Das Befremdlichste an unserem Dasein Mitte oder Ende unserer 20er ist die langsam dämmernde Erkenntnis, dass wir gar nicht mehr so jung sind. Tut mir leid, das mitteilen zu müssen, aber da draußen gibt es eine ganze Generation, die alt genug zum Saufen und Bumsen ist, sich aber an Vieles nicht mehr erinnern kann, an das wir uns noch sehr gut erinnern können. An MySpace, bevor Justin Timberlake es gekauft hat, Hüfthosen oder die Olson-Zwillinge zum Beispiel. Menschen werden geboren und altern, die Welt dreht sich aber weiter. So läuft es halt.
Wenn du dich während der frühen bis mittleren 2000er in der Blüte deiner Teenagerjahre befunden hast, stehen die Chancen nicht schlecht, dass du dich gut mit einer Menge Indie-Songs auskennst, die sich mittlerweile deprimierend altbacken anfühlen. Du erinnerst dich wahrscheinlich noch an eine Zeit, in der Gitarre spielende Jungs in engen Hosen die Leute nicht zusammenzucken ließen; an einen Freund, der sich ganz unironisch, wenn auch rotzbesoffen, die Worte “Korn + Sprite” mit einem Teppichmesser in den Arm geritzt hat; du erinnerst dich an eine Zeit, in der die Indie-Subkultur ein integraler Bestandteil des Teenagerdaseins war und nicht nur ein Genre für hängengebliebene junge Väter. (Hier noch mal eine Kostprobe aus einer Zeit, als der Indie-Dancefloor noch dein Tinder war.)
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Aber was denken eigentlich Teenager von heute über die Indie-Hits der 2000er? Können sie mit Kate Nash etwas anfangen oder halten sie sie einfach für die verrückte Cousine von jemandem, die mit einem falschen Akzent und Blümchenkleid Kinderreime singt? Kifft eigentlich noch irgendjemand zu The Horrors? Sind Bloc Party bei Menschen, die noch nicht mit der Schule fertig sind, irgendwie angesagt? Haben wir das alles nur geträumt? Wo sind all die Jahre hin?
Wir haben einen Tag lang auf der Straße rumgelungert, um ein paar echte Teenager zu finden und diese ganzen Fragen zu beantworten. Wir haben ihnen ein paar Indie-Songs aus den 2000ern vorgespielt und sie nach ihrer ehrlichen Meinung gefragt. Und das hier haben sie uns erzählt:
Eurca, 13
Noisey: Fangen wir mit “Moving to New York” von The Wombats an. Was denkst du? Eurca: Klingt wie etwas, das am Anfang einer amerikanischen Teenager-Serie laufen würde. Irgendwie kitschig.
Was hören 13-Jährige denn so? Ich glaube, wir hören heutzutage alles. Es gibt weniger Subkulturen.
Wie lernen Menschen in deinem Alter heute neue Musik kennen. YouTube und Caffs.
Caffs? Ist das eine App? Nein, Cafés.
Oh, OK. Versuchen wir es mit Maximo Park und “Apply Some Pressure”. Was sagst du? Ernsthaft? Ich dachte, wir hören noch den gleichen Song wie eben.
Wenn jemand in deinem Freundeskreis sagen würde: “Maximo Park sind meine absolute Lieblingsband”, wie würdest du reagieren? Ich glaube, ich würde nur entgeistert in die Leere starren.
Du glaubst also, dass Indie tot ist? Indie ist vielleicht auf dem besten Weg dorthin.
Maddie
Noisey: OK, Maddie, fangen wir mit “Naive” von The Kooks an. Maddie: Aaawww, das bringt mich zurück in meine Kindheit. Der Song erinnert mich an meine ganzen Grundschuldiscos.
OMG! Das ist also für eure Generation das gleiche wie “Saturday Night” von Wighfield für uns? Ähm … ja?
Würdest du sagen, dass Indie tot ist? Nein, auf keinen Fall! Vielleicht nostalgisch.
Oli, 15
Noisey: Was hältst du von dem Kate Nash Klassiker “Foundations”? Oli: Der war … gut?
