art, sich selbst eine visuelle Identität zu geben. Die Erfahrung, einen Blog zu führen und so mit einem Publikum zu interagieren, half mir herauszufinden, was für eine Künstlerin ich sein wollte und welche Musik ich machen wollte.

Die Leute denken vielleicht, du nutzt deine Follower aus, um eine berühmte Musikerin zu werden.
Ich wusste schon immer, dass die Leute so über mich denken würden. Deswegen habe ich all meine alten Instagram-Posts gelöscht. Mit dem Release meines Songs “Clockwork” wollte ich ein Statement setzen. Ich wollte sagen, dass ich bereit bin, neu anzufangen.

Das war bestimmt nicht einfach.
Nein, es war eine sehr schwere Entscheidung für mich. Instagram ist schon so lange die Quelle meines Geschäfts. Den Account pflege ich seit vielen Jahren sehr intensiv. Einige meiner Follower reagierten ganz gut auf meine Entscheidung. Viele davon wussten schon länger, dass ich irgendwann Musik machen wollte. Diese haben mich unterstützt. Doch ein grosser Teil meines Publikums konnte diesen Wechsel nicht verstehen. Ihnen war mein Musikstil wohl ein bisschen zu wenig kommerziell. Aber du kannst nicht alle glücklich machen, weisst du? Ich will authentisch sein und die Dinge tun, die ich mag und die Person sein, die ich sein will. Es ist aber wirklich nicht einfach.

Die Medien sind trotz dieses Statements noch immer sehr auf deine Influencer-Karriere fokussiert. Es wird wenig über deine Musik berichtet. Stört dich das?
Ich glaube, meine Musik wäre erfolgreicher, wenn ich zuvor nicht Bloggerin gewesen wäre. Dies hat mich lange mega frustriert. Ich dachte immer wieder: “Fuck, wieso mache ich überhaupt einen Blog? Jetzt wird mich niemand als Musikerin ernstnehmen.” Aber es ist OK. Heutzutage musst du als Künstlerin oder Künstler erst das Vertrauen deines Publikums gewinnen. Wenn ich es mir einfacher hätte machen wollen, hätte ich kommerzielle Musik gemacht. Ich will das aber nicht.

Wie reagieren denn deine Follower auf deine Musik?
Ich habe sehr viele Kommentare gelesen. Es gab viele, die mich sehr verletzten. Einige Leute sagten Dinge wie “Bleib doch einfach beim Alten” oder “Hör auf Musik zu machen und geh zurück zur Mode.” Sie sagten mir eigentlich, ich solle aufhören zu machen, was ich liebe. Andere sagten auch Dinge wie “Kannst du nicht einfach normal sein?”. Klar, “Clockwork” hat schon einen dunklen, merkwürdigen Vibe. Viele fanden das Lied seltsam.

Und wie willst du die Leute dazu bringen, dich auch als Musikerin zu respektieren?
Als Künstlerin oder Künstler ist es heutzutage sehr schwer, relevant zu sein. Es ist ein schwerer Kampf für alle, die originell und innovativ sein möchten. Viele meiner Freunde in der Musikbranche finden, es sei für mich durchaus ein Vorteil, so viele Erfahrungen auf Social Media zu haben. Doch in den drei Jahren meiner musikalischen Ausbildung in Los Angeles traf ich ausschliesslich auf Produzenten, die mich in Taylor Swift verwandeln wollten. Ich sollte Covers von Happy-Songs machen. Manche liessen mich nicht mal meine eigenen Songs schreiben. Scheiss auf das! Das ist nicht der Grund, weshalb ich das mache! Jetzt will ich was anderes zeigen.

Was ist das?
Ich habe einen Einfluss. Es folgen mir so viele Menschen. Ich will diesen Einfluss auf eine clevere Weise nutzen. Ich will den Leuten sagen, dass egal wo sie herkommen, wenn sie einen Traum haben, müssen sie ihm folgen. Denn wo ist der Sinn des Lebens, wenn du das nicht tust? Also nein, ich will nicht am Strand sein und in meinen neuen Kleidchen posieren und damit täglich 100.000 Follower generieren. Das ist es mir einfach nicht wert.

Was sind die Themen, die du in deiner Musik behandeln möchtest?
Ich versuche, die richtige Balance zu finden. Ich will meine Gefühle zum Ausdruck bringen und gleichzeitig Dinge thematisieren, die meine Generation repräsentieren. Das Thema meiner EP zum Beispiel ist Technologie.

Wieso Technologie?
Manchmal vergessen Leute, dass ich ein echter Mensch bin. Sie denken, ich sei dieses virtuelle Girl, welches das perfekte Leben lebt. Ich wollte also ein Album aus der Sicht eines virtuellen Mädchens schreiben. In “Clockwork” sieht man ganz viele Cyborg-Referenzen, wie zum Beispiel der Metall-Arm. Ein weiteres Problem mit Technologie ist, dass Im Internet alle sagen können, was sie wollen. Mit dieser Maske werden die Leute richtig gemein und auch gewalttätig. Sie vergessen, dass sie mit realen Menschen sprechen.

Auf deinem Blog erwähnst du auch Depressionen und Angst. Wie wirkt sich dein persönliches Leben auf deine Musik aus?
Ich denke, heutzutage sind wir alle manchmal angsterfüllt und depressiv. Meiner Meinung nach, ist das die Last unserer Generation. Wir werden unter zu viel Druck gesetzt. Von uns wird erwartet, dass wir perfekt sind und unsere Emotionen stets unter Kontrolle haben. Gleichzeitig haben wir so viele offene Türen, dass wir mit den Möglichkeiten überfordert sind. Es fällt mir leichter, in einem Blog-Artikel darüber zu schreiben, weil ich da mehr Platz habe. Ein Lied hat eine gesetzte Form. Für die Musik, die ich machen will, ist es schwer so ein Thema gänzlich einzubinden. Ich finde aber, dass in all meinen Songs eine gewisse Traurigkeit spürbar ist.

Weshalb bist du eigentlich nicht bei einem Major-Label?
Ich hatte zwar das Angebot eines grossen Labels, woran ich erst sehr interessiert war. Aber jetzt weiss ich, wie diese Firmen funktionieren. Jedes Label will Geld machen. Ich will aber klein anfangen und mich zuerst mal beweisen.

Wieso klein anfangen, wenn du schon gross anfangen könntest?
Ich will nicht, dass mein Publikum denkt, ich mache Musik bloss für Geld oder Fame. Das ist auch wirklich nicht der Fall. Hätte ich reicher oder berühmter werden wollen, hätte ich einfach weiterhin bloggen können. Stattdessen hab ich meine Instagram-Vergangenheit gelöscht und dieser Karriere den Rücken zugedreht. Glaub mir, es ist nicht mein Ziel, über Nacht ein Popstar zu werden. Berühmtheit würde mich nicht glücklich machen. Sie hat einen grossen Einfluss auf deine Lebensqualität und ändert dein Image. Fame ist eigentlich eine sehr negative Sache.

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Schaut euch den neuen Clip zu Kristinas Song “VR” hier an:


Influencerin Bibi hat’s auch mit der Musik versucht:


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