Foto: Matthias Süßen | Wikimedia | CC BY-SA 4.0
2016 war ein Jahr der Fragen. Die meisten davon waren verzweifelte Fragen wie “Oh mein Gott, sind die alle wahnsinnig?”, “Womit haben wir das verdient?” oder “Gibt es noch Platz für mich in Kanada?” Kaum ein Jahr hat so viel tiefe Verunsicherung ausgelöst wie das, das wir jetzt Gott sei Dank bald hinter uns haben werden.
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Wir hatten also sehr viele Fragen, und eine ganze Menge davon haben wir sofort bei Google eingegeben. Und Google, das weise und gütige Informationsmutterschiff, hat all diese vielen kleinen Fragen für uns gesammelt und zu einer “Trendschau 2016” zusammengestellt!
Wir haben uns die meistgegoogelten Fragen der Deutschen 2016 angeschaut, und dann haben wir sie beantwortet. Also los:
Warum ist Prince gestorben?
Hier kommt es ein bisschen darauf an, wie man die Frage interpretiert. Wenn es einfach darum geht, was zu Princes Tod geführt hat, ist das relativ leicht zu beantworten: Laut dem Obduktionsbericht starb Prince an einer Überdosis Fentanyl. Fentanyl ist ein extrem starkes Opioid, das bei einer Überdosis Atemstillstand auslöst. Wenn die Lunge den Körper nicht mehr mit Sauerstoff versorgt, merkt es das Gehirn als Erstes. Bereits nach drei Minuten treten die ersten Hirnschäden auf, nach fünf Minuten ohne Sauerstoffzufuhr ist das Gehirn praktisch irreparabel geschädigt, und allerspätestens nach zehn Minuten ist der Mensch klinisch tot. Prince ist also gestorben, weil sein Gehirn keinen Sauerstoff mehr bekommen hat.
Falls die Frage eher darauf abzielt, warum das ausgerechnet jetzt passieren musste oder warum Menschen überhaupt sterben müssen, ist die Antwort etwas komplizierter. Grundsätzlich kann man sich zwischen zwei Arten von Antworten entscheiden: Die eine besagt, dass weder unser Leben noch unser Tod irgendeinen tieferen Sinn haben und wir einfach Teilchenbündel sind, die von unveränderlichen, aber letztendlich sinnlosen physikalischen Regeln durchs Universum geschleudert werden. Die andere, dass es einen großen, geheimen Plan gibt, dem jedes Lebewesen unterworfen ist und der sich am Ende aller Zeiten enthüllen wird. Der Witz ist: Egal, für welche Interpretation man sich entscheidet—sterben tut man sowieso!
Wie funktioniert Pokémon Go?
Das Tolle an diesen Google-Listen ist, dass sie uns an Sachen erinnern, die wir am liebsten längst verdrängt hätten. Zum Beispiel Pokémon Go. Eigentlich unglaublich, mit welcher Geschwindigkeit dieser “Hype” entstand, sich einmal über den ganzen Globus ausbreitete und dann binnen kürzester Zeit wieder aus dem kollektiven Bewusstsein verschwand. Wahrscheinlich haben immer noch Hunderttausende die App auf ihrem Handy, stolpern manchmal darüber, schämen sich ein bisschen und vergessen sie dann sofort wieder. Ob die Geschichte von Pokémon Go eher die Theorie vom sinnlosen oder vom sinndurchfluteten Universum bestätigt, müssen die Theologen klären.
Was los Digga ahnma?
Kein Scherz, das ist die zehntmeistgestellte “Was”-Frage des Jahres 2016. Man könnte jetzt über den unaufhaltsamen Kulturverfall und die sprach-zersetzende Wirkung von HipHop im Allgemeinen jammern. Oder man sieht es für das, was es wirklich ist: eine subversive Form des Widerstands gegen die Algorithmen, die in immer mehr Bereiche unseres täglichen Lebens vordringen wollen.
Laut dieser “Okay Google”-Werbung kann zum Beispiel Googles Sprachassistent ja wirklich jede Art von Frage sinnvoll beantworten, Friseurtermine buchen und selbständig Heiratsanträge stellen. Aber was der Algorithmus niemals können wird: eine sinnvolle Antwort auf die Frage “Was los Digga ahnma?” finden. Und deshalb wird die Menschheit am Ende siegen.
Wie lange dauert ein Handballspiel?
Ein Handballspiel dauert zweimal 30 Minuten, mit einer Pause von 10 Minuten. Also insgesamt 70 Minuten, die du nie, nie wieder zurückbekommen wirst.
Was hat Böhmermann gegen Erdoğan gesagt?
