Das Erste, das einem auffällt—ich meine wirklich auffällt—, wenn man Martin Shkrelis Büro in Midtown Manhattan betritt, ist eine aufwändig gestaltete goldene Box, die als Behältnis für eines der legendärsten Alben aller Zeiten dient und nun einfach auf dem Boden steht wie Müll.
Bei dem Album handelt es sich natürlich um The Wu: Once Upon a Time in Shaolin, von dem der Wu-Tang Clan nur ein Exemplar produziert und dieses letztes Jahr für zwei Millionen Dollar verkauft hat. Die Leute waren außer sich, als sie erfuhren, dass der Käufer einer der meistgehassten Männer der Welt ist (er hat unter anderem den Preis eines lebensrettenden Medikaments in die Höhe getrieben und ist des Betrugs angeklagt). Wie konnte ein einzigartiges musikalisches Artefakt wie dieses in solch unwürdigen Händen landen? Würden die 31 Tracks jemals an die Öffentlichkeit gelangen?
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Als die Nachricht bekannt wurde, sagte RZA zu Bloomberg: „Der Verkauf von Once Upon a Time in Shaolin wurde im Mai vereinbart, lange bevor Martin Shkrelis Geschäftsmethoden bekannt wurden. Wir haben entschieden, einen großen Anteil des Erlöses zu spenden.” Seither hat der Ober-Wu Shkreli aufgefordert, das Album freizugeben oder es zumindest auf eine Museumstour zu schicken, während Ghostface Killah ihn einfach direkt als „shithead” bezeichnet hat, was Shkreli veranlasst hat, ein bizarres Video zu machen, in dem er sich über Ghostface auslässt.
So wie Shkreli das sieht, bezahlen die Leute Millionen für ein Warhol-Gemälde, warum also nicht einen ähnlichen Betrag für ein einzigartiges Rap-Album hinblättern? „[Musik] war früher tatsächlich der privilegierten Elite vorbehalten”, sagte er mir. „Als Mozart und all die geschrieben haben, war Musik für ganz Wenige.”
Shkreli, der als Sohn einer Einwandererfamilie in Sheepshead Bay in Brooklyn aufwuchs, präsentierte sich RZA als New Yorker mit Leib und Seele, als es um den Verkauf ging. „Ich habe gesagt: ‚Pass auf, Mann, ich bin aus Brooklyn’”, erinnert er sich. „Das sind 80 Prozent von dem, was es über mich zu wissen gibt. Er sagte: ‚Das ist ein sehr guter Anfang.’”
„Ich habe gesagt: ‚Ich bin aus New York City, ich bin ein armer Junge, ich habe mein Bestes getan, um in New York Erfolg zu haben’”, fuhr er fort. „Und ich habe gesagt: ‚Ich bin nicht euer größter Fan. Nicht einmal annähernd. Es gibt Leute, die viel größere Wu-Tang-Fans sind als ich. Aber ich will trotzdem dieses Album kaufen.”
Und als RZA ihn bat, einige Wu-Tang-Songs aufzuzählen, die er mag? „Ich habe gesagt, ich würde die Songs mögen, die mich an Punkrock erinnern.”
Forbes hat Zugang zu 51 Sekunden des Albums bekommen, und bei einer Listening Party letztes Jahr haben etwa 150 Personen 13 Minuten davon hören dürfen. Abgesehen davon wissen nur die Wus und Shkreli, was genau auf Once Upon a Time zu hören ist. Das Album besteht aus zwei Scheiben namens „Shaolin School” und „Allah School”. Im Laufe eines der vielen Interviews, die ich für mein Porträt über Shkreli mit ihm geführt habe, lief im Hintergrund die letztere. Was kann ich der Welt darüber sagen? Leider nicht viel. Es war definitiv ein Wu-Tang-Album, komplett mit Kung-fu-Geräuschen, Film-Samples und ja, einem Gastauftritt von Cher.
„Die Tracks, die Track-Nummern und die ganzen Titel sind der Öffentlichkeit nicht bekannt”, sagte mir Shkreli. „Ich habe die Manuskripte, in denen sie drinstehen.” Ich schaffte es, ein paar Songnamen zu notieren, nämlich „Dirty Bomb” und „Stone Him! Swine [Interlude]”. (Die Tracklist, die zuvor von Complex zusammengestellt wurde, ist übrigens nicht korrekt, aber ich habe auch keine vollständige und korrekte Liste.)
Shkreli sagte mir, er spiele mit dem Gedanken, das Album zu zerstören (ich wünschte, ich wüsste, dass er das nicht ernst meint), also habe ich das Artwork des Albums und die bereits erwähnten „Manuskripte” mit meinem Handy für die Nachwelt festgehalten. Die Fotos findest du, wenn du weiterscrollst, aber vorher muss ich noch eins loswerden:
Shkrelis Nummer steht unfassbarerweise im Telefonbuch und er kriegt täglich einen Haufen Anrufe von Fremden. Irgendwann hat er mir ein bisschen was davon vorgespielt, sowohl von Trollen als auch von Fans. Es gab einen Typen, der sich Monkey Boy nannte und nur Kauderwelsch brabbelte, und einen aufrichtig klingenden Mann, der nur loswerden wollte: „Sie haben mir viel über das Leben beigebracht und ich bin stolz auf Sie.”
Dann gab es plötzlich eine Voicemail, in der man nur hörte: „Hey Martin, hier ist RZA. Ruf mich zurück.”
Ich frage mich, was er mit Shkreli besprechen wollte.