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Nein, wir haben noch immer keine Beweise, wer hinter der Bitcoin-Gründung steckt

Als der australische Unternehmer Craig Wright vergangenes Jahr von Redditor zum legendären Bitcoin-Erfinder hinter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto erklärt wurde, blieb ein Großteil der Internetgemeinde angesichts der präsentierten „Beweise” skeptisch. Sie waren entweder zu nebensächlich, um glaubwürdig zu sein, oder höchstwahrscheinlich frei erfunden.

Jetzt ist Wright höchstpersönlich auf der Bildfläche erschienen und möchte uns selbst endgültig beweisen, dass er Satoshi ist. Doch seit vergangenem Jahr hat sich—auch trotz neuer Indizien—nicht viel geändert: Wright hat bisher immer noch nicht den letzten Beweis erbracht, der zweifellos bestätigen würde, dass er Satoshi Nakamoto ist.

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In aktuellen Berichten des The Economist und der BBC werden Wrights vermeintliche Belege abgedruckt: Eine kryptographische Signatur, die mit dem PGP-Schlüssel verbunden ist, der wiederum eine Bitcoin-Adresse kontrolliert, die zu „Block Neun” gehört—dem neunten Block aller Bitcoin-Daten, die je auf die Blockchain hochgeladen wurden. Laut den Berichten behauptete Wright zudem, auch „Block Eins” zu besitzen, den allerersten Daten-Block, der jemals von den Nutzern im Bitcoin-Netzwerk erstellt wurde.

Die von Wright gelieferte Signatur stammt angeblich aus einem privaten Schlüssel, der Satoshi Nakamoto gehören soll. Diese veröffentlichte Wright also in seinem Blogpost, in dem er behauptete, Satoshi Nakamoto zu sein. Hier der Eintrag, um den es geht:

Zwar sieht der Schlüssel laut Experten echt aus, doch die Beweise von Wright sind nichtsdestotrotz wertlos. Es stellte sich nämlich ziemlich schnell heraus, dass Wright einfach nur eine alte Signatur aus einer bereits 2009 von Satoshi durchgeführten Bitcoin-Transaktion wiederverwendet hatte.

Der bekannte Sicherheitsexperte Dan Kaminsky schrieb in einem Post, der Wrights angeblichen Beweis entlarven sollte, dass die ganze Geschichte purer Betrug sei. „Satoshi hat 2009 eine Transaktion unterschrieben, und Wright hat diese eine Unterschrift einfach nur kopiert und versucht nun, sie uns als neu zu verkaufen”, fügte er auf Twitter hinzu. „Er lügt wie gedruckt.”

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Langjährige Bitcoin-Entwickler wiesen außerdem darauf hin, dass die Unterschrift aus einer öffentlichen Quelle rauskopiert worden sein könnte, und somit nicht beweist, dass Wright die zugehörigen Adressen kontrolliert.

„Genauso könnte ich daher kommen und behaupten, ich sei George Washington. Als Beweis würde ich euch eine Kopie der Verfassung vorlegen, und sagen schaut, hier ist doch Washingtons Unterschrift”, so der Bitcoin-Entwickler Peter Todd.

Todd fügte hinzu, dass ihn vor zwei Wochen jemand per E-Mail kontaktiert hatte, der behauptete, er sei Satoshi und der den gleichen Beweis vorbrachte wie nun Wright. Todd sagt, er habe die E-Mail ignoriert.

„Genauso könnte ich daher kommen und behaupten, ich sei George Washington. Als Beweis würde ich euch eine Kopie der Verfassung vorlegen, und sagen schaut, hier ist doch Washingtons Unterschrift”

Einer der Kernentwickler des Bitcoin-Teams, Jeff Garzik, stimmte zu, dass die von Wright gelieferten Beweise auf keinste Weise belegten, dass er Satoshi Nakamoto sei.

„Der jetzt vorgelegte kryptographische ‚Beweis’ hätte auch jede x-beliebige Person produziert haben können”, schrieb Garzik Motherboard per E-Mail. „Es war eine alte, schon unterzeichnete Nachricht.”

Doch manche sind von Wrights Geschichte überzeugt—insbesondere Gavin Andresen, der Bitcoin-Entwickler, der eng mit dem anonymen Erfinder zusammen gearbeitet hat. In einem Kommentar auf Reddit schrieb Andresen, er bestätige, dass Wright den zu Block Eins zugehörigen Schlüssel kontrolliere. Ebenso betonte Andresen, dass Wright ihn mit seiner Art sehr an den Nakamoto erinnere, mit dem er in der Anfangszeit von Bitcoin kommuniziert habe.