Das ist ziemlich einfach zu beantworten: In der Neo Magazine Royale-Sendung vom 31. März 2016 las Böhmermann ein sogenanntes “Schmähgedicht” vor, in dem er den türkischen Präsidenten Reccep Tayyip Erdoğan wiederholt massiv beleidigte. Damit löste der Komiker eine kleine diplomatische Krise aus, in die sich am Ende sogar Angela Merkel einmischte. Der ganze Text ist mittlerweile sogar auf Wikipedia festgehalten. Schaut doch einfach da mal nach.
Warum Hamsterkäufe?
Das ist eine Frage, die sich die Deutschen vor allem Mitte August stellten, nachdem die Bundesregierung ein neues Zivilschutzkonzept vorgestellt hatte, in dem sie den Bürgern unter anderem empfiehlt, für den Katastrophenfall einen Notvorrat an Lebensmitteln im Haus aufzubewahren. Obwohl es keinen speziellen Anlass für diese Empfehlung gab, löste das in der überdrehten Stimmung einiges an Aufregung aus.
Dabei ist die Antwort relativ einfach: Die Regierung empfiehlt, sich auf das Schlimmste vorzubereiten, damit man auf das Schlimmste vorbereitet ist. Viel wichtiger ist allerdings die Frage, warum die Welt ausgerechnet 700 Gramm Rotkohl als essentiellen Bestandteil der Notfall-Ration auflistet. Rotkohl hat eine unangenehme Konsistenz, versaut einem die Klamotten und schmeckt immer, als würde er schon seit drei Tagen schimmeln. Die Frage sollte also eigentlich lauten: Warum Rotkohl?
Warum haben Katzen Angst vor Gurken?
Dieses eigenartige Phänomen, das wir im Jahr 2016 entdeckten, haben unsere Kollegen von Motherboard sehr liebevoll und ausführlich erklärt. Klickt da ruhig drauf und surft dann noch ein bisschen auf der Seite rum, die haben wirklich gute Artikel über alles Mögliche.
Berühmte Frauen
Die drei Frauen, die 2016 am meisten gegoogelt wurden, sind Sarah Lombardi, Helena Fürst und Vanessa Mai. Die Erste ist eine Sängerin, die hauptsächlich wegen ihrer Beziehungsprobleme mit ihrem Mann Pietro bekannt ist, die Zweite eine Trash-TV-Persönlichkeit, die irgendwann selbst dem Trash-TV zu trashig wurde, und die Dritte ist eine Schlager-Sängerin, deren drei Alben Endlos verliebt, Wachgeküsst und Für Dich heißen. Was das genau für eine Botschaft an Frauen sendet, die in Deutschland gerne berühmt werden wollen, weiß ich nicht, aber besonders ermutigend ist es nicht.
Berühmte Männer
Die drei gefragtesten Männer auf Google sind Nico Rosberg, Jan Böhmermann und Thorsten Legat. Zwei davon sind Sportler, was jetzt nicht besonders inspirierend ist, aber immerhin ist auch Jan Böhmermann dabei, und das ist doch schön. Jan Böhmermann hat zwar fast gar keine Muskeln, hat es aber trotzdem geschafft, als Vorkämpfer der Meinungsfreiheit gefeiert zu werden, weil er jemanden als “Ziegenficker mit Schrumpelklöten” beleidigt hat. Wer das hinbekommt, hat es verdient, an der Spitze zu sein.
Was ist ein Putsch?
Ein Putsch ist eine “oft überraschende, meist gewaltsame Aktion […] mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen und die Macht im Staat zu übernehmen”, erklärt Wikipedia, und das klingt ja erstmal ziemlich gut. Wer hat noch nie davon geträumt, auf einem Panzer stehend die Treppen des Kanzleramts hochzufahren, die Fahne der Revolution schwenkend, die Macht im Land zu übernehmen und dann als allererstes Rotkohl und geregelte Arbeitszeiten zu verbieten? Genau, jeder.
Leider ist es nur so, dass im Moment fast das gesamte revolutionäre Potenzial in Deutschland und Westeuropa in rechten und ultrarechten Kreisen angesiedelt ist. Wer heute “Merkel muss weg!” ruft, muss damit zurecht kommen, dass er sofort von Lutz Bachmann geretweetet wird. Als Nächstes stehen dann plötzlich ein halbes Dutzend zerzauste Reichsbürger vor der Haustür, die einem die nächsten Wochen überall hin folgen, ein bisschen komisch riechen und für allerlei peinliche Situationen im Freundes- und Bekanntenkreis sorgen.
Aus dem Grund beschränken sich die meisten von uns dann doch lieber darauf, Artikel darüber zu posten, dass sogar der Papst Kapitalismus “unerträglich” findet, bevor wir bei Lieferheld Pizza bestellen. Und Merkel reibt sich natürlich wieder die Hände. Was für ein Jahr! Was für ein Elend!