Wucher ist etwas, das wir Menschen gerne unterstellen. Dem Besitzer unserer Lieblingskneipe, wenn er den Bierpreis anzieht, dem Tengelmann an der Ecke, seit er zu Rewe geworden ist, und ganz generell: der Bahn, auf jeden Fall immer der Bahn. Juristisch gesehen ist das aber nicht ganz korrekt. Denn natürlich gibt es eine genaue Definition davon, wann man von Wucher spricht. Und zwar: wenn ein Angebot einer Leistung zu einer deutlich überhöhten Gegenleistung unter Ausnutzung einer Schwächesituation des Vertragspartners vereinbart wird.
Genau deswegen steht in Hamburg jetzt ein Klempner vor Gericht. Dass die Rechnungen mancher Handwerker wild zusammenfantasiert werden, erscheint einem ja immer mal wieder so. Ayran M., der Hamburger Klempner, hat es damit aber wohl übertrieben. Weil er für 45 Minuten Arbeit knapp 1.000 Euro in Rechnung stellte, steht jetzt ein Strafbefehl über 1.800 Euro gegen ihn. Und die Sache ist noch nicht vorbei.
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Angefangen hat sie an einem Samstagabend im Badezimmer von Denise P. Es blubberte in der Dusche und im Klo, plötzlich quoll aus allen Abflüssen das Abwasser. Dem Hamburger Abendblatt sagt Denise, sie habe “bis zu den Knien” drin gestanden. Wenn es eine Schwächesituation des Vertragspartners gibt, dann wohl: in der eigenen Wohnung bis zu den Knien in der Scheiße zu stehen. Ihr Hausmeister war um 22 Uhr nicht mehr zu erreichen und am Wochenende ist die Auswahl an Klempnern ziemlich limitiert. Denise entschied sich für einen Notdienst, der im Internet mit seinen Preisen ab 49 Euro warb.
Die beiden Männer, die kurz darauf in ihr überflutetes Badezimmer traten, hätten ihr einfach einen Haufen Kleinpreise genannt, sagt Denise dem Abendblatt. Dann zerlegten sie ihre Toilette, reinigten das Rohr und überreichten ihr nach 45 Minuten eine Rechnung über 991,32 Euro. Das ist dann wohl gemeint, wenn von einer deutlich überhöhten Gegenleistung die Rede ist. Unter anderem sollen sich auf ihrer Rechnung die Posten “8 x Arbeitspauschale”, “13 x Spiralen je m (Meter)” und “Maschineneinsatz” befunden haben.
Für Denise war das alles ziemlich unangenehm. 1.000 Euro hatte sie nicht parat, im Nebenzimmer schlief ihre kleine Tochter und zu allem Überfluss wurden die Klempner jetzt auch noch ungemütlich. “Sie drohten mir, dass sie die Polizei rufen, wenn ich nicht bleche”, erzählte Denise. Am Ende zahlte sie demnach 500 Euro per EC-Karte, den Rest übernahm ihr Bruder. Die Klempner packten daraufhin ein und brausten davon. Laut Denise in einem “teuren, schwarzen Mercedes”. Wenige Stunden später lief ihr Klo bereits wieder über.
Die 1.000 Euro bekam sie von der Hausverwaltung zurück, nachdem diese etwas seriösere Handwerker vorbeigeschickt hatte. Denise erstatte aber trotzdem Anzeige gegen Ayran M. Wegen Wuchers verurteilte ihn ein Hamburger Amtsgericht zu einer Strafe von 1.800 Euro. Dagegen legte er zwar Einspruch ein, das aber erfolglos, weil er zur Verhandlung nicht erschien.