Warum Männer beim Besteigen des Everest einen Steifen bekommen

Mount Everest mit Auberginen-Emojis

Offenbar gibt es Männer, die im Flugzeug einen Ständer bekommen – und das liegt nicht an mangelnder Beinfreiheit und dadurch verursachten Durchblutungsstörungen. Schuld daran ist die Veränderung des Luftdrucks, die sich auf den Blutdruck auswirkt. Das Phänomen betrifft so viele, dass sich im Englischen der Begriff “Airplane Boner” etabliert hat.

Aber auch Bergsteiger sind davon betroffen. Vor allem, wenn sie besonders hohe Berge besteigen wie den Mount Everest.

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Weil ich anfangs etwas skeptisch war, ich hatte meine Informationen größtenteils von Reddit, habe ich einen Experten gefragt: Dr. Domenic Roscioli, ein Arzt, der gleichzeitig mein Vater ist. Es folgte eine latent unangenehme Unterhaltung, in der mir mein Vater erklärt hat, dass der Blutdruck in großen Höhen ansteigen kann, weil die Luft dort dünner ist. Und das könne “ernsthafte Erschöpfung, Atemnot, Orientierungslosigkeit, Herzklopfen und … ja … Erektionen” verursachen.

Faszinierend! Ich musste unbedingt mit jemandem sprechen, der das am eigenen Leib erfahren hat. Und so habe ich Srinath Varma, 26, gefunden, einen passionierten Bergsteiger, der sich schon zweimal am Everest versucht hat.

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Foto mit freundlicher Genehmigung von Srinath Varma

VICE: Welche Erfahrungen hast du mit dem Mount Everest?
Srinath Varma: Ich habe zweimal den Aufstieg versucht und es bis zu Camp 3 geschafft, das sich auf etwa 8.000 Metern befindet. [Anm. d. Red.: Camp 3 befindet sich auf 7.200 Metern, Camp 4 auf 8.000 Metern] Leider musste ich dort abbrechen, weil ich unter einem Höhenhirnödem litt. Das ist ein Teil der Höhenkrankheit. Ich hatte ein ganzes Jahr für den Aufstieg trainiert, aber mein Körper hatte nicht genug Zeit, sich an die extremen Bedingungen zu gewöhnen.

Was passiert bei einem Höhenhirnödem?
Es hat meinen Blutkreislauf verlangsamt, weswegen mein Herz wie verrückt geschlagen hat. Mein Kopf hat verrückt gespielt. Es ist ein sehr komisches Gefühl. Dein Gehirn bekommt nicht genug Blut, deine Lungen nicht genug Sauerstoff und du kannst nicht mehr richtig denken. Du hast das Gefühl, alles Wissen verloren zu haben. Du beginnst zu vergessen, wie dein Körper funktioniert. Es ist gruselig!

Hast du auch eine Erektion bekommen?
Ja, das ist mir passiert, kurz nachdem ich die 4.500-Meter-Marke passiert hatte. Aber ich glaube, es hat auch etwas mit der Bergsteigerfahrung zu tun. Wahrscheinlich ist es bei allen etwas anders. Ich persönlich habe die Ständer immer nur morgens bekommen.

Wie war dein erster Everest-Ständer?
Ich war überhaupt nicht darauf vorbereitet. Ich hatte noch nie davon gehört. Als ich aufgewacht bin, habe ich den Sherpa gefragt, was los sei. Er hat mir erklärt, dass es mit der Höhe und dem Blutdruck zu tun hat. Es ist anscheinend relativ üblich.


VICE-Video: Auf der Jagd nach natürlichen Highs in den Bergen Japans


Warum ist dir das nur morgens passiert?
Durch die ungewohnte Umgebung funktioniert dein Körper im Schlaf nicht normal. Deine Temperatur ist nicht stabil und dein Blutdruck erhöht. Es ist also ziemlich normal, mit einem Ständer aufzuwachen.

Ist es auch den anderen Leuten in der Gruppe passiert?
Ist es. Aber ich habe sie nicht darauf angesprochen.

Warum nicht?
Die hatten wahrscheinlich selbst keine Ahnung, was mit ihnen passiert. Und ich bin davon ausgegangen, dass es ihnen peinlich ist. Es ist nichts, was du extra ansprechen musst. Die Ständer waren einfach da, für alle in der bitteren Kälte deutlich zu sehen.

Hat der Ständer beim Bergsteigen gestört?
Nein, ich glaube, er hat keinen großen Unterschied gemacht. Aber man konnte ihn offensichtlich schwer verstecken. Wenn du dir zu viele Gedanken darüber machen würdest, könnte er schon stören. Aufgrund des Sauerstoffmangels hat mein Kopf eh schon verrückt gespielt. Es wäre also nicht förderlich gewesen, wenn ich mir noch um mein Äußeres Sorgen gemacht hätte.

Der Ständer hat dich also gar nicht beeinflusst?
Es war jetzt nicht gerade bequem. Ich habe enge Kleidung getragen und es war mindestens -20 Grad kalt. Ein Ständer ist aber nicht ansatzweise das Schwerste an einer Everest-Besteigung. Ich habe also einfach durchhalten, bis er wieder wegging.

Wie lang hat das denn gedauert?
Etwa zwei Stunden pro Tag. Ich musste einfach sehr viel Wasser trinken, um den Blutkreislauf anzukurbeln, und meinen Körper warm und in Bewegung halten. Es ist eine Frage der Geduld.

Ich frage mich, ob es Menschen eher anspornen oder abschrecken würde, wenn sie wüssten, dass sie auf dem Everest einen Ständer bekommen.
Das kommt wahrscheinlich auf den Typ an. Die Angst vor dem Tod am Everest ist auf jeden Fall wichtiger als die vor einem möglichen Ständer.

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