Gans, Wurst, Wild, Braten, Hase, Fondue, Schinken, etc. pp. Die Tage von Weihnachten bis Silvester sind traditionell Fleischgelage und so ist es auch kein Wunder, dass sich viele, wenn sie am Neujahrstag träge und vollgestopft wie die kurz davor noch einverleibte Weihnachtsgans erwachen, vornehmen, einen Monat lang auf tierische Produkte zu verzichten. Weil es vielen Menschen so geht, ist daraus eine globale Kampagne entstanden, ihr Name: Veganuary.
Der gleichnamigen Wohltätigkeitsorganisation zufolge hatten im Januar 2018 mit 150.000 Menschen so viele wie noch nie an der Aktion teilgenommen. Als Beweggründe gaben sie die eigene Gesundheit, den Umweltschutz und das Tierwohl an. Und je deutlicher sich die negativen Auswirkungen des Fleischkonsums auf unsere Körper und unseren Planeten abzeichnen, desto weniger haben wir gegen derartige Aktionen einzuwenden – auch wenn sie nur einen Monat andauern mögen.
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Aber die Umstellung kann schwer sein. Deswegen haben wir ein paar professionelle vegane Köchinnen und Köche nach Tipps gefragt, wie du den ersten Umstieg auf eine rein pflanzliche Ernährung schmerzfrei bewältigst.
“Du darfst dich vor allem nicht zu sehr unter Druck setzen. Wenn der Umstieg auf eine vegane Ernährungsweise bei dir als große, lebenslange Veränderung angelegt ist, wird dir garantiert auch mal ein Ausrutscher passieren. Aber wenn dir ein Ausrutscher passiert, dann sei deswegen nicht zu streng mit dir. Dein Bestes zu versuchen, ist immer noch besser, als es gar nicht zu versuchen.
Während der Umstellung bekommst du wahrscheinlich öfter Heißhunger auf Fleisch. Deswegen würde ich empfehlen, sich ein paar gute vegane Alternativen zu suchen. Gerade bei veganer Wurst oder Leberwurst wirst du ein paar Varianten finden, die sich kaum von ihrer Fleischversion unterscheiden lassen.”
Grace Regan, Gründerin des Londoner veganen Curry-House SpiceBox
“Halte es simpel. Vergiss nicht, dass Gemüse sexy sein kann. Ein großartiges Süßkartoffelcurry oder ein umwerfender veganer Burger sind lecker, wie sie sind. Vergleich sie nicht mit Fleisch, opfere nichts für guten Geschmack und nimm einfach alles als das, was es ist: herrliches Gemüse, geschmackvoll und reich an Texturen.
Du kannst dir auch anschauen, was vegane Köche wie Gaz Oakley kreieren. Die meisten seiner Rezepte stellt er auf seinem Channel @avantgardevegan vor. Und vergiss zuletzt nicht, selbst ein bisschen auszuprobieren. Such dir im Internet und auf Instagram einfache Rezepte für die Art von Essen, die du gerne magst. Wir garantieren, dass es da draußen eine vegane Version gibt, die noch nahrhafter und noch leckerer ist!”
Rachel Hugh, Mitbegründerin von The Vurger Co, einem veganen Burger-Restaurant in London
MUNCHIES-Video: Vegane Lasagne mit John Joseph
“Als erstes würde ich sagen, dass du nicht zu hart mit dir sein solltest, wenn dir ein Ausrutscher passiert. Selbst wenn du die Zutaten auf der Packung studierst und in Restaurants nachfragst, können dir Fehler unterlaufen, gerade am Anfang! Lass dich davon nicht entmutigen und deswegen von anderen schlecht machen.
Wenn du Fleischalternativen magst, lern am besten schnell, selbst welche zu machen. Es gibt da draußen tonnenweise Seitan-Rezepte, die du perfektionieren kannst. Die ersten Versuche werden zwischen furchtbar und passabel enden, aber wenn du am Ball bleibst, hast du schnell den Bogen raus. Die Seitan-Herstellung ist ziemlich zeitintensiv, also machst du am besten gleich größere Ladungen. Wenn du ihn neutral würzt, kannst du ihn später leicht an die entsprechenden Gerichte anpassen. Er lässt sich auch super einfrieren. Du musst dir also keine Sorgen machen, in wenigen Tagen ein paar Kilo Gluten verputzen zu müssen.
Außerdem: Press den Tofu aus! Ich mache schlecht zubereitete Tofugerichte von Köchen wie Jamie Oliver für die verbreitete Tofu-Aversionen vieler Menschen verantwortlich. Ich erinnere mich noch daran, wie er ein Stück roh aus der Packung gegessen hat und meinte, er schmecke lecker. Das tut roher Tofu nämlich definitiv nicht.
