Der Künstlername Tornado Wallace klingt im Zusammenhang mit dem aus Melbourne stammenden Berliner DJ und Produzenten Lewie Day vielleicht etwas ironisch. Wenn du dich durch seine Diskografie arbeitest—etliche EPs für Labels wie ESP Institute und Music From Memory—bekommst du eine Bandbreite an dezenten, ruhigen Nummern zu hören, die an- und abschwellen und gelegentlich von härteren Electro-Klängen durchzogen sind. Zu Beginn seiner Karriere drifteten seine Produktionen regelmäßig in Disco House ab. Wäre ein Name, der sich um etwas sanftere Wetterphänomene dreht, also nicht passender? Wie Wasserfälle oder Wolken?
Schau dir seine Arbeit jedoch genauer an und du wirst du sehen, dass sich der Name auf seinen alljährlichen, sintflutartigen Output an Platten mittels einer ganzen Reihe an Underground-Labels bezieht. Und durch seinen prall gefüllten Terminkalender mit DJ-Sets in Clubs oder bei Festivals hat Lewie für ebenso viel Aufruhr gesorgt, wie das Phänomen nach dem er sich benannt hat. Jetzt veröffentlicht er endlich sein Debütalbum Lonely Planet auf Gerd Jansons angesehenem Label Running Back.
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Hinter dem Cover mit Dschungel-Thematik verbergen sich sieben Tracks, die die vielen Klangfarben der Natur ansprechen. Es gibt verspielte Balearen-Klänge, Abschnitte von Ambient, die mit dem Gesang von Vögeln durchsetzt sind, und etwas scharfkantigere analoge Experimente, die auf einem aufgeschlossenen Dancefloor sicherlich für Aufsehen sorgen dürften.
Es ist ein Album, das nur darauf wartet, ebenso deine Gedanken wie die nervenaufreibende Geschäftigkeit der Großstadt zu beruhigen. Wir haben nicht nur die ganze LP im Stream für dich, darunter findest du auch noch ein kurzes Interview mit Tornado Wallace über das neue Album, seine regelmäßige Pendelei zwischen Berlin und Melbourne sowie die Szene in Australien.
THUMP: Lewie, Kannst du deine regelmäßigen Ortswechsel zwischen Melbourne und Berlin beschreiben? Was hat dich dazu bewegt umzuziehen?
Tornado Wallace: Ich bin nach Berlin gezogen, um meinen Lebensstil zu verändern und mich ein wenig aus meiner Komfortzone zu bewegen. Die Dinge in Melbourne waren zu gut, also dachte ich, dass ich es mir etwas schwerer mache, indem ich ins Zentrum Europas ziehe. Meine jährlichen Fluchten nach Melbourne für ein paar Monate des australischen Sommers bestehen daraus, Shows zu spielen, mich mit Freunden und Familie auf den neuesten Stand zu bringen, ein wenig Sonne zu bekommen und aus dem—manchmal verzweifelten—Versuch, mich zu beschäftigen.
Im Moment gibt es eine Menge tolle Musik aus Melbourne und Australien allgemein, aber auch viele Schwierigkeiten innerhalb der Clubszene. Was denkst du, wie kann die Szene trotz diesen Umständen weiter florieren und wachsen?
Die Szene in Melbourne ist wirklich stark und—für das, was mich interessiert—zur Zeit eine der besten der Welt. Solange die jüngeren Generationen weiter auf den Underground schauen ist die Zukunft für Partys in sicheren Händen, denke ich. In Perth sind wirklich einige tolle Dinge passiert und Canberra hat sich auch gemacht. Die Unterdrückungen der Szene seitens der Regierung in Sydney haben sicherlich einen Effekt, aber Musik und der Underground sind ein immer fließender Strom und wenn in eine Strömung ein Felsbrocken geworfen wird, dann entsteht daneben eine Stromschnelle.
Du hast das Album sowohl in Melbourne als auch in Berlin aufgenommen. Wie haben die beiden Städte die LP beeinflusst?
Ich denke, die Musik, die ich in Melbourne mache, ist generell das Ergebnis davon, mit Musikequipment zu jammen und zu experimentieren. In Berlin hingegen gehe ich für gewöhnlich in Plattenläden und suche nach merkwürdigen Samples/Ideen, um die ich versuche, einen Track zu bauen. In dieser Hinsicht sind in Berlin die Plattenläden recht maßgebend und in Melbourne haben meine alten Synthesizer/Drumcomputer/Effekte in meinem Studio einen großen Einfluss. Abgesehen davon ist der Ort kein großer Faktor für die Musik. Ich reise in meinem Kopf, nicht mit meinem Pass.
Dem Albumcover und einigen der Tracknamen nach zu urteilen scheint die LP sich ein wenig um die Natur zu drehen. Gibt es irgendeine zugrundeliegende Erzählung, die du ein wenig für uns erläutern kannst?
Ich will dem Hörer nicht zu sehr meine eigene Erzählung aufzwängen, aber ich denke, es ist nützlich, die Musik mit etwas vager Bildsprache zu kontextualisieren. Ich lasse das Artwork und die Musik also für sich selbst und einander sprechen und hoffe, dass Leute sich in einem ähnlichen Trip verlieren.
Was kommt für dich als Nächstes?
Ich habe noch einen Monat “Sommerferien” in Melbourne vor mir, ich spiele bei einigen coolen Sachen hier und dort in der Stadt, bevor ich zurück nach Hause nach Berlin reise und schaue, was 2017 alles Verrücktes für mich bereithält.
Tornado Wallace Lonely Planet kannst du bei HHV und aufBandcamp bestellen.