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„Während unseres Treffens erkannte ich in ihm den genialen, eigensinnigen, konzentrierten, großzügigen—und nach Privatsphäre suchenden—Charakter, der zu dem Satoshi passte, mit dem ich vor sechs Jahren zusammen gearbeitet habe”, schrieb Andresen in einem Blog Post. Interessanterweise wurde aber Andresens Commit-Zugang aufgrund seiner Kommentare mittlerweile deaktiviert.

Wrights Blogpost, in dem er behauptet, den Schlüssel zu Block Neun zu besitzen, ist vor allem eins: Eine technisch komplizierte Erklärung, ohne die eigenen Behauptungen von vornherein zu belegen. Tatsächlich gibt es einen viel einfacheren Weg, um zu beweisen, dass man Satoshi Nakamoto ist, doch mehr dazu später.

„Er lügt wie gedruckt.”

Laut einiger Skeptiker könnte Wrights komplizierte Erklärung auch einfach nur ein Ablenkungsmanöver sein, um die Öffentlichkeit irrezuführen.

„Wenn er Satoshi ist, dann geht er gerade einen ziemlichen Umweg, um das zu beweisen”, sagte Alan Woodward, ein Kryptographie-Experte am Informatik-Department der University of Surrey, gegenüber Motherboard.

„Er scheint damit fachfremde Journalisten ganz gezielt übers Ohr hauen zu wollen und die Anstrengungen informierter Technologen zu verlangsamen, die versuchen, seine Behauptungen zu widerlegen oder sie als Schwindel zu entlarven”, sagte Patrick McKenzie, CEO von Starfighters, die Wrights vermeintliche Unterschrift analysierte und dabei einige Unstimmigkeiten aufdeckte.

„Es ist geradezu klar—sogar noch klarer, als dass die Sonne morgen früh aufgehen wird—, dass die in Wrights Blogpost dargelegten Beweise keine Anhaltspunkte darüber liefern, dass er Satoshi ist”, schloß McKenzie.

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Was also könnte Wright tun, um ein für alle Mal zu beweisen, dass er Satoshi Nakamoto ist?

„Wright sollte direkt heute etwas neues unterzeichnen, um zu beweisen, dass er die PGP-Schlüssel besitzt”, schrieb Garzik in einer E-Mail an Motherboard.

Wir erinnern uns: Wright hat bereits versucht, zu beweisen, dass er die Schlüssel zu den Adressen kontrolliert, die zu Block Eins und Neun gehören. Er hat es jedoch bislang verpasst, seine Verbindung zu dem wichtigsten Bitcoinblock überhaupt zu beweisen: Block Null.

Block Eins ist nämlich nicht wirklich der erste Block von Bitcoin-Transaktionsdaten, der je geschaffen wurde. Er ist allerdings der erste Datenblock, der von jemandem aus dem Bitcoin-Netzwerk gemined wurde. Wer einen bestimmten Block minen darf ist eigentlich reine Glückssache und ein wenig Frage der Rechenleistung. Wenn Wright also in den allerersten Tagen Bitcoin-Mining betrieben hat, könnte er die Blöcke Eins und Neun rechtmäßig gemined haben—selbst wenn er nicht Satoshi ist.

Block Null aber, der auch als „Genesis-Block” bekannt ist, wurde zu 100 Prozent zweifellos von Satoshi Nakamoto geschaffen. Es war der allererste Block, und er wurde nicht öffentlich gemined. Er ist dauerhaft in Bitcoins Codebasis geschrieben und kann somit nicht zum Zahlen benutzt werden.

„Um es zu beweisen, würde es offensichtlich vollkommen ausreichen, eine Nachricht mit Block Null zu unterzeichnen.”

Falls Wright also immer noch die zu Blöcken Eins und Neun zugehörigen PGP-Schlüssel hat—und tatsächlich Satoshi Nakamoto ist—, würde es einleuchten, dass er auch den zugehörigen Schlüssel zu Block Null haben sollte, mit dem alles begann.

„Um es zu beweisen, würde es offensichtlich vollkommen ausreichen, eine Nachricht mit Block Null zu unterzeichnen”, sagte Todd.

Wright jedoch verkündete, dass er sich nicht länger ein Bein ausreißen würde, um zu beweisen, dass er ist, wer er ist. In Wahrheit ist er jedoch der einzige, der meint, anhand von umständlichen technischen Prozessen beweisen zu müssen, dass er er ist.

Es gibt also nun für Wright einen unkomplizierten Weg, endügltig zu beweisen, dass er Satoshi Nakamoto ist, und wenn er wollte, könnte er es sofort tun: Er müsste lediglich eine Nachricht mit dem zu Bitcoins Genesis-Block zugehörigen Schlüssel unterzeichnen.