Vegan zu sein, bedeutet jedenfalls weit mehr, als sich nur pflanzlich zu ernähren. Behandle also auch andere Menschen und Tiere mit Respekt und gib dein Bestes. Niemand ist perfekt. Iss mehr Gemüse, heil Seitan.”
Dom Moss, Gründer von V Rev Vegan Diner in Manchester
“Verzichte auf nichts, sondern such dir einfach einen veganen Ersatz. Das ist noch nie so leicht gewesen. Du kannst problemlos weiter Pizza, Burger, Sandwiches, Pasta oder Tacos essen. Du solltest dich auch ein bisschen über das ganze Drumherum informieren. Je besser deine Gründe dafür sind, desto leichter wird es dir auch fallen! Außerdem solltest du essen, bis du satt bist. Hab immer ein paar vegane Snacks dabei.
Es ist auch wichtig, dein Sozialleben nicht einzuschränken. Du kannst immer noch ausgehen und Spaß haben. Die meisten Restaurants haben heute einen Haufen veganer Gerichte auf der Karte. Wenn du selbst gerne kochst, freu dich darauf, zahlreiche neue Gerichte zu lernen.
Und sei vor allem nicht zu hart mit dir. Tu, was du kannst, und wenn es mal nicht hinhaut, dann ist das nicht das Ende. Es gibt keinen Erfolg ohne Scheitern.”
Alex Santoro, Mitbegründer von Genesis, einem veganen Restaurant in London
“Mach es nicht zu kompliziert. Es gibt einen Haufen komischer Zutaten, von denen du noch nie gehört hast, aber für den Anfang kann es erst mal gut sein, einfach die Gerichte vegan zu machen, die du schon magst.
Andere einfache Gerichte, eine ‘Bowl’ zum Beispiel, können dir das Leben unfassbar erleichtern. Du brauchst einfach ein Protein (Tofu, Bohnen, Nüsse), ein Getreide oder andere Kohlenhydrate, frisches Gemüse und/oder Obst und ein leckeres Dressing. Du kannst sie kalt oder warm servieren – super lecker, ausgewogen und sättigend!
Informiere dich ein bisschen über Ernährung, damit du eine gute Vorstellung davon bekommst, wie du deine Gerichte ausgewogen machst und alle Nährstoffe bekommst, die du brauchst. Es gibt einen Haufen Ressourcen da draußen und ganz nebenbei wirst du ein paar fleischbasierte Ernährungslügen enttarnen.
Mach dich mit Gewürzen und Kräutern vertraut. Ich garantiere dir, dass du Blumenkohl nur zu hassen glaubst, weil deine Oma ihn immer todgekocht und schlecht gewürzt hat. Eins der Geheimnisse für den problemlosen Umstieg auf eine vegane Ernährung, ist zu lernen, wie man Gemüse gut zubereitet.”
Lue Cuttiford, Gründerin der veganen Käserei Black Arts Vegan
“Als ich vegan wurde, fühlte ich mich total verloren – auch als Koch. Statt Hühnerbrust und Gemüse hatte ich plötzlich kein schnelles und einfaches Gericht mehr.”
“Wir legen viel Wert darauf, dass jede Mahlzeit reich an Textur und Geschmack ist. Scharf, süß, sauer, salzig und umami zum Beispiel. Pilze und Kombu (Seetang) eignen sich perfekt, um deinem Gericht einen Umami-Kick zu verleihen. Eine heiße Schüssel Pilz-Noodle-Suppe garnieret mit Pak Choi, Röstzwiebeln und einem Haufen Duftkräuter zum Beispiel. Ein paar vegane Brat-Dumplings und Chili-Öl darüber geträufelt: schon hast du Geschmack und Textur!
Zur Grundausstattung unserer Küche gehören: getrocknete Reisnudeln, Reis, Sojasoße, Sesamöl, Essig, Gemüsebrühe, Shiitake-Pilze, Schwarze-Bohnen-Soße, Chili-Öl, vegetarische Austernsoße, Nüsse, Samen und Hefeflocken. Diese paar Dinge helfen uns dabei, im Handumdrehen ein leckeres Gericht aus dem Ärmel zu schütteln!
Du solltest in ein paar Kochbücher investieren. Fang mit ein paar pflanzlichen Kochbüchern an und erlerne die Grundlagen, dann kannst du dich auf regionale Küchen konzentrieren. Zu unseren Lieblingsbüchern gehören: Bento Power: Brilliantly Balanced Lunchbox Recipes von Sara Kiyo Popowa, Happy Food: Fast, Fresh, Simple Vegan von Bettina Campolucci Bordi und Vegan 100 von Gaz Oakley. Wir wollen irgendwann auch mal unser eigenes veganes chinesisches Kochbuch schreiben.
