Erstsemester erzählen von ihren grössten Ängsten

Drei Erstemester-Studierende im Bild

Wenn du noch die Schulbank drückst, träumst du vielleicht von einem sorglosen Studentenleben. Auf Partys gehen, Vorlesungen skippen und am frühen Nachmittag billigen Fusel aus Pappbechern trinken. In der Realität ist das Unileben aber stressiger, als du dir das jetzt ausmalst.

“Angst und Panikstörungen bei Studenten nehmen stark zu”, sagt Ariane Kaum. Sie ist Studentin an der Universität Zürich und hat einen studentischen Verein gegründet, der sich mit der psychischen Gesundheit von Studierenden auseinandersetzt. Auch das Risiko, an Burnout zu erkranken, sei im Studium höher im Vergleich zu Gleichaltrigen, die keine Uni oder Fachhochschule besuchen.

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Wegen der vielen Vorlesungen und Prüfungen kann es für Studierende eine echte Herausforderung sein, Zeit zum Verschnaufen zu finden. Wir haben mit Erstsemester-Studierenden aus Basel gesprochen, um herauszufinden, wovor sie am meisten Schiss haben.

Leoni, 19, Humanmedizin

Erstsemester-Studierende erzählen über ihre grössten Ängste

VICE: Du studierst schon seit einer Woche. Hattest du Angst, dass du keinen Anschluss finden wirst?
Leoni: Ja, sehr. Aber es war dann ganz einfach. Man setzt sich für die Vorlesung einfach neben irgendjemanden und beginnt ein Gespräch.

Was macht dir am meisten Sorgen, wenn du an die nächsten Wochen denkst?
Physik! Heute habe ich gesehen, dass wir in ein paar Wochen jeden Tag von morgens um 8 bis abends um 6 Uhr Vorlesung haben werden, das macht mir schon ein bisschen Sorgen. Ich hoffe, ich finde dann genügend Zeit, den Stoff nochmal durchzugehen.

Hast du schon einen Plan?
Nein. Aktuell schaue ich es an meinen freien Nachmittagen an. Wenn wir dann aber auch am Nachmittag Vorlesung haben, wird es wohl jeweils Abends oder in der Strassenbahn.

Was würde dir helfen, den Stress zu bekämpfen?
Mir hilft ein Ausgleich neben der Uni, Bewegung im Unisport zum Beispiel. Oder darüber zu sprechen, es geht ja allen gleich.

Was erhoffst du dir vom Studium?
Dass ich Ärztin werde. Ich finde es aber auch einfach toll, etwas zu lernen.


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Maurice, 23, Geografie und Englisch

Erstemester-Studierende erzählen über ihre grössten Ängste

VICE: Du hast dein erstes Studium abgebrochen. Warum?
Maurice: Ich wollte lieber etwas mit Rechnen, statt Buchstaben machen. Geografie hat mich schon immer fasziniert, damit kann man von der Klimakrise bis zu Geopolitik vieles erklären. Das wollte ich mit einem Fach kombinieren, das nicht naturwissenschaftlich ist. Darum habe ich noch Englisch gewählt.

Wie ging es dir vom Stress her beim ersten Studium?
Mathe war sehr stressig. Die Präsenzzeit sah zwar zu Beginn einfach aus, aber dann heisst es, pro Arbeitsblatt brauche man sechs bis acht Stunden. Pro Woche bekamen wir vier Arbeitsblätter. Wenn du dann noch Hobbys nachgehen willst, bist du schnell an deiner Grenze. Und je näher es auf die Prüfungen zugeht, desto höher wird der Leistungsdruck.

Hat dich das psychisch belastet?
Ich habe schlechter geschlafen und unregelmässiger gegessen, Studentenleben halt. Meine sozialen Beziehungen litten. Als ich abgebrochen habe, wurde es viel besser.

Was bereitet dir am meisten Sorgen, wenn du an die nächsten Wochen denkst?
Dass ich den Einstieg nicht verpasse. Dass ich vom Inhalt her genug Kapazität habe und alles verstehe. Und dass ich nicht versuche, jede freie Minute was zu unternehmen. Wichtig ist, dass man auch mal einen Tag unter der Woche einfach nichts vorhat.

Was erhoffst du dir vom neuen Studium?
Dass ich jetzt weiss, wie weit kann ich gehen, ohne dass es mir selbst oder meinen Mitmenschen wehtut. Dass ich mich selbst auch mal bremse und lieber etwas zurückstecke und das Leben mehr geniesse.

