Die Crowdfunding- und Entertainment-Plattform Kickstarter ist seit dem 28. Mai auch in Deutschland am Start und bereichert unser Leben mit mehr oder weniger fantastischen Kreativideen aus der nationalen Gedankenschmiede. Als erstes Beispiel für lebensrettende, marktumwälzende Must-Haves gibt es gleich ein unverzichtbares Musterprodukt zu finanzieren, auf das alle Männer gewartet haben. Nun, zumindest Elektrosensitive und Menschen, die schon längst wissen, warum die Geburtenrate in Deutschland so niedrig ist: Die Strahlung unserer Mobiltelefone ist natürlich schuld, die die Spermien in den Hoden gnadenlos eliminiert.
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Doch Rettung naht: Mit den Kronjuwelen-Boxershorts hat „die Angst vor Handystrahlen” (Produktwebsite) endlich eine Ende: Sie besteht aus einem silberbeschichteten Gewebe, die „das wichtigste Gut eines Mannes schützen: seine Fruchtbarkeit”. Den angemessen engagierten Hashtag zu dieser durchaus ernstgemeinten Idee gibt es auch schon: #saveyourballs—rette deine Eier.
Ob die Strahlung aus Mobiltelefonen in der Hosentasche überhaupt deine Zeugungsfähigkeit beeinträchtigt, ist bisher nicht bewiesen. Hinlänglich bewiesen ist jedoch, dass sich mit diffuser Angst gutes Geld machen lässt. Das wissen wir nicht erst seit der Gründung des Kopp-Verlags oder der Erfindung des antibakteriellen Wischtuchs.
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Auf Kickstarter Deutschland bittet ein Quartett aus deutschen Business-Studenten mit Firmensitz in Düsseldorf nun mit Zahnpastalächeln um 25.000 Euro, die zur Produktion des ersten Schwungs Boxershorts reichen und die klaffende Marktlücke der extrasicheren Unterhosen endgültig schließen sollen. Das Gewebe besteht aus einer nicht gerade atmungsaktiven Mischung aus 20% Silber, 60% Polyester und 20% Polyamid. Hergestellt werden die Boxershorts in einem kleinen Betrieb in Albstadt bei Stuttgart.
„Im Nachhinein hätten wir schon früher darüber nachdenken sollen.”
Als Beweis für die Funktionalität der High-Tech-Faser (Hier greift die Sehnsucht nach Sicherheit wieder—die Deutschen lieben Siegel und Zertifikate mindestens ebenso sehr wie Funktionsjacken!) trumpft das fesche Start-up mit einem Gutachten der Universität der Deutschen Bundeswehr auf. Das stellte angeblich fest, dass 98 Prozent aller Mobilfunkstrahlen dank dem Gewebe der Boxershorts nicht mehr bis zu deinen Genitalien vordringen können.
„Wir sind keine Radiologen, Physiker oder Krebsforscher und wir können das tatsächliche Risiko von Handystrahlungen ebenso wenig einschätzen wie jeder andere Handynutzer. Aber sich diesem Risiko täglich tatenlos aussetzen wollten wir auch nicht mehr. Inzwischen sind wir in einem Alter, in dem wir uns Gedanken um Familiengründung machen, so ist das Thema wieder in unseren Köpfen gelandet. Im Nachhinein hätten wir schon früher darüber nachdenken sollen”, philosophiert einer der vier Gründer in der zum Schlüpper gehörenden Pressemitteilung. Und die geschmackvolle Werbekampagne steht auch schon:
Wer sich für die Unterstützung der Kronjuwelen-Boxershorts entscheidet, darf sich diverser attraktiver Anreize sicher sein: Wie wäre es zu Beispiel mit einer dezenten Handyhülle, auf der quer der Schriftzug „Kronjuwelen” prangt?
Zielgruppe seien laut den aufstrebenden Unternehmern „junge Männer, die sich einerseits bewusst mit den Themen Gesundheit und Famlienplanung auseinandersetzen, andererseits modeinteressiert sind und gern stilvolle, modische sowie bequeme Boxershorts tragen”. (Ich habe mal kurz in der Redaktion herumgefragt, tatsächlich fand sich auf Anhieb niemand meiner Kollegen, der stillose und unbequeme Boxershorts bevorzugt. Das Produkt kann also nur gewinnen!)
Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die Early Movers der Sicherheitsunterwäschenwelt nicht nur eine einzelne Hose bestellen, sondern gleich ein ganzes Wochenset.