Street Food ist meine Schwester und ich schütze ihre Ehre. Für MUNCHIES bin ich deswegen ab sofort regelmäßig auf geheimer Mission in Berlin unterwegs, um genau die Spots ausfindig zu machen, die für kleines Geld perfektes Essen bieten. Unprätentiös, kostengünstig und schmackhaft–das wahre Street Food Berlins. Dieses Mal dreht sich alles um knusprigen Extrabacon und einladende Bratflächen, die größer sind als unser Leben. Dazu habe ich bei Piri’s Chicken in Kreuzberg Geflügelburger und einen Kilo Fries in mich rein gemacht wie nach einem kraftzehrenden Ultra-Marathon und leider erst viel zu spät von der Großartigkeit des Ein-Euro-Extra-Ei Angebots erfahren. Das Leben ist eben nicht immer fair. Auch nicht zu MUNCHIES Redakteuren.
Burger sind das genaue Gegenteil von Macarons und damit ist bereits alles gesagt was man über Prätention wissen muss.
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Wer in Berlin lebt, sollte sich alle Jubeljahre mal fragen, ob er in den letzten Wochen länger in Postamt-Schlangen oder vor überfüllten Burgerläden angestanden hat. Denn mit guten Burgern ist es oftmals so: Sie werden frisch zubereitet-on demand quasi-und dauern eben einfach ihre Zeit. So ein Fleisch braucht Zuspruch und Ruhe. Wer Fleisch drängelt, schubst auch kleine Kinder bei roten Ampeln auf die Straße und schreit “Lauf doch schon mal los!”. Kann man unter Umständen natürlich gerne machen, ist aber im Ergebnis optisch und inhaltlich meistens dann nicht so schön. Fleisch und Kinder dürfen eben unter keinen Umständen beschleunigt gehandhabt werden, zum Beispiel indem man die Bratflächen aufmotzt oder den Bacon in die Mikrowelle wirft (Vergib mir Gott, aber ich war unfassbar stoned!).
Fakt ist, auf einen frisch zubereiteten Burger wartet man mindestens eine vordefinierte Zeit von etwa zehn Minuten und da ändern auch die dümmlichen Bewertungen der anderen Social Media Nutzer bei Yelp nichts, die sich laienhaft und touristisch über Wartezeiten von “bis zu fünfzehn Minuten” mokieren. Die Leute haben ja keine Ahnung…
Bei Piri’s ist weder eine besonders lange Schlange am Start, noch ist es The Walking Dead leer. Es ist einfach genau richtig für so Leute wie mich mit Hunger und dicken Beinen, in denen man das Meer rauschen hören kann, wenn man sein Ohr daran legt. Gleiches gilt für die Lautstärke. Während einem bei BBI in Neukölln oder anderen dröhnenden Berliner Burger Bratbuden als ADHSler irgendwie immer das Gehirn kurz vorm aussuppenden Platzen steht, spielt hier die Musik in einer angenehmen Lautstärke, die sogar unerwartete Dinge für einen Gastronomiebetrieb wie Denken, Ordern oder Nahrungsaufnahme zulässt.
Ich bestelle also mein Menü mit Fritz Kola, scharfem Piri Chickenburger nach portugisischem Chili-Vorbild und natürlich obligatorische Pommes und klebe mich auf einen der Hochstühle um zwischen den unzähligen ZEWA-Rollen zu warten, die definitiv einen anderen Instinkt bei mir triggern als sich daran die Hände abzuputzen.
Mit Bacon ist es wie mit der Periode: Erst wenn er ausbleibt, macht man sich Gedanken!
Die Buns stammen von der Schiller Backstube in Neukölln, die auch Schillerburger mit ihren Burgerbrötchen beliefert. Und diese Wahl ist weise, denn die posierlichen Teigmäuschen sind mit dicken Sesamkörnern bestreut und liegen so gut in der Hand wie ein durchschnittlich großes, erigiertes Glied. Globige Brötchen, die nicht zu leicht und nicht zu schwer sind, genau richtig in ihrer Süße daherkommen und jederzeit offenherzig dazu einladen das saftige Chickenfleisch in sich aufzunehmen.
