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Wie du giftige Schlangen tötest, die dich töten wollen

Willkommen bei Rachel Nedervelds Berichten über das Leben im verschwindenden Cajun Swamp von Louisiana. Du tauschst das Stadtleben für ein Leben auf einem Hausboot im Nirgendwo ein. Ein Ort, wo die Lebensbedingungen—in anderen Worten: keine Toilette und kein Supermarkt—einfacher sind, die Gefahren aber auch größer: tödliche Wassermokassinschlangen in deinem Bett und absolut keine Technologie und Nachbarn in der Umgebung. Stell dir das alles vor und du bist (wenn auch nur in Gedanken) direkt bei Rachel im Atchafalaya Basin. Viel Spaß.

Da gerade Winter ist, habe ich mich darauf verlassen, auf keine Schlangen oder Alligatoren zu treffen. Wenn ich spazieren gehe, nehme ich meine Waffe nicht mit und mein Hund Pilgrim darf im seichten Sumpf den Spuren von Eichhörnchen nachgehen. Trotzdem gibt es immer noch zwei Schlangenarten, bei denen man vorsichtig sein sollte: Wassermokassinschlangen und Nordamerikanische Kupferköpfe. Mir wurde erzählt, dass die Kupferköpfe sehr klein sind und sich gerne im Moos verstecken. So lange ich auf meine Hände achte, wenn sie in der Nähe von dem Zeug sind, sollte mir nichts passieren. Die Wassermokassinschlangen sind da schon lebhafter und werden oft an Flussufern gesehen, also dort, wo ich mit Pilgrim mehrmals am Tag Gassi gehe. Aber zu dieser Jahreszeit halten die Schlangen gerade Winterschlaf und ihre Körperfunktionen sind verlangsamt. Für Alligatoren gilt dasselbe. Sie graben Löcher für sich selbst oder suchen sich einen Platz unter umgestürzten Bäumen, um sich in dieser kalten Zeit zu verstecken. Ich liebe die Geschichten von Leuten, die auf so ein unter Blättern verstecktes Tier getreten sind und nur wegen dem tiefen Winterschlaf des Alligators entkommen konnten.

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Photo by Kristie Cornell

Die Autorin zusammen mit ihrem Hund auf ihrem Sumpfboot. Foto: Kristie Cornell.

Ich gehe mit Pilgrim immer an den gleichen Ort im Wald, wo sie rumtollen und ihre Geschäfte verrichten kann. Diesen Bereich habe ich schon mehrere Male nach Alligatorlöchern und Anzeichen für Schlangen abgesucht. Um genau zu sein, ist der „Wald” hier alles Sumpf—die Trockenheit des Bodens hängt vom Wasserstand des Sees ab. Was am einen Tag noch ein Hügel war, ist am nächsten Tag der einzige Ort, an dem du keine nassen Füße bekommst. An einem ungewöhnlich warmen Tag trafen Pilgrim und ich an unserem Stammplatz auf eine Wassermokassinschlange, die sich an genau so einem Ort zusammengerollt hatte. Mir wurde erzählt, dass die Augen der Schlange im Winter mit einem Lid geschlossen sind, sie so nichts sehen und von daher nach jeder spürbaren Bewegung schnappen. Ich hätte die Schlange gar nicht bemerkt, weil sie sich so gut zwischen den Blättern und Zypressennadeln einfügte. Aber sie bewegte sich beim wütend nach uns Schnappen eben, der Kopf erhoben, die Zähne aufblitzend und nur ein paar Meter von uns entfernt.

Photo by Rachel Nederveld

Obwohl die Wassermokassinschlange nur knapp einen Meter lang ist, ließ mich eine solche Bedrohung an dem Ort, den wir mehrmals am Tag aufsuchten, die Worst-Case-Szenarien im Kopf durchgehen: Wenn ich sie am Leben lasse und am nächsten Tag gebissen werde, bin ich dazu gezwungen, von meinen Schlangenbiss-Arzneikasten Gebrauch zu machen, während ich im Einbruch der Dunkelheit gegen den Wind paddeln muss, um noch eine Mitfahrgelegenheit in ein Krankenhaus zu erwischen … Wenn Pilgrim gebissen wird, dann kann sie mir das nicht mitteilen, bis der Biss schon Wirkung zeigt. Ich könnte nicht rechtzeitig Freunde in der Umgebung um Hilfe bitten und selbst dann würde es noch eine ganze Weile dauern, bis ein Tierarzt hier wäre … Das machte mich fertig. Zusammen sind wir ruhig zurück zum Haus gepaddelt, ich hab meine Schusswaffe geholt und bin allein wieder zurück gegangen.

