Es gibt genau zwei Arten von Langzeitbeziehungen. Nummer eins: Ihr seid auch beste Freunde und bringt euch gegenseitig zum Orgasmus, ohne dass es dabei komisch wird. Nummer zwei: Ihr wisst beide, dass ihr euch eigentlich nur dabei zuseht, wie ihr dem Tod immer näher kommt—die Witze sind nicht mehr lustig, der übermäßige Alkoholkonsum bereitet nun eher Sorgen und der Gegenüber ist überraschenderweise doch ein ziemliches Arschloch. Ihr seid dann das Pärchen, das sich im Italienurlaub beim Frühstück anschweigt und damit beim gemeinsamen Kind irgendwann ernsthafte Bindungsängste auslöst.
Die gute Nachricht lautet jedoch, dass 42 Prozent alle Ehen in der Scheidung enden. Daraus kann man schlussfolgern, dass vielen Pärchen—ich werfe hier Ehe- und Langzeitbeziehungspartner einfach mal in einen Topf—ein Neustart ermöglicht wird. Und dieser Umstand macht einen doch ganz froh, denn obwohl eine Langzeitbeziehung (LZB) manchmal eine richtige Herausforderung darstellt (ich meine, wie oft kann man einem Menschen schon dabei zusehen, wie er aufgrund des unterdurchschnittlichen Service des Pizzalieferanten richtig ausrastet, ohne ihn aufzufordern, sich verdammt noch mal zu entspannen), kann sie einem auch viel zurückgeben.
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Wie stellt man jedoch sicher, dass der zweite Fall auch wirklich eintritt? Und wenn Langzeitbeziehungen doch durch Jahre voller verschiedener einzigartiger Interaktionen zwischen dir und deinem Partner bzw. deiner Partnerin geprägt werden, wie kann es da überhaupt einen alles abdeckenden Guide für ein solch persönliches Verhältnis geben?
Genau das wirst du nun herausfinden.
Auseinandersetzungen
Eigentlich sind die meisten Auseinandersetzungen und Diskussionen im Grunde total sinnlos und können ganz einfach beigelegt werden. Sofern dein Gegenüber nicht gerade einen auf Judas gemacht und dich fies hintergangen hat—oder jetzt plötzlich total darauf steht, kleine Kätzchen zu ertränken—, dann löst sich der Großteil aller Streitereien in Luft auf, wenn man nur ganz kurz innehält und sich fragt, ob man sich gerade wie ein Riesenarschloch verhält. Und glaub mir, die Antwort auf diese Frage wir mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit Ja lauten.
Ein Problem des Erwachsenseins sieht nämlich folgendermaßen aus: Wenn du falsch liegst und deswegen angeprangert wirst, dann gehst du natürlich sofort zum Gegenangriff über, denn dieses Szenario erinnert dich doch stark an deine eigene Kindheit. Und du bist doch kein Kind mehr, oder? Nein, du bist jetzt schon groß! Du besitzt eine Kreditkarte und könntest, wenn du willst, 17 Drinks bestellen, 17 Zigaretten rauchen und 17 Feuerwerkskörper anzünden—und das alles auf einmal. Bei diesem ganzen Stolz sollte man jedoch niemals den gesunden Menschenverstand ignorieren: Wenn dir bewusst wird, dass du dich gerade wie ein Vollidiot verhältst, dann entschuldige dich einfach und die Sache ist erledigt. Schluss mit zuknallenden Türen. Schluss mit Tränen. Und Schluss mit vorgespielter Wut, wenn man eigentlich nur wieder zur Normalität zurückkehren will—denn es ist eigentlich richtig langweilig, ständig nur im Clinch zu liegen.
