Popkultur

“Unglaublich schlecht”—Warum hassen eigentlich alle den Metallica-Drummer?

In der Popularitätshierarchie einer herkömmlichen Rockband steht der Drummer zwar unter dem Sänger und Gitarristen, aber immerhin noch über dem Basser. Umso erstaunlicher, was der Drummer von Metallica geschafft hat: Denkst du an die Thrash-Legenden, kommt dir nicht zuerst Frontman James Hetfield in den Sinn, sondern der zornig funkelnde Lars Ulrich. Und wenn man dem Internet glauben darf, rührt seine Bekanntheit vor allem aus seiner Unfähigkeit. Eine Sache, die Slipknot-Ex-Drummer Joey Jordison—seines Zeichens einer der besten Drummer der Welt—so nicht stehenlassen konnte.

Für Teamrock sollte er seine persönlichen zehn besten Drummer aller Zeiten nennen. Neben Slayers Dave Lombardo und Mayhems Hellhammer war darunter eben auch Lars Ulrich: “Viele Leute machen ihn fertig, aber sie sollten ihr verdammtes Maul halten. Lars Ulrich ist wahrscheinlich einer der besten und innovativsten Drummer aller Zeiten.” Ein übermenschliches Lob an jemanden, der von Mogwai-Gitarrist Burns als “unglaublich schlecht” bezeichnet wurde.

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Ist Lars Ulrich ein guter Schlagzeuger?

Auf YouTube gibt es zahlreiche Videos über peinliche Aussetzer des Weltdrummers. Besonders schmerzhaft ein Clip, in dem er bei einem Fantreffen “Dyers Eve” spielen will, mehrmals verkackt und schließlich ein Fan übernimmt, um es tadellos zu spielen—und Ulrich im Hintergrund überdreht dazu abgeht. Die Beweislage scheint beim rumskippen zwischen den Videos erdrückend. Selbst in ihrer Band-Doku Some Kind Of Monster gibt es den unangenehmen Moment, in der die Gitarristen Hetfield und Hammett ein Riff spielen und Ulrich vergeblich versucht, dazu etwas Passendes zu spielen. Er entscheidet sich schließlich für einen Beat, über den Hetfield später sagt: “Eigentlich bin ich gewohnt, dass der Drummer den Beat vorgibt—dass er alles zusammenhält.”

Warum Jordison trotzdem so viel von ihm hält? Wahrscheinlich, weil er zu einer Zeit extremen Metal betrommelt hat, als es dafür noch gar keine festen Formeln gab. Also spielte er einfach, was er fühlte und schuf so seinen einzigartigen Style, den heute viele als simple Anfängerscheiße abtun. Nimm zum Beispiel den Anfangsbeat von “The God That Failed”—jeder Drummer kann das leicht nachspielen, trotzdem reicht es schon, den Beat isoliert zu hören, um zu wissen, welcher Song das ist.

Jordison hat also verdammt recht, wenn er die Innovationen preist, die Ulrich dem Metal vermacht hat. Das Problem ist eher, dass sich Ulrich seitdem nie wirklich weiterentwickelt hat und heutzutage im Vergleich mit jüngeren Schlagzeugern (wie eben Jordison) alt aussieht—buchstäblich.

Die Sache mit Napster

Wie immer im Internet geht es weniger um die tatsächliche Qualität einer Sache, sondern um etwas ganz anderes. Im Falle von Lars Ulrich wird ihm immer noch sein Umgang mit Napster vorgehalten. Er, der Multimillionär, der in der Monster-Doku damit prahlt, überteuerte Gemälde zu sammeln, wurde Anfang des Milleniums die Gallionsfigur des Kampfes “Musiker gegen Tauschbörsen”. Denn als auf Napster alle bis dato veröffentlichten und sogar ein bisher unveröffentlichter Metallica-Song auftauchten, tat Ulrich alles, um die volle Kontrolle über die Songs wieder zu erlangen. Er sagte vor Gericht aus, Napster verlor und 335.000 User, die sich Metallicas Musik runtergeladen hatten, wurden von der Website verbannt.

In der Rückschau ist der Hass, der Ulrich von da an entgegenschlägt, schwer nachzuvollziehen. Seitdem haben sich längst alle Musiker und Plattenfirmen mit dem Internet arrangiert und kostenpflichtige Downloads etablierten sich. Heute kannst du alle Metallica-Songs legal streamen oder eben kaufen. Doch damals begannen die goldenen Zeiten des illegalen Musikdownloadens und die Band weigerte sich eben, sich dem kampflos hinzugeben. Ihre Fans mussten einsehen, dass die Songs zwar immer ihren rebellischen Charakter behalten würden, die Menschen dahinter aber am Ende auch Geschäftsmänner geworden waren. Vor allem Lars Ulrich.

Ist der Hass berechtigt?

Bei Metallica ging es nie darum, eine technisch äußerst versierte Band zu sein. Das weiß jeder, der anfängt Gitarre zu spielen und schon bald die Grundriffs von “Nothing Else matters” oder “Enter Sandman” vor sich hin dudelt. Nein, bei Metallica ging es um die Haltung, um das Gefühl, Aggressionen in Musik zu verpacken und jeden Hörer sofort mit galoppierendem Thrash mitzureißen. Wenn jemand dafür geeignet war, dir genau das ins Hirn zu prügeln und zu verkörpern, dann Lars Ulrich.