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Von Maulhelden und Ein-Mann-Kiezstreifen: Wo sind all die Bürgerwehren hin?

Irgendwer passt immer auf in Deutschland. Ob es der Nachbar ist, der vom Aussichtspunkt am Küchenfenster aus Falschparker aufschreibt, die Mieterin, die bei Ruhestörung die Polizei ruft oder der aufmerksame Mitbürger, der die Fremdentsorgung eines Müllsacks zur Anzeige bringt: Es mangelt in Deutschland traditionell nicht an selbsternannten Ordnungshütern und sozialer Kontrolle.

Doch spätestens nach den Ereignissen der Silvesternacht in Köln begannen plötzlich auch nichtstaatliche Privatinitiaven zur organisierten „Selbsthilfe” auf den Plan zu treten. Quer durchs Land sind besorgte oder empörte Bürger der Meinung, dass die je nach Lesart faule oder unfähige Polizei die Lage einfach nicht im Griff habe und folglich auch nicht in der Lage sei, für Sicherheit zu sorgen.

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Diese Bürgerwehren haben ganz unterschiedliche Ausprägungen und sind keineswegs eine homogene Gruppe mit einheitlichen Motiven; gemeinsam ist ihnen jedoch, dass Polizei und viele Bürger ihnen von Grund auf skeptisch gegenüberstehen. Das beruht auf Gegenseitigkeit; denn die Bürgerwehren sind immer auch ein Misstrauensvotum gegen das staatliche Gewaltmonopol. Ein Muster lässt sich jedoch erkennen: Zunächst formierten sie sich auf Facebook, kurze Zeit später tauchten die ersten Menschen auch tatsächlich auf der Straße auf, um ausgerüstet mit dem ein oder anderen Hund, etwas Tierabwehrspray oder diversen Stöcken viel medialen Wind zu verursachen. Ein paar Wochen danach stellt sich die Frage, was aus dem flammenden Aktionismus geworden ist und ob durch Deutschland nun wirklich Bürgerstreifen jeglicher Couleur patrouillieren.

In den vergangenen drei Wochen hat Motherboard dem Phänomen der Bürgerwehren und der Umsetzung ihrer zahlreichen „Projekte” bundesweit nachgespürt. Wir haben ihre Gründungsdramen auf Facebook mitverfolgt, über 30 Bürgerwehren bundesweit kontaktiert, die größten von ihnen auf einer Karten verortet und waren auch mit einer von ihnen unterwegs—was nicht einfach war, denn ihnen gemein ist ein enormes Misstrauen gegenüber Medien.

Von NPD-gesponsorten Pfefferspray-Verteilaktionen bis zur einsamen Ein-Mann-Streife: Das sind unsere Ergebnisse.

Auf der Couch ist es doch am schönsten

Und was wird sonst so an der digitalen Front ausgefochten? Auf unserer Karte haben wir die 20 Like-stärksten Facebook-Bürgerwehrgruppen abgebildet, die auch tatsächlich zu Präsenz auf der Straße aufrufen. Die Zahlen zeigen, dass Facebook-Aktionismus kein regionales Phänomen darstellt, sondern bundesweit verbreitet ist. (Es gibt natürlich auch im Norden und in Hessen Online-Bürgerwehren, aber sie sind kleiner und versprengter.) In manchen Fällen haben die Organisatoren der Seite länger gebraucht, um die Likes anzusammeln—andere, wie die personenstärkste, zuvor von Tofigh Hamid geführte Gruppe „Düsseldorf passt auf” (über 14.000 Fans) wuchsen innerhalb weniger Tage auf ihre Mitgliedergröße an.

Wir haben nach „Bürgerwehr”, „passt auf”, „Bürgerstreife”, „Kiezstreife”, nach dem Düsseldorfer Vorbild „Einer für alle, alle für einen” und „Bürgerbewegung” gesucht. Aufgenommen wurden nur Gruppen, die sich in ihrer Beschreibung explizit als aktiv Streife laufende Offline-Bürgerwehr verstehen oder „Menschen mobilisieren die für die Sicherheit unserer Frauen, Mütter, Schwestern, Freundinnen und anderen Frauen aktiv was unternehmen wollen” (Selbstbeschreibung vieler „…passt auf”-Gruppen wie in Stuttgart).