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Der “Funke”
Der “Funke” ist ein doch ziemlich undurchsichtiges Konzept. Was genau ist damit eigentlich gemeint? Ist das Ganze etwa nur eine Erfindung von Dating-Services? Wenn ihr das Gefühl habt, dass der “Funke” nicht mehr da ist, dann liegt das mit großer Wahrscheinlichkeit nur daran, dass ihr in eine neue Phase eurer Beziehung übergeht—man kann eben nicht ewig auf Partys kurz verschwinden, um in einem Wandschrank schmutzige Sachen zu machen, oder den ganzen Tag lang romantische Nachrichten hin- und herschicken oder sich bei jedem Treffen mit teuren Cocktails betrinken. Irgendwann werden die Hangover deine kognitive Funktionsweise ernsthaft beeinträchtigen. Darunter leidet dann auch deine Arbeit und dein Chef wird sich bei einem persönlichen Gespräch durch deinen Chat-Verlauf scrollen und dabei Hunderte Male den Satz “Eigentlich will ich heute Abend nur kuscheln und bumsen” vorfinden. Und das ist für alle Beteiligten wahrlich kein schöner Moment.
Zu einer Langzeitbeziehung gehört nun mal auch dazu, dass man irgendwann voneinander abhängig ist. Neben der Freude, die dich beim Anblick deines Partners oder deiner Partnerin erfüllt, gibt es dann auch noch die schleichende Angst und Sorge, dass diese Person eines Tages vielleicht nicht mehr da sein wird. Der Funke hat sich quasi in ein knisterndes Lagerfeuer verwandelt. Und das ist nichts Schlimmes—du musst deswegen also nicht ausflippen. Bleib einfach ruhig, denn du hast erfolgreich eine wohl viel bedeutungsvollere Phase deiner Beziehung erreicht.
Wenn dir Unvertrautheit und der Reiz des Neuen allerdings so wichtig sind, dass du eine destruktive Obsession mit dem Erhalt des “Funken” entwickelt hast, dann solltest du dir jetzt sofort Clearasil und einen Nietengürtel besorgen, denn du bist definitiv noch nicht erwachsen.
Zweifel
Jeder kennt es: Ab und an überkommt einen eine erschreckend tiefgreifende Selbstreflexion, während der man alles an seinem Leben in Frage stellt—unter anderem auch den Sinn der Beziehung. Das ist ganz normal. Ich meine, wenn du dich selbst nicht immer magst, wie kann man dann von dir erwarten, einen Menschen ständig zu mögen, der auch noch nach vier Jahren Beziehung regelmäßig unter der Bettdecke pupst und dich dann an seinen Darmwinden teilhaben lässt?
Ich kann es nur noch mal wiederholen: Mach dich deswegen nicht verrückt! Warte einfach, bis das Ganze wieder vorbei ist und du wieder rational darüber nachdenken kannst, was du wirklich willst. Und mach in der Zwischenzeit keine Dummheiten!
Versuchung
Ah, du bist also fünf Jahre alt und kannst dem Schokoriegel auf der Küchenzeile nicht widerstehen? Reiß dich mal am Riemen! Die Kirschen in Nachbars Garten schmecken immer ein bisschen süßer und ein alkoholgeschwängerter Schlabberkuss ist es im Anbetracht des darauffolgenden Schuldgefühls, das dich wochen-, monate- oder gar jahrelang überkommt, einfach nicht wert.
Singles
Die Sache mit Singles ist folgende: Manchmal verspürt man beim Anblick dieser Menschen einfach ein gewisses Sehnsuchts- und Neidgefühl. Machen sie denn nicht auch einen total glücklichen Eindruck mit ihrem Single-Dasein? Haben sie nicht viel weniger Verpflichtungen als du? Sie können ja einfach so sechs Stunden länger bei der Party bleiben und Koks ziehen. Sie können mal spontan mit den Kumpels nach Amsterdam fahren. Sie können jederzeit ganz unbeschwert Tinder öffnen und zwanglosen Sex haben. Sie können ein ganzes Wochenende lang auf der Couch verschimmeln und sich dabei 100 Folgen Game of Thrones reinziehen und kleine Blunts bauen. Niemand zwingt sie zum Einkaufen, Duschen oder Brunchen.
Singles sind jedoch auch größtenteils total unglückliche und innerlich kaputte Menschen. Deshalb beschweren sie sich ja auch ständig darüber, Single zu sein. Hier nun eine allgemein anerkannte Wahrheit: Jeder Mensch macht mal einen glücklichen Eindruck, ist es in Wahrheit aber gar nicht. Und genau deswegen hassen wir grundsätzlich alle unser Leben. Wenn man jedoch einen besonderen Menschen findet, mit dem man das Leben gemeinsam hassen kann, dann macht dieser Umstand unsere ganze miserable Existenz doch etwas erträglicher. Behalte das immer im Hinterkopf.
