Im Sommer war auf dem Spieler-Transfermarkt mal wieder die Hölle los. Doch auch innerhalb der Trainergilde wurde ordentlich gewildert. Ein Verein, der davon ein Lied trällern kann, ist der Wedeler TSV. Wer nochmal? Keine Sorge, den Fünftligisten muss man nicht kennen. Dafür aber den Trainer, der den TSV in die Bredouille gebracht hat: Schalke-Coach Markus Weinzierl. Falls du dich jetzt fragst, was einen Bundesliga-Trainer mit einem Verein aus der Oberliga Hamburg verbindet, lautet die Antwort: eines der verrücktesten Trainer-Dominos aller Zeiten. Und eine ganze Menge Freibier.
Doch eins nach dem anderen: Im Sommer wechselte Weinzierl nach einer sehr erfolgreichen Zeit beim FC Augsburg—die er vorletzte Saison sogar in die Europa League führte—zu den Knappen und hinterließ dadurch natürlich ein klaffendes Loch auf der Trainerbank des FCA (der erste Akt). Und genau mit diesem Loch begann der Domino Day, der am Ende bis in die fünfte Liga reichen sollte. Triple-Down-Effekt mal anders, würden jetzt ein paar schlaue BWL-Studenten einwerfen.
Videos by VICE
Denn nun brauchte natürlich auch Augsburg einen neuen Trainer und bediente sich mit Dirk Schuster bei Darmstadt 98 (der zweite Akt).
Und weiter ging’s: Darmstadt will auch dieses Jahr wieder die Klasse halten und braucht deswegen einen Coach mit Erfahrung. Die Wahl fiel auf Norbert Meier von Arminia Bielefeld (der dritte Akt).
Jetzt war Bielefeld an der Reihe. Die Ostwestfalen ließen sich nicht lange bitten und schnappten sich Rüdiger Rehm vom Drittligisten SG Sonnenhof Großaspach (vierter Akt). Der hatte den württembergischen Klub aus der Regionalliga Südwest in die dritte Liga geführt. Schön für Bielefeld, schlecht für die SGS.
Glücklicherweise fand man mit Oliver Zapel vom Regionalligisten SV Eichede Ersatz auf der Trainerbank (fünfter Akt).
Wir sind jetzt schon fast am letzten Stein angekommen. Denn wie ihr euch denken könnt, brauchte man auch in Eichede einen neuen Trainer. Und den rekrutierte man sich—hier den Trommelwirbel dazu denken—in Person von Jörn Großkopf beim Wedeler TSV (sechster Akt).
Dabei war der erst zwei Wochen zuvor als neuer Trainer vorgestellt worden. Doch er hatte sich bei seiner Vertragsunterzeichnung eine Art Ausstiegsklausel zusichern lassen, wie der Sportliche Leiter vom TSV, Frank Ockens, in der FAZ erklärte:
„Wir hatten Großkopf erst kurz zuvor vom KFC Uerdingen losgeeist. Mussten ihm aber zusichern, dass wir ihm keine Steine in den Weg legen, wenn ein höherklassiger Klub anfragt”, sagt Ockens. Dieser höherklassigere Klub war nun mal der SV Eichede. Und schon stand man in Wedel mit ohne Trainer da. Was zu der Zeit der Saisonplanung ein erhebliches Problem war: „Auf diesem Niveau gibt es nicht allzu viele gute Trainer. Und die wirklich guten sind zu dem Zeitpunkt der Saisonvorbereitung alle schon gebunden.”
Notgedrungen beförderte man den Co- zum Chef-Trainer. Doch Ockens war natürlich noch immer nicht happy. Und hatte einen „Schuldigen” ausgemacht, wenn auch über einige—nämlich sechs—Ecken: Weinzierl bzw. dessen Wechsel zu den Knappen, eingefädelt von Schalke-Manager Christian Heidel. Genau an den wandte sich Ockens auch per E-Mail und verlangte eine Wiedergutmachung: „Fünfzig Kisten Bier oder ein Testspiel. Quasi als kleine Entschädigung”, wie er gegenüber der FAZ erzählte.
Vielleicht hatte Ockens neulich ein 11 Freunde-Interview gelesen, in dem Heidel meinte, dass man heutzutage für einen guten Trainer eine Entschädigung zu zahlen habe, und wollte diesen mit dem Schreiben an seine eigenen Worte erinnern. Wie dem auch sei. Der Manager der Königsblauen zeigte sich einsichtig. Und ließ bereits eine großzügige Ladung Bier Richtung Norddeutschland schippern. Zudem hat er auch noch die Mannschaft vom Wedeler TSV zu einem Heimspiel auf Schalke eingeladen.
Bier noch und nöcher sowie ein feuchtfröhlicher Abend bei einem Bundesligaspiel: Vielleicht war das ausgelöste Trainer-Domino doch kein so schlechter Deal für die ersten Herren des Wedeler TSV.