Dabei fällt auf, dass viele Gruppen existieren, die nach einem ähnlichen Muster aufgebaut zu sein scheinen—zum Teil sogar in den gleichen Schriftarten gesetzt sind und sich auch der Gruppenbeschreibung sehr ähneln, Beispiel: Hamburg/Frankfurt/Kassel passt auf.

Die erfolgreiche Organisation tatsächlicher Treffen, selbst zu Zwecken einer ersten Koordinierung, lässt jedoch oft zu wünschen übrig. In Teilen, wie zum Beispiel bei der Gruppe „Dortmund passt auf – Bürgerwehr Dortmund” wurde noch Ende Januar zu einer Versammlung aufgerufen. Andere, wie die „Bürgerwehr Berlin 1 /2016″ scheiterten schon an der Einigung über die passende Kneipe, worauf die Gruppe sich erst zerstritt und dann wieder gelöscht wurde.

Das erste Mitgliedertreffen fiel aus, also versuchte es der Organisator nochmal. Kurze zeit später wurde die Gruppe gelöscht. Bild: Screenshot Facebook

Genauso uneinig sind sich die Gruppen in ihrem Ziel: Manche fordern „Merkel muss weg”, andere wollen einfach nur „die Stadt sicherer machen”, andere „Damen schützen”. Und wieder andere gehen unverblümt mit ihrem Ziel der gezielten Aggression gegen Asylberwerber hausieren: „Etliche frauenverachtende und gewaltbereite Asylbewerber verstehen nur eine Sprache und in dieser Sprache sollten wir zu ihnen sprechen. Solche Vorfälle wie in Köln werden wir in Hannover niemals zulassen und daher sollten wir uns rechtzeitig organisieren und für die entsprechende Abschreckung sorgen”, heißt es bespielsweise aus Hannover.

Doch allzu oft bleibt es bei wilder Rhetorik, wie diese

Bild: Screenshot Facebook | Kiezstreife Berlin-Lichtenberg

„Leider geflüchtet”—die Kiezsteife Berlin-Lichtenberg postet trotz aller anfänglichen Kampfrhetorik nur noch kleinlaut Links zu Zeitungsmeldungen | Bild: Screenshot Facebook | Kiezstreife Berlin-Lichtenberg

Selbstkritik à la Bürgerwehr: „Ein Schandfleck im Bezug auf deutsche Kameradschaftlichkeit”. Bild: Screenshot Facebook | Bürgerwehr Berlin

Das kleine Einmaleins der wütenden Selbstorganisation, erzählt binnen weniger Tage am tragischen Beispiel der verschiedenen Berliner Bürgerwehren | Bild: Bürgerwehr Berlin-Reinickendorf

Immer wieder organisieren sich in diesen Gruppen auch Kriminelle, Hools und Rechte. Rund zehn Gruppierungen werden bereits vom NRW-Innenministerium beobachtet; zuletzt wurde die Bielefelder Bürgerwehr von der Polizei entwaffnet—sie hatte sich in einem „Einsatz” mit Böllern und Quartzsandhandschuhen gezeigt.

Berlin: NPD-gesponsorte „Kiezstreifen” mit Flugblättern und Gratis-Reizgas

Im nordöstlichen Berliner Bezirk Pankow hat sich die zuvor fast abgeschriebene Partei ganz offen der Instrumentalisierung des Themas Bürgerwehr angenommen: Der Ortsverband der rechtsextremen NPD. Da der dortige Vorsitzende bereits seinen zweiten Job in Folge als Supermarktkassierer durch seine offen zu Schau getragene politische Ausrichtung verloren hat, blieb im vergangenen Jahr offenbar umso mehr Zeit, sich mit einem festen Agitiations-Standbein im Bezirk zu etablieren.

