Justin Severino vom Cure und vom Morcilla in Pittsburgh ist ein Meister selbst gemachter Wurst und Schinken. Sein Großvater war Fleischer, das Händchen für Fleisch liegt ihm also im Blut. In seinen Läden reift er Fleisch selbst und wird dafür von Kritikern gefeiert: In den letzten vier Jahren war er für den James Beard Award nominiert und die außerdem von den Food & Wine-Lesern das zweite Jahr in Folge zum besten Koch der Mittelatlantikstaaten gewählt.
Als er uns also vor Kurzem in der MUNCHIES-Testküche besuchte, um uns die Grundlagen der Schinkenherstellung zu erklären, waren wir natürlich verdammt begeistert. Doch bescheiden wie er ist, meinte er, dass er uns nur zeigen würde, wie man “aus diesem einen Stück Fleisch drei Stück macht”. Dieses eine Stück Fleisch ist eine Keule vom Schwein, die drei Stück Fleisch werden ein Culatello-, ein Fiocco– und ein Schinken mit schwarzer Melasse sein.
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Justin erzählte uns, dass der Culatello – der aus einem Gruppe von drei Muskeln im Hinterbein des Schweins genommen wird – anfangs noch neun Kilo wiegt. Dann wird er neun Monate abgehangen, wobei er gut ein Drittel seines Gewichts in Form von Wasser verliert. Anschließend wird der pH-Wert des Fleisches getestet, ob es nicht zu sauer geworden ist. Wie Justin meinte, kann man das auch zu Hause mit pH-Streifen machen. “Ich habe mir selbst beigebracht, wie man Wurst und Schinken macht. Niemand hat mir etwas erklärt”, sagte er. “Ich habe einfach eine richtige Leidenschaft dafür.”
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Er meint, der Schlüssel zu gutem Schinken sind alte Schweinerassen, die noch viel Fett haben. “Das hier ist das Hinterbein eines Berkshire-Schweins. Wir haben gute Verbindungen zu Schweinebauern bei uns in der Gegend.” Schweine aus Massentierhaltung bringen es einfach nicht, wenn man Justin Severino fragt. Die Schweine, die er kauft, wiegen meist zwischen 100 und 115 Kilo. “Schweine aus Massenhaltung wiegen nur 80 Kilo und sie wurden so gezüchtet, dass sie nicht viel Fett anlegen. Aus durchschnittlichem Schweinefleisch Schinken zu machen ist echt schwer.”
Damit aus Fleisch Schinken wird, beginnt Justin mit Salz: “Salz entzieht dem Fleisch Flüssigkeit und ohne die können Bakterien nicht überleben.” Anders als viele Schinkenhersteller arbeitet Justin nicht gern mit Schimmel zum Reifen des Schinkens, der Geschmack von mit Schimmel gereiftem Fleisch gefällt ihm nicht.
Er fragt sich, wieso jemand ein “Tier nimmt, das ein gutes Leben hatte und das für eine ganze Person reicht”, und es dann in eine künstliche Hülle stopft. Er nimmt stattdessen Fett und Haut, um den Trocknungsprozess zu verlangsamen, und er bestreicht die Haut mit Schmalz und Reismehl.
Sobald das Fleisch versiegelt ist, packt er es in den Kühlraum – der in seinem Restaurant hat eine Temperatur von gut 12 Grad. Dort bleibt das Fleisch dann unter Umständen monatelang.
Weiter geht es zum Fiocco: Justin erzählt uns, dass der Schinken früher aus den Reststücken des Culatello-Schinkens gemacht wurde. Er jedoch macht seinen Fiocco mit Fleisch aus der Hüfte. “Vielleicht ist das total falsch, aber wen interessiert das schon. Es ist köstlich”, meint er.
Der Fiocco wird in Rosenwasser, rosa Pfeffer und Cava eingelegt und dann vakuumverpackt. Das Fleisch wird dann zurück in Pittsburgh weiter reifen.
Sein Rezept für Schinken mit schwarzer Melasse, erzählt er uns, hat er entwickelt, als er mit seiner Frau auf einer Farm in Virginia gearbeitet hat. Er wollte nicht einfach nur traditionellen Landschinken machen, also hat er dem Hüftstück komplexe Aromen verpasst: Salz, brauner Zucker, schwarze Melasse, Cayenne-Pfeffer, Ingwer, Piment, Koriander, Wacholder und Rum. Zugegeben, das sagt er selbst: Das klingt eher nach Karibik als nach Virginia.
Zu seinem Melasse-Schinken meint er: “Ich wollte, dass dieses Stück Fleisch superintensiv schmeckt. Wir haben uns dann entschlosssen, das Fleisch, nachdem es drei Monate abgehangen hat, über Apfelholz kalt zu räuchern. Dieser Schinken gehört mit zu meinen Lieblingsrezepten von uns.”
Sein Mantra: Mach es richtig! “Schinken und Wurst sollen bei uns solange wie möglich reifen. Wir gehen zurück zu den Ursprüngen der Schinkenerstellung. Für mich geht es dabei vor allem auch darum, dass wir aus einem ganzen Tier kleine Dinge machen, die unsere Familie, Freunde und Nachbarn ernähren werden.”
Aber du darfst nicht erwarten, über Nacht plötzlich großartigen Schinken machen zu können. “Bei der Wurstherstellung gibt es so eine lange Lernkurve. Um das hier zu machen, braucht man Monate. Wie lernt man also? Man muss einen pro Woche oder pro Monat machen. Und dann erinnere dich mal, was du vor neun Monaten gemacht hast. Auch ich lerne immer noch, wie ich es besser machen kann, es hört nie auf.” Sein Tipp für Newbies: Auf das Bauchgefühl hören. “Und riechen, fühlen und schmecken. Ich versuche, mich auf meinen natürlichen Instinkt zu verlassen – abgesehen von der Wissenschaft dahinter.”
Du glaubst nicht, dass du das auch hinbekommst? Das sieht Justin Severino anders: “Am besten macht man Wurst, indem man es auch mal verkackt. Wirklich. Mach schlechte Wurst, schreib auf, was du genau gemacht hast, und mach es beim nächsten Mal besser.”
Dieses Interview wurde aus Platz- und Verständnisgründen redigiert.