Popkultur

Spreadshirt: Pegida ist scheiße, aber Pädo-Sexismus OK?

Screenshot: Facebook

Ich habe ein ziemlich gespaltenes Verhältnis zu Spreadshirt, was primär darin begründet liegt, dass ich es bisher noch kein einziges Mal geschafft habe, mir dort etwas bedrucken zu lassen. Egal ob selbstgemaltes Motiv, Bild mit CC-Motiv oder privates Foto—in schöner Regelmäßigkeit wurde mir nach zwei Wochen Wartezeit mitgeteilt, dass sie sich ziemlich sicher seien, dass ich nicht das Recht hätte, die ausgewählten Grafiken/Motive zu verwenden. Beweisen könnten sie das zwar nicht, aber yolo. (Ungefährer Wortlaut)

Doch darum soll es nicht gehen! Und sowieso ist alles vergessen, denn wie wir am Wochenende über diverse soziale Kanäle mitbekommen durften, hat Spreadshirt vielleicht eine etwas fragwürdige Auffassung zum Urheberrecht, dafür aber auch ein soziales Gewissen! In einem Facebook-Post, der mittlerweile mehr oder minder viral gegangen ist, beschwerte sich eine besorgte Bürgerin darüber, dass der Online-Dienst ihr nicht „I <3 Pegida” auf ein T-Shirt drucken wollte.

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In der Begründung von Spreadshirt, das dafür Applaus aus allen Richtungen (außer von rechts, selbstredend) bekommen hat, hieß es: „Das, was PEGIDA vertritt, gilt in unseren Augen nicht als Meinung, sondern als rassistische, diskriminierende und menschenverachtende Äußerungen. Wir haben uns aus ethischen Gründen darum entschieden, den Namen dieser lächerlichen Vereinigung nicht zu drucken.”

Löblich, löblich. Wenn man sich allerdings anguckt, was bei Spreadshirt scheinbar nicht als „rassistisch, diskriminierend und menschenverachtend” wahrgenommen wird, dann ist man gelinde gesagt ein bisschen irritiert. Neben untergeordneten Shops, die „politisch unkorrektes” Merchandise mit „Charakter” vertreiben, scheint Spreadshirt nämlich auch eine Art Auffangbecken für verkappte Männerrechtler zu sein, die bisher einfach nicht wussten, wo sie homophobe und sexistische Motto-Shirts für sich und den Nachwuchs kaufen sollten. Und wenn ich von Nachwuchs spreche, dann meine ich Babys. Die Kollegen von pinkstinks.de haben nämlich folgende Strampler ausgegraben:

Die besagten Artikel gibt es hier, hier, hier und hier. Screenshot: Twitter

Jetzt sollte man sich natürlich ganz grundsätzlich die Frage stellen, ob sich Kinderkleidung, die mit Begriffen wie Porn, Schwanz, Luder oder Ficken vertaggt wird, nicht von selbst verbietet. Oder welche Art von Vater seinem Baby schon so früh wie möglich mitteilen möchte, dass seine Mutter, die es nach neun Monaten unter unglaublichen Schmerzen in diese Welt gepresst hat, absolut gar nichts wert ist. Wenn es da draußen aber schon Menschen gibt, die man diesbezüglich zumindest rein optisch von ihrem fragwürdigen Gedankengut schützen muss: Muss dann nicht das Portal, das den Produzenten und Verkäufern von so einem Dreck überhaupt erst eine Plattform gibt, eingreifen?

Und da schließt sich auch wieder der Kreis und ihr versteht genau jetzt, warum ich euch am Anfang mit meiner ganz persönlichen Spreadshirt-Anekdote genervt habe: Wenn es Leute gibt, die sich die angefragten Selbstkreationen so genau anschauen, dass sie darüber entscheiden, ob sie für eine EINZELPERSON eine bestimmte Art von Shirt herstellen (oder eben nicht)—dann muss es doch eine mindestens genau so intensive Prüfung von Motiven geben, die über Spreadshirt vertrieben und somit für ein bedeutend größeres Publikum zugänglich und erwerbbar sind. Und wenn dem so ist, wie kann es dann sein, dass einer der Verantwortlichen sich die neu reingekommenen Designs anguckt und sagt „Pegida? Ganz heißes Eisen. Aber sexistische und/oder homophobe Sprüche auf der schmächtigen Brust eines Säuglings? Gar kein Problem”?

Noisey: Hässliche Bandshirts sind wirklich hässlich.

Wahrscheinlich ist es unfair zu erwarten, dass es bei Spreadshirt Dutzende Mitarbeiter gibt, die den ganzen Tag nichts anderes tun, als sich durch beschissen designte Klamotten mit „lustigen” Sprüchen wie frisch aus dem Lobotomie-Think-Tank zu wühlen und dann in jedem Fall richtig entscheiden, was davon einfach nur dumm und was absolut unvertretbar ist. Wer sich allerdings als moralisch integres Unternehmen verkaufen möchte, der kann einfach keine frauenfeindlichen Babyklamotten vertreiben. Oder um es mit Frank Underwood zu sagen: „Most politicians are permanently chained to that slogan, family values. But when you cozy up to hookers and I find out, I will make that hypocrisy hurt.”

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