Schon im September 2013 rief der Berliner NPD-Vorsitzende Sebastian Schmidtke dazu auf, eine Bürgerwehr gegen das Flüchtlingsheim in Hellersdorf zu gründen. Ganz offen gibt die NPD Pankow mittlerweile an, nicht nur eine Bürgerwehrgruppe „zu unterstützen”, sondern auch eigene Patrouillen „für Sicherheit und Ordnung” durchzuführen. Im Herbst 2015 tat sich der Ortsverband in unregelmäßigen Abständen mit antziganistischen Aktionen hervor, indem sie um ein von Roma bewohntes Haus im Ortsteil Blankenburg herumschlich. Bei diesen „Kiezstreife” genannten Touren wird dann schon auch mal ein Pfarrer belästigt, der einem Roma-Anwohner gestattete, Wasser von einer Kirchenpumpe zu zapfen, wie ein Facebook-Post stolz dokumentiert.

Kurz nach Neujahr 2015 zogen die NPD-Aktivisten dann mit einem ganz besonderen Bonbon im Gepäck um die Häuser: Sie verteilten Pfefferspray sowie NPD-Flugblätter an (deutsche) Anwohner in Blankenburg. „Für uns selbstverständlich, dass wir neben unserer Kiezstreife auch noch die Bürger unterstützen, die einsehen, dass das Gewaltmonopol der Polizei nicht ausreicht um sich selbst und die eigene Familie zu schützen. Wir werden auch in Zukunft gerne für alle Bürger Ansprechpartner sein, die tatkräftige oder materielle Unterstützung beim Selbstschutz brauchen”, frohlockt die NPD auf ihrer Facebook-Seite.

Bild | Facebook | NPD Berlin-Pankow KV8

Ein Kommentar zur Kiezstreife in NPD-Regenjacke | Bild: Facebook | NPD Berlin-Pankow KV8

Gern hätten wir auch mit den NPD-Anhängern persönlich über ihre neu entdeckte Liebe zu selbstorganisierten „Sicherheitsmaßnahmen” geredet. E-Mails liefen jedoch wegen überfülltem Postfach zurück, eine Telefonnummer gibt es nicht und für einen Dialog auf der jüngsten NPD-Demo durch Berlin-Prenzlauer Berg am 4.2. standen die mitlaufenden Mitglieder des Ortsverbandes Pankow-Buch auch nicht zur Verfügung.

Auch in anderen Teilen des Landes wurden manche Bürgerwehren bereits von der NPD unterwandert. Dabei ist die Instrumentalisierung der Bürgerangst durch rechtsextreme Kräfte eindeutig kein reines Ost-Phänomen, wie gern behauptet wird: In Wattenscheid, wo sich die neu formierte „Bürgerwehr Bochum-Wattenscheid” unter dem Vorsitz von NPD-Ratsherr Claus Cremer („wir haben die Bürgerwehr nur unterstützt, nicht initiiert”, schrieb er in einer Pressemitteilung der NPD) direkt am Ehrenmal verabredet und von dort aus bereits zweimal „Begehungen” durchgeführt hat, ist das für Lokalpolitiker wie SPD-Ladtagsabgeordnete Serda Yüksel offensichtlich: „Die NPD umgibt sich mit einem neuen Mantel, um Aktivisten zu gewinnen. Das hat nichts mit bürgerlichem Engagement zu tun. Dahinter stehen mehrheitlich bekennende Rechtsradikale.”

In Mecklenburg-Vorpommern hat der wegen 20-fachen Waschmaschinendiebstahls bereits vorbestrafte Nils Matischent, Organisator der laut Lokalpresse vorwiegend aus Rechtsextremen bestehenden „Bürgerwehr Güstrow” und ebenfalls NPD-Kommunalpolitiker, nach einer Hausdurchsuchung eine Anzeige wegen Verstoß gegen das Waffengesetz am Hals: In seiner Wohnung fand die Polizei „eine größere Anzahl” umgebaute Elektroschocker und Teleskopschläger.

Stralsund: Einmann-Bürgerwehr gegen Rutschgefahr

Ein ganz anderer Typus Wehrhafter findet sich im Norden. In Stralsund kämpft der einsame Jensmike Kartheus ohne jegliche Unterstützung für Sicherheit auf den Straßen—ein unermüdlicher ein Mann der Tat.

