Street Food ist meine Schwester und ich schütze ihre Ehre. Für MUNCHIES bin ich deswegen ab sofort regelmäßig auf geheimer Mission in Berlin unterwegs, um genau die Spots ausfindig zu machen, die für kleines Geld exzellentes Essen bieten. Unprätentiös, kostengünstig und schmackhaft–das wahre Street Food Berlins.
Dieses Mal zur ausgiebigen Sardineneinspeisung und mit unbändiger Lust auf klebriges Helva beim Fischgrill meines Vertrauens: Abhängen bei Taka am Kottbusser Tor.
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Um es direkt von vornherein klar zu machen: Im Taka Fischgrill gibt es exakt sechs Gerichte und zwei Nachspeisen, die man spätestens nach dem dritten Besuch, und der wird unausweichlich kommen, in und auswendig kennt. Der ganze Spaß ist also eher nichts für Leute, die sich gerne stundenlang mit ihrer Essensauswahl aufhalten und Genuß nur über die großtmögliche Summe von Optionen erleben können, von denen man dann ohnehin im weiteren Verlauf nur eine einzige auswählt. Pragmatiker sparen sich eine solche Verschwendung kostbarer Lebenszeit und lassen einfach die Profis für sich entscheiden. Lieber eine kleine Auswahl. Lieber frische Ware. Lieber die perfekte Zubereitung eines kleinen Speisenportfolios. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Wenn ich also ein Fisch wäre, ich würde es mit einem breiten, zahnlosen Lächeln begrüßen hier zubereitet und von bodenständigen Kunden ohne Arschlochattitüde verzehrt zu werden.
Die Klientel:
Die meisten Menschen, die hier zur Mittagszeit oder in den frühen Abendstunden einkehren, kennen den kleinen Fischimbiss ausschließlich über Empfehlungen von Freunden. Irgendwie gibt es den Grill schon einige Jahre an diesem sehr zentralen aber dennoch idyllischen Ort und die Qualität ist stetig überzeugend. Dennoch habe ich in all den Jahren des Fischstopfens noch nie einen Laptop dort rumlungern gesehen, geschweige denn wahrgenommen, dass sich einer meiner Freunde bei Swarm hier eingecheckt hätte. Taka ist also immer zeitlos geblieben und fühlt sich ein wenig so an wie der sehnlich herbeigewünschte Urlaub von sich selbst im Süden – nur in Kurzform und mitten am Kotti, zwischen all dem Müll und der ganzen verdammten Hektik dieser aufgebrachten Stadt. Social Media wird hier ebenfalls nicht betrieben. Ebenso jegliche Form von Werbung. Eine Homepage ist beim besten Willen nicht auffindbar. Macht mir aber alles überhaupt nichts aus, eher im Gegenteil, denn das lenkt ohnehin zu sehr vom Essen ab, und genau dieses ist, ich muss es in aller Deutlichkeit sagen, mein absoluter Geheimtipp in Berlin. Also auf in die Fischvöllerei, Freunde!
Der Ort:
Das Kottbusser Tor übt eine eigene Anziehungskraft auf Leute wie mich aus. Ein südlicher Charme umgibt das großflächige Betongewölle, das ständig schreiende Menschen und berstendes Glas ausspuckt. Gelockerte Stimmung, sagen die einen. Laute Sprache und viel Gestik, denke ich, und spüre deutlich wie weit ich meinen Begriff von “Romantik” in den letzten Jahren gedehnt habe. Die Location erinnert an ein zerrissenes Kunstwerk, nur etwas brutalistischer und mit mehr Zerstörung. Die Poeten hier dichten über Schnaps oder singen für einen Euro. Die Wärme hält sich in der Häuserschlucht zwischen den Betonklötzen bis spät Abends. So kann man herrlich in kurzen Hosen an den Holztischen sitzen, die weißen Speckwaden in der hineinbrechenden Dunkelheit leuchten lassen und das Essen schmatzend in sich aufnehmen, während einen die leblosen Fischaugen beim Verzehr verliebt beobachten. Ich zwinkere dann zurück, nehme noch einen Schluck Cola und stelle mir vor, wie meine Plastik-Flip-Flops am heißen Asphalt festschmelzen und ich für immer dort sitzen bleiben muss und salzige Sardinen in mich hineinstopfen kann.
Der Fischgrill ist definitiv einer der schönsten Läden Berlins, denn er gibt sich keinerlei Mühe irgendwem in einer Stadt zu gefallen, in der sich Trends ohnehin zwei Mal in der Woche ändern. Man beschränkt sich hier auf funktionale Elemente wie stabile Tische, tragfähige Stühle und gut erreichbare Mülleimer und steckt seine Energie und Leidenschaft lieber in die gegrillten Sardinen, die saftige Doraden oder das süße Helva, das einem beim ersten Bissen die Pupillen merklich weitet.
Das Gericht:
Teller oder Sandwich, lautet hier die Frage. Ein Sandwich empfiehlt sich für den normalen Hunger oder als kleines Mittagsmahl. Die Teller füllen hingehen problemlos zwei Mägen, kommen mit einem kindsgroßen Brotkorb und können gut geteilt und mit einem süßen Milchreis kombiniert werden. Entscheiden muss man sich nur zwischen den Meereskollegen, die einem dort serviert werden. Taka bietet Garnelen, Wolfsbarsch, Bastardmakrele, Lachs, Dorade, Forelle oder Sardinen. Dazu eine Lachssuppe. Als Nachricht kann man Helva oder den besagten Milchreis wählen.
Die Tellergerichte sind eine wahre Offenbarung und kommen ohne Geschmacksverstärker und unnötiges Pipapo aus. Hier setzt man auf die grenzenlose Geilheit der einzelnen Zutaten. Ein gutes Olivenöl und davon reichlich, frischer und scharfer Rucolasalat, Zwiebeln, ungewöhnlich leckere Tomaten, reife Zitronen zum Selberauspressen, Pfeffer und Salz. Dazu Berge von knusprigem Brot und ein gut mit Softdrinks gefüllter Kühlschrank zur Selbstbedienung. Taka lässt keinen Wunsch offen.
Tipps:
Tut euch den Gefallen und bestellt unbedingt die Sardinen. Diese ölig, salzigen Fischkumpels sorgen nicht nur für schlechte Haut und miesen Atem, sondern auch für einen tierischen Nachdurst und ein langanhaltendes, allumfassendes Glücksgefühl.
Wer clever ist, kauft sich vorher am Späti eine kleine Flasche Roten mit Schraubverschluss und leert sie als Vorspiel mit Blick auf das Verkehrschaos in zwei bis drei Zügen, um dann histamingeschwängert mit Suffhunger die salzigen Köstlichkeiten des Meeres besser genießen zu können.
Preis:
Sardinenteller 7 Euro. Die anderen Fischteller ab 10 Ocken. Nachtische 2,50 Euro. Getränke. Sandwichs bekommt man ab 3,50 Euro aufwärts.
Taka Fischgrill Stube
Adalbertstraße 97
10999 Berlin Kreuzberg