Ihre Freunde
Mit neuen Beziehungspartnern kommen auch die Freunde der besagten Beziehungspartner—so lautet die Regel. Und diese Freunde machen immer eine ganz große Sache daraus, gemeinsam in fortzugehen und sich dabei in der Gruppe kennenzulernen. Dabei stellen sie dich dann “auf die Probe” und prüfen, ob du gut genug für sie bist. Leider sind diese Freunde sehr häufig richtige Idioten und Arschlöcher—und sie schaffen es, dich alles anzweifeln zu lassen, was du bisher über deinen Beziehungspartner gedacht hast.
Aber ist es nicht auch so, dass jeder Mensch irgendwelche komischen Freunde hat? Es gibt immer irgendein hochnäsiges Mädel mit exotischem Namen, das zwar jeder hasst, das aber halt auch um die Ecke wohnt. Und natürlich existiert da auch noch dieser eine Kumpel aus dem Studentenwohnheim, der immer noch davon schwärmt, wie schön es damals im Studentenwohnheim war. Genau deswegen musst du dich einfach mit den Freunden deiner besseren Hälfte abgeben—selbst dann, wenn diese Freunde eine Ansammlung von richtigen Volldeppen sind. Hey, niemand ist perfekt und noch weniger Leute haben einen guten Geschmack.
Dabei ist es jedoch auch wichtig, den Gegenüber nicht zum Integrieren zu zwingen—es sei denn, ihr wollt das beide. Man muss seinen neuen Partner bzw. seine neue Partnerin in der Bar nicht wie eine OP-Narbe stolz herumzeigen. Lass sie einfach so weit gehen, wie sie es für richtig halten. Ich meine, ist ihre Eigenständigkeit nicht auch das, was sie für dich erst so attraktiv gemacht hat?
Ihre Familie
Sobald die emotionale Achterbahnfahrt der Pubertät vorbei ist, haben die meisten Menschen ein gutes Verhältnis zu mindestens einem Elternteil. Deshalb ist es für diese Menschen dann auch so eine große Sache, wenn der Beziehungspartner die Eltern zum ersten Mal trifft.
Vielleicht hast du es dann mit einem stillen und strengen Vater zu tun, der dich nur nach deiner Körperhaltung und deinem Bierkonsum beurteilt. Unter Umständen triffst du aber auch auf eine verrückte Mutter, die anfangs einen netten Eindruck macht, aber dann sofort losheult, wenn du dich aus Versehen auf ein verbotenes Sofa setzt oder so. Das Verhältnis zwischen dir und den Eltern deines Beziehungspartners ist oftmals ziemlich komisch: nervenaufreibend, risikoreich und geprägt von einer zwanghaften Suche nach sympathischen Charakterzügen des jeweils Anderen. Natürlich darf man auch nicht den Smalltalk vergessen, der zur Überbrückung von ansonsten unangenehm stillen gemeinsamen Essen dient.
Im Allgemeinen solltest du dir bezüglich des Kennenlernens der Eltern jedoch nicht allzu viele Sorgen machen, denn sie sind eigentlich auch nicht anders als die alten Menschen, die man beim Einkaufen oder am Bahnhof sieht. Hier ein wertvoller Tipp: Sei nicht schüchtern und mach ruhig auch mal ein paar anzüglichere Kommentare, um das Eis zu brechen—denn das Letzte, was man sich als Elternteil für sein Kind wünscht, ist eine 20 Jahre andauernde Beziehung mit einem gesichtslosen Langweiler.
Sex
Sofern ihr nicht zu den befangenen Pärchen gehört, die nur regelmäßig unbefriedigenden Sex haben, um irgendein Pensum zu erfüllen, dann werdet ihr immer weniger miteinander schlafen, je länger die LZB andauert. Diese Tatsache lässt sich nicht vermeiden, ist aber eigentlich auch gar kein Problem, wenn der Sex dann immer noch gut ist, Abwechslung ein beständiger Faktor bleibt und alle Involvierten weiterhin zum Höhepunkt kommen.