Bereits seit 2014 ist er jeden Abend unterwegs—unbewaffent und unpolitisch, wie er sagt, läuft er im Namen der Zivilcourage um den Block—etwas, das er sich auch von seinen Mitbürgern wünschen würde. Das einzige Problem: Keiner mag mitmachen, auf seiner Facebook-Seite „Menschen Hilfe Stralsund” ist dieser Kampf für mehr Aufmerksamkeit detailliert dokumentiert. So zieht er eben allein seine Runden und informiert Stralsund beispielsweise fürsorglich über Glättegefahr („Vorsicht und ordentliche Schuhe mit Profil anziehen”).

Bild: Menschen Hilfe Stralsund/Facebook

In Kassel geht die Bürgerwehr-Gruppe einen anderen Weg als nur „Streife” zu laufen: Dort gibt es mittlerweile—als handfestes Ergebnis eines Treffens und erste Aktion der Bürgerwehr—einen „Begleitservice”, der über eine WhatsApp-Gruppe koordiniert werden soll. „Schutzbedürftige” sollen in der Gruppe ihren Heimweg posten und fragen, „ob jemand von PASST AUF in der Nähe ist und Euch zB um 22:30 Uhr vom Bahnhof, ein paar Strasse weiter zum Ziel begleiten kann”. Ob dieser Service tatsächlich angeboten werden kann, ist noch unklar.

Klar ist trotz aller Heterogenität der Gruppen: Die Angst vor dem übermächtigen Fremden fördert als Teilreaktion eine gewisse Bereitschaft zur kollektiven Gegenwehr—ganz unabhängig von der tatsächlichen Gefahrenlage.

Betrachtet man die geteilten und diskutierten Inhalte der Posts, scheinen eine Vielzahl an Tatsachen hier vermischt zu werden: Kriminalität, niedrige Aufklärungsraten bei Einbrüchen, der Zuzug von einer Million Flüchtlingen in einem Jahr nach Deutschland, dazu Angst vor Terroranschlägen. All das nutzen rechte Parteien aus und erhalten Aufwind.

Im Westen nichts Neues

Die Bürgerwehren sind für die Polizei offenbar ein altbekanntes Problem, dass immer dann Aufwind bekommt, wenn es „angeblich Übergriffe von Tätern mit Migrationshintergrund” gibt, schreibt das Bundeskriminalamt an Motherboard. Gerade im Zusammenhang mit den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht rund um den Kölner Hauptbahnhof kam es zu einer Reihe von Neugründungen von Bürgerwehren.

Das Image von Köln ist in puncto Sicherheit angeknackst. Touristen stornierten aus Angst ihre Reisen, die Fäuste waren jedoch für andere bestimmt. Kurz nach Silvester verabredeten sich Leute aus der Kölner Rocker- und Türsteherszene in der Kölner Innenstadt „um Ausländer zu hauen”. Auf Facebook findet sich eine Seite mit dem Titel „Bürgerwehr Köln” mit mehr als 5.300 Likes. Die Organisatoren haben schon mal passende Schutzwesten für ihr Personal entworfen. Gesucht werden: „Ehrenamtliche Kampfsportler, Bodybuilder, Türsteher” und jeder, der sonst noch mitmachen will, wie es in einem Post zu lesen ist.

Die neue Winterkollektion aus Köln. Bild: Facebook/Bürgerwehr Köln

Nach einer ersten Zusage für ein Interview, kam leider keine Reaktion mehr von der “Bürgerwehr Köln”, die sich nach eigenen Angaben noch immer trifft.

