Die Gabber-Szene wäre nichts ohne wunderbare Freaks wie diese

Alle Fotos: Justin Cole Smith. Dieser Artikel ist zuerst bei THUMP US erschienen.

Letzten Monat bin ich in meinem Facebook-Feed auf einen Event namens “Gabberfest 2016: America’s Hardest” gestoßen. Die mittlerweile dritte Ausgabe der Veranstaltung sollte am 18. und 19. Juni über die Bühne gehen. Sie versprach, ein “höllisches Inferno unter der Sonne von Las Vegas” für “Fans von Klängen, die für jedes Mainstream-Festival zu extrem” seien.

Ein paar meiner Facebook-Freunde hatten ihre Teilnahme zwar angekündigt, aber mir sofort klar, dass sie nicht wirklich hingehen würden—der Flyer war ziemlich albern und das Event war weit weg in Vegas. Trotzdem war ich total neugierig, wie ein Gabber-Festival in Amerika im Jahr 2016 aussehen würde. Gabber ist ein in den Niederlanden entstandenes Subgenre des Hardcore-Technos, das von extrem verzerrten Bassdrums, Schleudertrauma verursachenden BPM-Zahlen und einer rücksichtslosen Aggression gekennzeichnet ist. Es war hauptsächlich vor zehn bis zwanzig Jahren in Europa beliebt und hat eine ganze Generation holländischer Kinder versaut.

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In meinem Kopf malte ich mir unterschiedlichste Szenarien aus. Am wahrscheinlichsten schien mir jedoch, dass das Festival einfach nur schlecht besucht sein würde—und zwar überwiegend von merkwürdigen, angepissten, weißen Glatzköpfen. Was ich vor Ort dann aber vorfinden sollte, war eine extrem leidenschaftliche und engverbundene Szene aus Gabber-Enthusiasten, Überbleibseln der alten amerikanischen Hardcore-Szene, die über die Jahre von massentauglicheren Elektrogenres geschluckt worden war.

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Diese liebenswerten Freaks trafen sich in einer Absteige namens Hard Hat Lounge im Norden des Strips. Viele von ihnen legten auch auf dem Festival auf. Ihre kompromisslose Hingabe für extrem harte, elektronische Musik ließ sie auch den sengenden Temperaturen von über 40 Grad auf dem Parkplatz trotzen.

Auch wenn das Gabberfest eigentlich eine Pre-Party für das riesige EDM-Festival Electric Daisy Carnival organisiert war, auf dem der Crossover-Hardcore-Act Lenny Dee und ein paar andere Hardstyle-DJs spielen sollten, habe ich beim Gabberfest nicht mit einer Person gesprochen, die auch zum EDC gehen wollte.

Insgesamt habe ich mich während meiner Unterhaltungen mit den Anwesenden sofort in ihrer Gemeinschaft willkommen gefühlt und gespürt, dass alle sehr optimistisch in die Zukunft ihrer Mikro-Szene blicken. Selbst die Satanisten waren total nett!

Deadly Buda

Noisey: Wie bist du zu Gabber gekommen?
Ich glaube das war direkt zu Beginn, als es damit losging … Ich habe 1991 meinen ersten Rave veranstaltet.

Wie fühlst du dich, wenn du Gabber hörst? Was ist das perfekte Setting dafür?
Diese massive und verzerrte Bassdrum stimuliert in dir diese Kampf-oder-Flucht-Reaktion, dadurch wird das Tanzen zum Nervenkitzel. Das mag ich am Gabber-Sound. Dazu brauchst du dann auch eine ordentliche Anlage, damit du richtig aufdrehen kannst.

Was denkst du über die amerikanische Gabber-Szene? Hast du das Gefühl, dass es eine vereinte Szene ist?
Es gibt diese ganzen großartigen Produzenten in Amerika, die quasi keine Aufmerksamkeit bekommen. Eine der tollen Sachen am Gabberfest ist, dass sich alle treffen können und anfangen, die Szene größer und besser zu machen. Du kannst hier vor Ort die Vereinigung der Szenen beobachten.

Machen Drogen die Gabber-Erfahrung besser oder schlechter?
Technisch gesehen, machen sie es schlechter: Sie erschweren das Tanzen. Ich persönlich finde, dass Drogen jede Musikszene ausbremsen. Aber in kleineren Szenen hat man auch mehr Leute, die aus Leidenschaft zur Musik da sind.

Was braucht es deiner Meinung nach, damit Gabber populärer wird? Würdest du das überhaupt wollen?
Ich würde sagen, du kannst hier gerade dabei zuschauen, wie es passiert.

Steven AKA Metal Jesus

Wie bist du zu Gabber gekommen? Was macht die Musik besonders?
Ich habe Freunde nach der härtesten und schnellsten Musik gefragt, die sie kennen, und die haben mir dann Berzerker genannt. Von da bin ich auf Begriffe wie Speedcore und Terrorcore gekommen, also habe ich angefangen, mir diese Sachen anzuschauen, und bin so in der Szene gelandet. Meine erste Party war der erste US-Auftritt von Angerfist in den USA beim Muder the Dancefloor 2007. Mittlerweile bin ich an dem Punkt angelangt, an dem ich alleine zu einer Party gehen kann und drei oder vier Leute dort kenne.