Delia, 21, Englisch und Deutsch

Erstsemester-Studierende erzählen über ihre grössten Ängste

VICE: Was hast du für Sorgen, wenn du an die nächsten Wochen denkst?
Delia: Dass es mir zu viel wird. Dass sich ein Haufen Dinge ansammeln, die ich alle abarbeiten muss. Dann kommt noch das Privatleben dazu, und die Arbeit.

Was machst du dagegen?
Momentan noch recht Freestyle. Es ist erst der zweite Tag in meinem Studium. Ich muss aber echt aufpassen, dass ich da nicht so trotzig werde. Das ist mir im Gymnasium passiert. Dass immer mehr kommt und ich irgendwann ganz zu mache und gar nichts mehr mache.

Wie wünschst du dir, dass dein Studium wird?
Weniger stressig, wie ich es mir gerade vorstelle, und dass es meinen Horizont erweitert. Aktuell stört mich eher, wie alles aufgebaut ist. Was man alles lesen muss, die Vorlesungsverzeichnisse und wo man sich überall eintragen muss. Das ist einfach viel.

Wie hast du dir die Leute vorgestellt, die mit dir studieren werden?
Ich dachte, das sind Leute, die ein viel höheres Niveau haben und besser sind. Aber es stellte sich heraus, dass wir alle in etwa gleich ahnungslos sind. Ich hoffe, dass die Leute ähnlich offen sind wie ich und dass sie noch mehr auftauen.

Hast du Angst, ob du Anschluss finden wirst?
Nein, eigentlich nicht.

Raphael, 20, Jura

Erstsemester-Studierende erzählen über ihre grössten Ängste

VICE: Was sind deine Bedenken, wenn du an den Start deines Studiums denkst?
Raphael: Dass ich die richtige Methode finde, um mich auf die Prüfungen vorzubereiten. Das ist dann über ein Jahr Stoff, der geprüft wird. Es ist anders als in der Schule, wo man ein Blatt bekommt, auf dem alles draufsteht. Jetzt hast du die Bücher und die Vorlesungen und musst dein Tempo und deine Art zu lernen finden.

Habt ihr dazu Tipps bekommen?
Ganz viele, aber ich glaube, wie man dann lernt, ist recht individuell.

Hast du dir schon einen Plan zurecht gelegt?
Dass ich die Vorbereitungen nochmal anschaue, mir Fachwörter merke und Zusammenfassungen schreibe, sodass ich diese in den Semesterferien schon habe und sie nur noch anschauen muss, um so alles miteinander zu verknüpfen.

Ist deine grösste Angst, die du wegen des Studiums hast, dass du nicht mitkommst?
Ja, dass ich rechtzeitig den richtigen Trick und die Methode finde, allen Stoff zu verarbeiten.

Hast du Sorgen, ob du Anschluss findest?
Nein, ich kenne schon zwei bis drei Leute im Studium und bin auch ein offener Typ, gehe auch einfach auf andere Leute zu.

Was für Leute wirst du kennenlernen?
Zu beginn viele, die das Studium nach einem Jahr abbrechen. Ich habe gehört, bis zu 40 Prozent hören auf. Aber ich glaube, es gibt auch viele, die sind wie ich.

Warum brechen die anderen ab?
Es kann auch sein, dass ich zu den 40 Prozent gehöre. Meine Freunde meinten, entweder interessiert es dich so sehr, dass du am Ball bleibst, oder eben nicht.

Anouk, 19, Pädagogik

Erstsemester-Studierende erzählen über ihre grössten Ängste

VICE: Was für Erwartungen hast du an dein Studium?
Anouk: Dass ich alle Kompetenzen mitbekomme, die ich brauche, um eine gute Lehrperson zu werden.

Hast du Sorgen, dass du Anschluss findest?
Ja, das hatte ich. Ich bin eine der Jüngsten und habe keine Arbeitserfahrung. Aber ich habe schon eine Kommilitonin, mit der ich mich sehr gut verstehe. Ich habe in jedem Kurs jemanden, der mir sympathisch ist.

Was macht dir am meisten Sorgen, wenn du an die nächsten Wochen denkst?
Die Stoffmenge. Jeder Kurs erfordert viel Vorbereitung und Nachbereitung zu Hause.

Hat man euch bei der Einführungswoche gesagt, wie ihr damit umgehen könnt?
Nein, das müssen wir in Eigenregie herausfinden.

Wie willst du das lösen?
Ich habe mir einen Plan gemacht, wann ich was mache. Ich habe den ganzen Freitag und das Wochenende und hoffe, dass ich das sinnvoll aufteilen kann.

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