Falls die Bettaktivitäten jedoch trotzdem in irgendeiner Art und Weise stagnieren sollten, dann sprecht darüber! Ein “Ich will auch mal irgendwelchen verrückten Scheiß ausprobieren”, ein “Kannst du mir nicht mal deinen Daumen ein bisschen ins Arschloch stecken” oder ein “Wäre es nicht schön, auch mal die Füße mit ins Spiel zu bringen” können wahre Wunder bewirken. Und wenn der Zeitpunkt kommt, an dem der Sex etwas an Reiz verliert, dann seid ihr mit großer Wahrscheinlichkeit schon so lange zusammen, dass es kein Problem mehr darstellen sollte, ganz offen und ehrlich über seine Wünsche und Vorlieben zu sprechen.
Zusammenziehen
Über diesen Faktor wird im Allgemeinen viel zu viel nachgedacht. Habt ihr die vergangenen zwei Jahre nicht sowieso schon quasi jede Nacht beim jeweils Anderen geschlafen und dabei trotzdem noch die Miete für die eigene Wohnung bezahlt? Fühlt es sich nicht gut an, Samstagmorgens aufzuwachen und sich die Kosten einer Deliveroo-Lieferung zu teilen, damit es nicht so irrsinnig anmutet, 25 Euro für zwei Säfte und eine Frühstückspizza auszugeben? Und ist es nicht total stumpfsinnig, sich gegenseitig stündliche Updates darüber zuzuschicken, was man gerade im Fernsehen schaut?
Falls ihr diese Fragen mit ja beantworten könnt, dann bleibt quasi nur eins zu tun: Zieht zusammen!
Klar, ihr habt dann vielleicht etwas weniger Platz und müsst ein paar kleinere Startschwierigkeiten überstehen, aber wenn der Zeitpunkt passt, dann kneift die Arschbacken zusammen und zieht es durch—denn wenn man vorhat, eine langfristige Beziehung zu führen, dann gehört das Zusammenziehen einfach dazu.
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Die unsichtbare Lebenslauf
Uns wird schon von klein auf eingebläut, dass es zwar total OK ist, nach seinen eigenen Vorstellungen zu leben, man aber dennoch ein Vollidiot ist, wenn man das dann auch so macht—denn es gibt da ein paar magische Dinge, die zum richtigen Zeitpunkt erledigt werden müssen, um seine Chance auf das ultimative Glück nicht zu vergeigen. Zu verdanken haben wir das allen Dingen, mit denen wir uns schon sehr lange konfrontiert sehen—egal ob nun Komödien mit sexuell frustrierten Single-Protagonisten, die in der Liebe einfach kein Glück haben, passiv-aggressive Meinungsartikel, die uns über die “10 Gründe, warum man zwischen 20 und 30 Single sein sollte” aufklären und (falls du eine Gebärmutter besitzt) die ständige Erinnerung daran, dass Fruchtbarkeit und Zeit zwei umgekehrt proportionale Faktoren sind.
Und so schleicht sich ein unsichtbarer Lebenslauf in unser Unterbewusstsein: In den späten Teenager-Jahren hat man eine ernsthafte Beziehung, in der man mit dem Thema Sex vertraut wird, Anfang 20 fickt man dann alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, und zwischen 26 und 28 lernt man schließlich die Liebe seines Lebens kennen, weil man ja auf den Hochzeitsfotos noch gut aussehen sowie sein eh schon mickriges Einkommen nicht auch noch für eine künstliche Befruchtung ausgeben will.
Je mehr Platz du diesem Lebenslauf in deinem Unterbewusstsein einräumst, desto öfters wirst du auch alles in Frage stellen. Am besten verfängst du dich erst gar nicht in diesem neurotischen Spinnennetz. Falls du Anfang 20 in einer glücklichen Beziehung bist, dann passt das schon. Etwas Rebellischeres als eine LZB in diesem Alter gibt es doch eigentlich gar nicht. Und wenn es letztendlich doch nicht für die Ewigkeit bestimmt sein sollte, dann kannst du auch mit 30, 40 oder 50 noch ordentlich rumvögeln.