Du hast also das Gefühl, dass die Szene vereint ist?
Scheiße, ja.

Wie fühlst du dich, wenn du Gabber hörst?
Alter, ich könnte Gabber zum Aufwachen und zum Einschlafen hören.

Machen Drogen Gabber besser oder schlechter?
Ich tanze so hart und lang, dass es mich, wenn ich Drogen nehme, total umhaut. Für mich gibt es also nur Wasser und Koffein, außerdem stelle ich sicher, dass ich genug Proteine und Früchte am Tag zu mir nehme. Die Leute können machen, was sie wollen, aber soweit ich das mitbekommen habe, nehmen hier nicht viele Leute harte Drogen.

Wie ziehst du dich an, wenn du auf eine Gabber-Party gehst?
Ach, keine Ahnung. Ich trage einfach das, worin ich mich wohl fühle.

Brent AKA Counterterrorist

Wie bist du bei Gabber gelandet?
Ich habe vor ungefähr fünf Jahren Delta9 auf einer Silvesterparty gesehen, da bin ich das erste Mal mit Gabber in Berührung gekommen. Im Internet habe ich dann noch mehr gefunden. Es hat mir halt wirklich gefallen.

Was denkst du über die amerikanische Gabber-Szene? Findest du, dass die Szene vereint ist?
Es war mal richtig groß und ich glaube, dass es das wieder werden könnte, wenn wir zusammenarbeiten.

Machen Drogen Gabber besser oder schlechter?
Das ist eine interessante Frage. Ich würde sagen, es hängt von der Person ab. Es kann richtig gut oder richtig schlecht laufen. Alkohol ist bei Gabber eine große Sache. Wo ich herkomme, nehmen die Leute eine Menge LSD und hören dann Breakcore und so. Drogen können [die Musik] verstärken, sie können sie aber auch dämpfen.

Erzähl mir von deinem Stil. Ist das ein bestimmter Gabber-Look?
Mein Erscheinungsbild ist eine Art Mischung aus Punkrock, Raver und, äh, einer Menge Sachen wie Goth-Kram. Ich trage einen Haufen Totenschädel und so. Es ist nicht total abgefahren, aber auch nicht die Norm.

FlapJack

Wann bist du bei Gabber gelandet?
Als ich 14 oder 15 war. Ich bin Schauspieler und habe Theater gespielt und so. Als ich 14 war, habe ich innerhalb eines Monats einen Wachstumsschub von 1,50 m auf 1,80 m gemacht und war plötzlich ein grauenvoller Tänzer. Sie meinten dann zu mir: „Du musst das in Ordnung bringen.” Also habe ich Tanzunterricht genommen und die waren wirklich streng. Ein Freund meiner älteren Schwester meinte jedoch: „Du solltest zu einem Rave kommen und tanzen”, also bin ich mit. Ich habe dann angefangen, Jungle zu hören. Dann war ich bei so einer Rave-Geschichte in Disneyland, und da waren eine Menge kleiner Raver und Unmengen an Kandi, Pelzen, Caps und Visor Caps. Die haben mir dann einen Flyer für einen Rave und eine CD voller Happy-Hardcore-Kram in die Hand gedrückt.

Was denkst du über die amerikanische Gabber-Szene? Findest du, dass die Szene vereint ist?
Es wird langsam. Soweit ich weiß, war es in den 90ern und Anfang der 2000er ziemlich groß aber auch sehr zerstreut.

Machen Drogen Gabber besser oder schlechter?
Da kann ich nichts zu sagen. Ich habe noch nie in meinem Leben Alkohol oder Drogen konsumiert.

Erzähl mir von deiner Kleidung/von deinem Stil.
Ohhh. Ich trage riesige JNCO-Jeans. Ich habe für JNCO gearbeitet. Hast du die JNCO-Jeans-Memes im Internet gesehen? Mit „JNCO-Jeans kommen zurück” und ein paar Kids in riesigen JNCOs? Ich mag die 90er-Rave-Mode. Ich trage Raverhosen mit dem tiefsten Schritt überhaupt—es ist einfach toll. Ich mag Baggy-Klamotten wirklich, Kandi, Visor Caps, dicke Ketten.

Ist das ein spezieller Gabber-Look?
Nein, Gabber sind eher Trainingsanzüge.

Richard Riley (KORE) und Megan Hunter (HK) AKA Korehunter

Wie seid ihr bei Gabber gelandet?
HK:
Ich lege erst seit etwa sechs Jahren auf. Ich habe angefangen, UK Hardcore aufzulegen, und habe dann jemanden getroffen, der Gabber aufgelegt hat. Ich war so: „Das ist viel aggressiver und interessanter!” Ich habe mich also einfach in den Sound verliebt.
Kore: Ich bin im Süden Kaliforniens mit Punkrock und Metal aufgewachsen. 1994 hat mir mein Onkel ein deutsches Trance-Tape gegeben und ich war so: „Was ist das? Das klingt so neuartig. So anders.” Dann habe ich meinen Freund Keith getroffen, DJ Cetra, der damals Oldschool-Speedcore auflegte. Ich dachte nur: „Was zur Hölle ist das?” Ich war sofort hin und weg.