Aber mal ganz von vorne: Piri’s ist derzeit ziemlich angesagt. Das ist schön, denn hier hat man ein Konzept, das ich mit aller Anerkennung sehr wertschätze. Der Chickenburger steht im Mittelpunkt des Ladens. Daran ist nicht zu rütteln. Tagein tagaus brät man hier Braised Chicken und verfeinert das Biest mit dieser unsagbar leckeren, scharfen Chili-Sauce, die für deutsche Verhältnisse wider der Natur erscheint und nur von englischsprachigen Muttersprachlern,, also denen mit dem besseren Geschmack, konsumiert werden kann. Ich würde gerne Johann Lafer nehmen und diese eine Frau (Sarah Wiener), die immer mit ihrem Oldtimer-Käfer ohne Umweltplakette durch Frankreich fährt um Enteneier oder Kalbsköpfe zu essen, und ihnen die scharfen Burger in den Mund quetschen, bis sie Chili-Durchfall bekommen und schmatzend zugeben, dass Macarons nicht mehr und nicht weniger sind als herzloser, aneinandergeklebter und farbiger Zucker. Außerdem fordere ich die Einführung eines Fisch-Burgers bei Piri’s!
Der Ort:
Piri’s Chicken Burgers liegt in bevorzugter Lage direkt am Görlitzer Park. Gut für Menschen wie mich, die nur mal eben schnell stoned ein paar lebenswichtige Fette und Kohlenhydrate in ihre ausgemergelten Körper packen wollen. Es gibt ausreichend Sitzmöglichkeiten drinnen und draußen. Die Straße ist ruhig. Es finden sich sogar Parkplätze.
Die Klientel:
Vielleicht war es Zufall, aber an diesem Tag besuchten auffällig viele Reptiloide den Imbiss, um dort mit ihren Radlerhosen und Pulsmesser den Umsturz der Welt zu planen und sich vorher noch etwas zu stärken. An anderen Tagen dominiert die typische Kreuzberger Klientel das Bild: Gemischt.
Das Gericht:
Die Pommesmenge bei Piri’s gilt offiziell als die höchste Erhebung Berlins. Lecker kartoffelige Fritten, eine etwas merkwürdige Mayonnaise, die eher unter den Begriff “White Greasy Sauce” fallen könnte, sowie frisches und knackiges Gemüse auf dem Burger runden den Spaß ab. Die Buns kommen auf den Punkt. Die scharfe Sauce lötet den Mundraum aus. Das Braised Chicken ist sehr saftig und keinesfalls so faserig trocken und unelegant, wie man es von lieblosen Geflügelburgern kennt. Der Saft läuft einem beim Essen die Hände runter.
Tipps:
Der Manic Monday scheint sich zu einer echten Institution für Kreuzberger Feeder zu entwickeln. Wer montags bei Piri’s aufschlägt, kann sich für 3 Tacken einen Riesenburger sichern oder zwei Bier zum Preis von einem trinken.
Extrabacon. Und Fried Egg. Ein Euro mehr. Rote Beete auf den Burger kostet 50 Cent. Das ist die Währung, die ihr immer in die virenverklebten Bakterienwägen im Kaufland steckt um den Konsumkäfigen für ein paar Minuten Auslauf zu gönnen, bevor ihr sie wieder in Ketten legt.
Preis:
Burger starten hier ab 5 Euro. Die Auswahl zwischen Chickenburger und Beef sollte unbedingt aus Vernunftsgründen auf das Geflügel fallen. Beef gibt es ja schließlich überall. Chickenburger sind eine echte Rarität und wer sich die Leber schon mit Fett verklebt, sollte wenigstens wagemutig sein und dabei variieren. Pommes kosten 2 Euro. Es gibt vergünstigte Menüs. Und für die Extrafaulen liefert Piri’s auch.
Wiener Strasse 31
10999 Berlin