Ich war nervös. Die Idee, aus einem anderen Grund als Nahrungssuche zu töten, gefällt mir gar nicht und ich wusste nur sehr wenig darüber, wie ich mit giftigen Schlangen umzugehen habe. Aber ich schoss auf sie. Und ich schoss noch mal. Ich glaube, ich habe tatsächlich sechs Mal abgedrückt, denn es stellte sich heraus, dass eine so muskulöse Schlange auch dann noch versucht, dich zu beissen und wegzuscheuchen, wenn ihr Kopf nur noch gerade so am Körper hängt. Das Muskelgedächtnis dieser Schlange war so gut, dass sich der Körper sogar noch Stunden später, als ich bei meinem Haus den Kopf vor dem Häuten endgültig abtrennte, so bewegte, als ob die enthauptete Schlange noch am Leben wäre. Ein Nightwalker.

Photo by Rachel Nederveld

Tote Schlange.

Da ich auf meinem Boot keinen Strom habe, lade ich mein Telefon mit Solarkraft auf. Bis dahin war es fast eine Woche lang bewölkt gewesen und Akku war sehr kostbar. Ich habe es nicht gewagt, mein Handy anzuschalten, um herauszufinden, wie man eine Schlange häutet, ob das Fleisch einer giftigen Schlange essbar ist, wie ich die Haut aufbewahre, bis ich sie richtig gerben kann oder ob es sich wirklich um eine Wassermokassinschlange handelt. Zum Glück hatte ich dank meiner Jagderfahrung und meinem gelegentlichen Interesse am Gerben einige ganz gute Ideen. Am nächsten Tag legte ich die Schlange auf einen Baumstumpf auf meiner Terrasse hinter dem Haus und schnitt sie mit meinem Küchenmesser am Bauch entlang auf. Als ich nun die Haut abzog, fiel mir auf, dass diese sich wie bei einer Banane abschält. Das Fleisch warf ich in den See, da ich mir nicht sicher war, ob man es nun essen konnte oder nicht.

Ich glaube, ich habe tatsächlich sechs Mal abgedrückt, denn es stellte sich heraus, dass eine so muskulöse Schlange auch dann noch versucht, dich zu beissen und wegzuscheuchen, wenn ihr Kopf nur noch gerade so am Körper hängt.

Mit dem Messerrücken entfernte ich noch so viel übrig gebliebenes Gewebe wie möglich, spannte dann die Haut auf ein Stück Holz und fixierte sie so gut es ging mit Reisnägeln. Dann musste ich eine wichtige Entscheidung treffen: Nehme ich zur Konservierung nun das Steinpilzsalz oder das Trüffelsalz? Ich entschied mich für das Trüffelsalz.

Photo by Rachel Nederveld

Die mit Trüffelsalz konservierte Schlangenhaut.

Als es ein paar Tage später wieder aufklarte und ich mein Handy wieder aufladen konnte, war meine Schlange getrocknet und sah ziemlich stümperhaft aus. Ich fand ein paar Tipps zur besseren Befestigung, damit die Rändern nicht voller Löcher sind und sich dazwischen nicht alles aufrollt. Am nächsten Tag verräumte ich eine aufgerolltes Seil und eine kleine Wassermokassinschlange sprang darunter hervor und ins Wasser. Aber anstatt wegzuschwimmen, kam sie immer wieder zum Boot zurück, um ihr Gebiet zurück zu erobern. Die Schlange war für einen erneuten Schusswaffeneinsatz zu nah am Boot und auch nur ungefähr 20 Zentimeter lang, also zerschmetterte ich sie letztendlich mit einer Paddel am Schiffsrumpf und versuchte mich erneut am Häuten. Dieses Mal achtete ich darauf, den Kopf intakt zu lassen und benutzte zur Fixierung ein Fliegengitter (für Reparaturen am Boot hatte ich eins), in das ich jetzt die Reisnägel schlug.

Ich fühlte mich wie eine Bayou-Kriegerin und jeder, der es wagte, näher zu kommen, konnte meine zwei Schlangenhäute sehen.

Oberstes Foto: Autorin Rachel Nederveld