Die olympischen Spiele in Rio entwickeln sich—wie so viele kulturelle Veranstaltungen—immer mehr zu einem Vorwand, um gesellschaftliche und politische Probleme anzuprangern und patriotische Klischees hervorzuholen. Mal wieder. Es mag viele Journalisten geben, die fast schon dankbar sind, mit einem aktuellen Aufhänger über Altbekanntes zu reden. So etwas wie Sexismus, gesundheitliche Missstände, Sicherheitspolitik und dem düsteren Damals. Wenn sich auch sonst kaum einer für die olympischen Spiele begeistern kann, funktioniert Olympia ziemlich gut als Aufhänger für Themen, an denen man sich offenbar gar nicht satt diskutieren kann.
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Noch viel schwieriger als der Logikfehler in der Medaillenrechnung ist der Umstand, dass die angebliche Stärke und Vielfältigkeit, die man hier in goldener, silbener und bronzener Form der Europäischen Union zuweist, als EU-Gedanke sonst eigentlich nirgends existiert. Das zeigt der Brexit genauso wie die hunderte Kilometer lange Grenzzäune, die man in Ungarn, Kroatien, Serbien, Marokko und Bulgarien aufgestellt hat. Dem gegenüber steht die deutsche Kanzlerin, die viele als beschwichtigend wahrnehmen, wenn sie von einer Bewährungsprobe redet.Wäre die EU wirklich als ein gemeinsames Team bei Olympia statt wie aktuell mit 28 einzelnen, würde das wohl die nächste Bewährungsprobe für die Union bedeuten: Immerhin dürfte es den gemeinen Durchschnittsnationalisten wenig begeistern, wenn "sein" Land plötzlich mit gar keinem Athleten mehr vertreten wäre. Immerhin liegt Österreich aktuell auf Platz 71 im Medaillenspiegel. Ein EU-Team würde sich vermutlich nur aus Athleten der besten EU-Nationen zusammensetzen, was aktuell (noch) Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande und Ungarn sind. Das neue Europamotto würde dann lauten: In Leistung statt in Vielfalt geeint, oder so ähnlich.Aber viel schlimmer als der logische Denkfehler der SPD ist die fatale Schlussfolgerung, sportliche Leistungen mit politischen gleichzusetzen. Da helfen keine gut gemeinten Grafiken, die sportliche Erfolge als Symbol für die Stärke eines Staatenbundes zeigen wollen. Alleine schon, weil man als Europäische Union auch die europäischen Werte vertreten müsste und die sind ja in gewissen Ländern momentan zumindest in Sachen Versammlungs- und Asylrecht eher eingeschränkt. Sport und besonders sportliche Wettbewerbsleistungen sind eben kein Messinstrument, um zu zeigen, wie erfolgreich eine gemeinsame Politik wäre.Das neue Europamotto würde dann lauten: In Leistung statt in Vielfalt geeint, oder so ähnlich.