Es ist auch hilfreich, Dokumentationen zu gucken und veganen Accounts bei Instagram zu folgen, um sich zu bilden und inspirieren zu lassen.”
Jade Rathore und Angie Li, Gründerinnen von Phung Kay Vegan
“Als ich vegan wurde, fühlte ich mich total verloren – auch als Koch. Statt Hühnerbrust und Gemüse hatte ich plötzlich kein schnelles und einfaches Gericht mehr. In dieser Frühphase haben mich ein paar Standards über Wasser gehalten. Etwas gutes Sauerteigbrot, Baked Beans, Hummus und Avocado hatte ich immer griffbereit. Die haben mich gerettet.
Wenn du die Anfangsphase überstanden hast, steht und fällt alles mit der Vorbereitung. Ich habe immer ein paar gute Soßen-Optionen in kleinen Portionen im Tiefkühler. Curry-Soße, Pilz-Soße, Braten- und Tomatensoße zum Beispiel. Dann geht es nur noch darum, deine Lieblings-Kohlenhydrate, Getreide, Gemüse, Hülsenfrüchte und pflanzliche Eiweißquellen dazuzugeben, wie Tofu oder Tempeh. Bevor du dich versiehst, erschaffst du neue Gerichte und probierst neue Zutaten aus. Und plötzlich bist du vegan.”
Dominic Taylor, Gründer von The Meet, einem veganen Pop-up in London
“Ich mache schlecht zubereitete Tofugerichte von Köchen wie Jamie Oliver für die verbreitete Tofu-Aversionen vieler Menschen verantwortlich.”
“Mein Rat an Menschen, die den Veganuary ausprobieren wollen: Es soll vor allem Spaß machen! Probier Dinge aus, die du noch nie gemacht hast. Happy Cow ist die App, die dein veganes Navi zu zahlreichen großartigen Restaurants sein wird. Probiere so viele davon aus, wie du kannst, und lass dich davon überraschen, wie lecker sie alle sind, bevor die verbreitete Vorstellung von ‘Ich kann nichts mehr essen’ überhaupt eine Chance bekommt, sich bei dir breitzumachen. Es gibt so viel da draußen. Du brauchst nur etwas Abenteuerlust, um alles zu entdecken.
Meinen Laden habe ich buchstäblich gegründet, weil mir eine gute käsige Pizza gefehlt hat. Fast alle, die bei uns essen, sagen, wie lecker unser veganer Käse sei.”
Matthew Smith, Inhaber des veganen Pizzastandes Little Leaf Food
“Mein wichtigster Ratschlag lautet: Sei nicht so hart zu dir! Viele sorgen sich viel zu sehr darum, einen Fehler zu machen, dass die ganze Angelegenheit extrem stressig wird. Das muss sie aber nicht sein. Akzeptier, dass dir hier und dort ein Ausrutscher geschieht. Das passiert, mach dir keinen Stress. Geh die Sache Schritt für Schritt an und tu einfach dein Bestes. Die Veganer-Polizei wird dich nicht an Ort und Stelle verhaften, das verspreche ich dir.
Mein anderer Ratschlag wäre: Hab Spaß dabei. Erstell eine Liste mit tollen veganen Restaurants, die du schon immer ausprobieren wolltest; mit veganen Rezepten, die du schon immer nachkochen wollest. Solange deine Geschmacksknospen glücklich und dein Bauch gefüllt sind, wird es dir gut gehen. Vegan zu sein, ist kein Opfer. Also reservier dir einen Tisch, füll deine Einkaufstasche und probiere alles aus.”
Meriel Armitage, Gründerin des vegan-mexikanischen Pop-ups, Club Mexicana und Mitbegründerin von The Spread Eagle, Londons erstem veganen Pub
“Man ist schnell überfordert, wenn man gerade vegan geworden ist. Alles erscheint so neu und verwirrend. Um es dir etwas einfacher zu machen, kannst du dich am Anfang erst mal an den Gerichten orientieren, die du bereits kennst und liebst. Ersetz dort die tierischen mit den pflanzlichen Produkten, bevor du dich zu komplett neuen Ufern aufmachst.
Warum versuchst du es nicht zum Beispiel erst mal mit einer Spaghetti Bolognese, Pizza oder einer Gemüsepfanne? Einfach die Fleisch- und Milchprodukte mit pflanzlichen ersetzen. Sei nicht zu streng mit dir, wenn du einen Fehler machst. Du machst das super und jeder Tag, den du es mit veganer Ernährung versuchst, unternimmst du einen riesigen Schritt für Tiere, deine Gesundheit und den Planeten.”
Karris McCulloch, Mitbegründerin der veganen Lieferkiste The Vegan Kind
Dieser Artikel ist zuerst bei MUNCHIES UK erschienen.
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