Was denkst du über die amerikanische Gabber-Szene? Findest du, dass die Szene vereint ist?
HK:
Oh ja. Sie ist natürlich kleiner als Mainstream-Szenen, aber ich finde, dass es mehr wie eine engverbundene Familie denn eine Szene ist, gerade weil sie so klein ist und wir diese Musik wirklich sehr lieben.
Kore: Damals in den 90ern war die Szene riesig. Insomniac, der mittlerweile das EDC veranstaltet, hat in Kalifornien fünf oder sechs Mal im Jahr Hardcore-Partys veranstaltet, zu denen 10.000 Leute gekommen sind. Gerade wächst die Szene wieder. Sie wird wahrscheinlich wieder so groß wie früher—vielleicht sogar größer.

Hast du das Gefühl, dass Frauen in der Szene angemessen vertreten sind?
HK:
Überhaupt nicht. Ich weiß nicht, wie oft ich auf der Bühne stand und darauf gewartet habe, dass ich dran bin, nur um von Leuten zu hören: „Was machst du hier oben?” Aber ich denke, dass das ein generelles Ding in der elektronischen Musik ist—nicht nur im Hardcore. Es ist schwer, weil Frauen sich eingeschüchtert fühlen. Das erste, womit einen die Menschen hier zu beleidigen versuchen, ist: „Du hast einen Ghostproducer.” Als Frau musst du dich zehnmal mehr anstrengen als deine Mitstreiter, damit dich jemand respektiert.

Machen Drogen Gabber besser oder schlecht?
HK:
Noch einmal: Weil wir kleiner sind und größtenteils aus älteren Leuten und nicht aus Teenagern bestehen, die gerade ihre ersten Experimente machen, läuft das bei uns insgesamt etwas beherrschter ab, selbst wenn Leute Drogen nehmen.
Kore: Ich sehe mehr Drogenkonsum auf Rockshows als auf Elektro-Shows. Ich trinke, aber man muss keine Drogen nehmen, um Gabber zu genießen.

Könnt ihr mir was zu eurem Kleidungsstil sagen?
HK:
Ich habe eigentlich immer das gemacht, worauf ich Lust hatte. Ich trage nicht so gerne dieses übertrieben feminine Zeug. Einfach das, was angenehm ist.

Brandon AKA The White Ape

Wie bist du bei Gabber gelandet?
Einige von uns sind damals einfach über Mixtapes gestolpert. Was mich aber wirklich fasziniert hat, war die Energie und die Power von Hardcore zu seiner Hochphase. Das war vor 20 Jahren.

Wie kommt es, dass es nicht mehr Frauen in der Szene gibt?
Wir haben ein paar starke weibliche DJs, aber wir könnten immer mehr Frauen vertragen.

Machen Drogen Gabber besser oder schlechter?
Drogen sind überall. Sie sind ein unvermeidbares Übel. in der Hardcore-Szene ist es aber nicht so ein großes Problem wie in anderen Szenen, würde ich sage.

Helbert AKA En3gy

Wie bist du bei Gabber gelandet?
Ich hatte einen Freund, der hat mir Mitte der 90er Tapes aus Großbritannien und Holland mitgebracht und meinte: „Das musst du dir anhören!”

Was denkst du über die amerikanische Gabber-Szene? Findest du, dass die Szene vereint ist?
Sie hatte ihre Höhen und Tiefen. Wenn wir zusammenhalten, wird es wieder wie früher werden.

Machen Drogen Gabber besser oder schlechter?
Sie machen keinen Unterschied. Ich bin die Hälfte der Zeit nüchtern—wenn ich nicht betrunken bin.

Kannst du mir was über deinen Klamottenstil sagen?
Ich bin im Ghetto großgeworden, also einfach nur urban. Ich bin ein entspannter Typ.

Gary und Donna

Wie seid ihr zu Gabber gekommen?
Gary:
Wenn man sich in der Hard-Dance-Szene bewegt und auf Hardstyle steht, dann ergibt sich das von selbst.
Donna: Künstler aus L.A. bringen es langsam nach Texas.

Machen Drogen Gabber besser oder schlecht?
Gary:
Drogen machen es ein wenig lustiger. Ich kann nüchtern sein oder auf irgendetwas.

Hast du das Gefühl, dass Frauen in der Gabber-Szene angemessen repräsentiert sind?
Donna:
Es muss mehr aktive Frauen in der Gabber-Szene geben. Frauen haben Angst, härter als die Jungs zu sein.

Erzählt mir was über euren Kleidungsstil.
Gary:
Ich trage einfach das, was ich mag. Ehrlich gesagt sind wir Satanisten und ich stehe auf alles, was irgendwie düster und böse ist.

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Dieser Artikel ist zuerst bei THUMP erschienen.

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