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Im Laufe des vergangenen Jahres hat man mich unzählige Male gefragt, ob ich nicht diese eine Frau sei, “die keine Schwänze lutscht”—egal ob nun bei Partys, im Club an der Bar oder bei Tinder. Das Ganze ist jedoch keine wirkliche Überraschung, denn ich habe im Internet ja auch öffentlich zugegeben, dass ich keine Blowjobs gebe. Ich ging jedoch garantiert nicht davon aus, damit so viel Staub aufzuwirbeln.
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Mit meiner Annahme lag ich falsch. In besagtem Artikel schrieb ich darüber, wie ich die Nase voll davon habe, dass Männer immer erwarten, dass man sie oral befriedigt, ohne den Gefallen zu erwidern. Wenn Männer davon ausgehen, bei einem zwanglosen Sexabenteuer auch ohne Gegenleistung immer zum Orgasmus zu kommen, dann eigne ich mir diese Einstellung halt ebenfalls an.
Zwar gefällt es mir gar nicht, dass man mich für alle Ewigkeiten mit Blowjobs (oder dem Nichtvorhandensein davon) assoziiert, aber ich bin dennoch froh, eine wirkliche Diskussion zum Thema “Unfairness beim heterosexuellen Liebesspiel” angestoßen zu haben. Das Schreiben meines Artikels war für mich außerdem wie eine Art Therapie. Ich bin jetzt nicht mehr so wütend wie damals und habe ein viel besseres Selbstbild sowie eine bessere sexuelle Herangehensweise. Und obwohl es schon etwas komisch ist, wenn mich meine Tinder-Matches als die Keine-Blowjobs-Frau erkennen, hat das Ganze trotzdem einen Vorteil: Sie wissen direkt, wie ich über dieses Thema denke, und müssen mit mir dann irgendwie auf einen gemeinsamen Nenner kommen.
Jetzt kommt allerdings der Plot-Twist. Seit meinem berüchtigten Artikel habe ich tatsächlich Blowjobs gegeben. Liebe Hater, seht das jetzt aber bitte nicht als eine Art Triumph an. Ich habe mir nämlich auf die gleiche Art und Weise geschworen, nie wieder einen Penis in den Mund zu nehmen, wie man sich auch schwört, nie wieder ein komplettes Riesensandwich auf einmal zu essen. Ich meine, irgendwo tief in mir drin wusste ich natürlich, dass es irgendwann wieder passieren würde. Und so blase ich heutzutage nur dann, wenn sich mein Sexpartner ebenfalls die Zeit nimmt, mich oral zu befriedigen, mich dabei zum Höhepunkt zu bringen und allgemein meine sexuellen Bedürfnisse zu respektieren. In anderen Worten: Ich gebe dann Blowjobs, wenn sie verdient sind. Das Problem bei dieser Angelegenheit ist nur, dass dieser eben beschriebene Fall eben selten eintritt.
Wenn ich mich aufgrund eines Manns wie ein Weeknd-Lied fühle, dann werde ich auch nicht seinen Schwanz lutschen. Wenn mir ein Mann nicht zurückschreibt, dann hat er meinen Mund um seinen Penis nicht verdient. Wenn mich ein Mann jedoch wie eine Frau behandelt, deren Bedürfnisse er respektiert und die er oral befriedigt, dann überlege auch ich mir, ihm einen zu blasen. Diese Situation überhaupt zu erreichen, ist jedoch schon immer ein richtiger Kampf gewesen.
Zwar genieße ich auch den eigentlichen Geschlechtsverkehr, aber egal wie lang, gebogen und dick ein Schwanz auch sein mag, zum Orgasmus komme ich dabei nicht. Und das gilt auch für viele andere Frauen. Klitoris-Stimulation oder Reinfall. Und deshalb existiert bei mir folgendes Dilemma: Wenn ich mit einem Typen ins Bett steige und ihm dabei keinen Blowjob gebe, dann kann er trotzdem kommen. Wenn wir jedoch miteinander schlafen und er mich dabei nicht leckt, dann sieht das bei mir leider ganz anders aus.
Ein paar Monate bevor ich den ersten Artikel schrieb, hatte ich etwas mit einem Typen, der sich weigerte, mich oral zu befriedigen—selbst als ich ihn explizit darum bat. Seine Ausrede? Das macht er nur, wenn er sich in einer festen Beziehung befindet. Gleichzeitig ließ er aber auch unmissverständlich durchblicken, dass er von mir erwartete, ihm einen Blowjob zu geben. Entweder war er sich dieser offensichtlichen Doppelmoral nicht bewusst oder sie ging ihm am Arsch vorbei.
Seitdem habe ich gelernt, auch mal für mich selbst einzustehen. Vor Kurzem habe ich mich zum Beispiel mit einem alten Bekannten getroffen, der mal wieder in der Stadt war. Nachdem wir etwas geschmust hatten, fragte er mich, ob ich ein Kondom dabei hätte. Daraufhin meinte ich, dass er mich doch zuerst oral befriedigen solle. Seine Antwort: “Das mache ich dann nach dem Sex.” Diesen Satz habe ich schon des Öfteren gehört und fast immer ist der Typ nach dem Bumsen dann plötzlich “zu müde”, um sich noch dem Cunnilingus zu widmen. Deshalb sagte ich zu meinem Bekannten auch, dass es besser wäre, wenn er sofort damit anfangen würde. Das kommt ja schließlich auch dem richtigen Sex zugute. Er verneinte. Ich verließ die Wohnung.
Broadly: Diese Männer haben uns ganz genau erklärt, was sie gegen Oralsex haben
Es ist jetzt lange genug OK gewesen, Cunnilingus einfach auszublenden. Ich höre ständig irgendwelche Männer sagen, dass sie keine Lust darauf haben. Wenn sich eine Frau jedoch dazu entscheidet, in Bezug auf Blowjobs die gleiche Einstellung an den Tag zu legen, dann fasst man das direkt als total kontrovers auf. Wenn ich also wirklich zur Cunnilingus-Fürsprecherin Nummer 1 avancieren muss, um ein Umdenken anzustoßen, dann los.
Natürlich ist mir auch bewusst, dass es vielleicht schon ein wenig extrem ist, Blowjobs komplett zu verweigern. Deshalb habe ich meine selbst auferlegte Vorgabe ja auch missachtet. Nach über einem Jahr nahm ich mal wieder einen Schwanz in den Mund—und zwar von einem Typen, für den ich tatsächlich etwas empfand und der mich vorher wirklich vorzüglich oral befriedigt hatte. Wir waren zwar nicht zusammen, aber es ging schon in die Richtung. Deshalb zeigte er mir gegenüber wohl auch den Respekt und die Aufmerksamkeit, die ich mir von meinen Partnern wünsche. Ihm einen zu blasen, fühlte sich zudem anders an als die vorherigen, eher widerwilligen Blowjobs. Mir gefiel es, ihn zu befriedigen, denn ich wusste ja auch, wie sehr es ihm gefallen hatte, mich zu befriedigen.
Blowjobs sind kein Recht, sondern ein Privileg. Wenn Männer endlich mal checken, was nötig ist, um es einer Frau wirklich zu besorgen, dann werde ich auch wieder ohne Murren Penisse in den Mund nehmen. Bis dahin bleibe ich jedoch beharrlich.