Findet man sich nicht total in diesem Text wieder? Ich schätze …
Würdest du es jemandem schicken, mit dem du Schluss machen willst? Ich weiß nicht.
Reece, 15
Noisey: Fangen wir mit “Can’t Stand Me Now” von den Libertines an. Reece: Ja, ich kenne das Lied. Das hat mein Vater öfter angemacht.
Ist dein Vater cool? Das denkt er wahrscheinlich.
Sind die Libertines jetzt also Musik für Väter? Sind wir schon so weit? Sag du es mir. Du bist die Journalistin.
Touché. OK, wie wäre es mit etwas Nischigem wie Cajun Dance Party mit “The Next Untouchable”? Ist ganz nett, aber kaufen würde ich es mir wahrscheinlich nicht. Sorry, ich muss los.
Charlotte, 16
Noisey: Was hältst von “Don’t Go Back to Dalston” von Razorlight? Charlotte: Den würde ich mir vielleicht sogar von selbst anhören, weil er fröhlich ist.
Hört irgendjemand bei dir in der Schule Indiebands wie Razorlight? Nicht wirklich. Die meisten stehen auf Chartsmusik.
Gehen irgendwelche Freunde von dir in Dalston aus? Würdest du ihnen den Song vorspielen? Ich weiß nicht … ich bin 16, also …
Ach, stimmt ja.
Iaya, 14
Noisey: Fangen wir mit “22 Grand Job” von den Rakes an. Was denkst du? Iaya: Ich fand ihn ganz gut. Ziemlich sommerlich. Ich kannte es noch nicht.
Hören irgendwelche Freunde von dir noch Indie oder interessiert sich da niemand mehr für? Ich glaube, Indie ist noch ein Thema – jedenfalls ab und zu. Ich mag aber lieber Wiley und Childish Gambino. Die Leute, die ich kenne, hören wahrscheinlich eher Stormzy als The Rakes.
OK, was ist mit “Trains to Brazil” von Guillemots? Ich mochte ihn ein ganzes Stück weniger als den anderen Song. Er war so langsam, aber seine Stimme war nett. Ich glaube, er könnte super Gutenachtgeschichten vorlesen oder Hörbücher machen.
Was würdest du denn lieber hören als die Guillemots? Einiges.
Fraser, 17
Noisey: Was hältst du von “Becky” von Be Your Own Pet? Fraser: War OK … ich glaube, den könnte ich mir anhören. Ich würde auf jeden Fall nicht aufstehen und es aus machen.
Was hören Leute in deinem Alter denn meistens? Ein par von meinen Freunden stehen auf Drum’n’Bass.
OK, was hältst du dann von dem Futureheads Cover von “Hounds of Love”? War OK … Du hast mir aber auch höchstens 30 Sekunden davon vorgespielt.
Oh, willst du den ganzen Song hören? Nein danke, das hat gereicht.
Anna, 18
Noisey: Fangen wir mit etwas Fröhlichem an: “Helicopter” von Bloc Party. Anna: Das hat mir gefallen! Ich habe vorher noch nie von ihnen gehört, aber das war wirklich nett!
Schön. Was ist mit “Monster” von The Automatic? Ganz schön eingängig, oder? Ja, den kenne ich sogar. Mein großer Bruder hört so etwas.
Würde irgendjemand in deinem Freundeskreis auf The Automatic stehen? In unserem Freundeskreis vielleicht schon, weil wir keinen Rap hören. Aber Jüngere kennen das vielleicht nicht.
James, 16
Noisey: Ich spiele dir jetzt etwas von The Ting Tings vor: “That’s Not My Name”. Was sagst du? James: Es ist richtig eingängig, aber den Text finde ich ziemlich nervig. Worum geht es denn da?
Ja, da muss ich dir fairerweise wohl zustimmen. Es ist sogar ziemlich anstrengend.
OK, ich suche dir mal etwas weniger anstrengendes. The Coral mit “Dreaming of You” ist schön, nicht wahr? Ich glaube, den kenne ich aus der Werbung. Der ist OK.
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