Düsseldorf: Polizei muss auf Bürgerwehr aufpassen

Einen peinlichen Auftritt legte die Bürgerwehr in Düsseldorf hin. Statt für mehr Sicherheit in der Landeshauptstadt zu sorgen, mussten die Beamten die Bürgerwehr vor Übergriffen schützen. Die Facebook-Seite hatte zwischenzeitlich 14.000 Like, bei dem „Rundgang” waren dann aber nur etwa 50 Personen dabei. Es sollen auch Sympathisanten von Pegida und ein Hooligan dabei gewesen sein. Für die Hilfssheriffs hagelte es heftige Kritik, vor allem von der Polizei. „Sie betrachten sich als Lösung, dabei sind sie Teil des Problems”, äußerte sich auch der Rechtsextremismus-Experte Alexander Häusler zur neuen Dynamik in den Bürgerwehren. Kurz nach der ersten Patrouille entschied Tofigh Hamid, der Macher hinter „Düsseldorf passt auf”, aus der Bürgerwehr einen gemeinnützigen Verein zu machen. Mit der ursprünglichen Bürgerwehr soll das nichts mehr zu tun haben, auch wenn die Truppe nach wie vor mit zwei flauschigen Hunden durch die Innenstadt zieht, wie Facebook-Fotos beweisen.

Im Fokus der Behörden

In Essen wiederum soll der Rosenmontag der große Tag sein: Die allererste Patrouille von “Wir in Essen”; so ist es zumindest im Internet angekündigt. Die Polizei in Essen betrachtet die Bewegung mit großer Skepsis. Gegenüber Motherboard erklärt Sprecher Ueberbach vom Polizeipräsidium Essen-Mülheim, dass wer bei einer Bürgerwehr mitmacht, schnell selbst zum Täter werden kann: „Das Gewaltmonopol liegt beim Staat, eine Bürgerwehr darf keine Platzverweise aussprechen oder Personalien von Mitbürgern notieren. Außerdem, treffen diese Menschen tatsächlich auf einen bewaffneten Straftäter, kann sich eine Eigendynamik entwickeln, der unausgebildete Menschen nicht gewachsen sind. Sie begeben sich so womöglich selbst in Gefahr.” Aber schon als Betreiber einer Facebook-Seite kann sich eine Bürgerwehr strafbar machen, wenn sie zu Straftaten aufrufen oder Hetze gegen Mitbürger verbreiten.

Konkret in den Fokus der Behörden geriet der Betreiber einer Bürgerwehr-Facebookseite offenbar in Hameln: Jetzt will er seine Seite nur noch so schnell wie möglich abgeben. Laut der Polizei in Hameln ist diese Gruppierung bislang nur in sozialen Netzwerken vertreten und noch nicht auf der Straße aktiv gewesen.

Voraussetzungen: Engagiert und besorgt muss der Bürger sein. Bild: Facebook/Bürgerwehr Hameln

Insgesamt sind die Bürgerwehren laut dem Bundeskriminalamt eher als lokales Phänomen anzusehen. „Derzeit ist nicht erkennbar, dass es hier zu einer überregionalen Bedeutung bis hin zu einer strukturellen Zusammenarbeit zwischen Bürgerwehren kommt,” schreibt uns das BKA.

Fazit: Rohrkrepierer Bürgerwehr

Im Moment sind es vielleicht deutschlandweit 60 bis 100 Leute, die jenseits der virtuellen Spielwiese etwas auf die Beine stellen. 100 von 81 Millionen: Die gesellschaftliche Relevanz bleibt fragwürdig, insbesondere wenn diese 60 bis 100 aller Voraussicht nach unter sich bleiben und außer gemeinsamen Spaziergängen in bunten Signalwesten wenig ausrichten werden.

Möglicherweise ist die „neue Unsicherheit” auf Deutschlands Straßen nicht nur kein statistischer Tatbestand, womöglich nicht einmal eine besonders starke subjektive Empfindung, sondern ein medial aufgeputschter Trend. Es würde zumindest erklären, warum die Bürgerwehren zwar Zuspruch auf Facebook erhalten, aber kaum jemanden im realen Leben mobilisieren können.

Und die Tausenden Likes auf Facebook? Nun, ein Facebook-Like ist kein besonders zuverlässiger Indikator dafür, dass etwas passieren wird. Doch daraus entsteht nicht automatisch etwas gesellschaftlich Bedeutsames. Menschen finden allerlei Skurriles „gut”, der einzige Unterschied ist, dass sie jetzt über einen Like-Button anderen auch mitteilen können.