Auf ein Festival zu gehen, ist nichts anderes als großartig. Die Leidenschaft, die Spannung, das permanente Lächeln, all die schönen Menschen, die einen umgeben, das halbe Baggy MDMA in der Socke und nackte Achselhöhlen, die nicht wie die Schenkel einer vor sich hin rottenden Leiche riechen. Noch nicht. Und dann fährst du los und es ist ein einziges tagelanges Umarmen, Springen und Umherrennen. Doch schon bald ist alles vorbei.
Von einem Festival zurückzukommen, ist eine Qual. Deine besten Freunde sind jetzt vor sich hin starrende Gestalten, die alle fünf Sekunden viel zu laut husten. Der Busfahrer ist ein grinsender Arsch. Du hast Angst, dir eine Geschlechtskrankheit eingefangen zu haben, und allein der Gedanke, dass du dir vorstellen könntest, dich jetzt mit einer letzten Line schlechten Koks wieder aufzurichten zu versuchen, jagt dir Schauer über den Rücken—auf Wiedersehen harmlose Gewohnheit, hallo Abhängigkeit! Das wirklich Allerletzte, was du jetzt machen willst, ist: fotografiert werden.
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Nett wie wir eben sind, sind wir trotzdem zum Berliner Ostbahnhof gefahren und haben dort ein paar müde Fusion-Gängerinnen abgefangen, die gerade vom Festivals zurückkamen. Entsprechend genervt waren die meisten auch, als wir ihre müden Körper nach einer stundenlangen Busfahrt vor unser Mikrofon und unsere Kamera zehren wollten. An dieser Stelle noch mal ein ganz dickes Sorry! Aber es gab auch welche, die gerne mit uns sprachen, wohl auch weil sie noch immer die Wärme der Fusion in sich trugen. Zumindest deuteten allerhand Gekicher und das permanente Vermeiden von Augenkontakt darauf hin.
Und das haben sie uns erzählt:
Jonas (20) und Mona (21)
Also, wie fühlt ihr euch gerade?
Mona: Gerade kann ich meine Beine nicht spüren. Sie tanzen (lacht).
Wie war das Festival denn?
M: Es war wirklich nett. Ich habe es geliebt.
Jonas: Wir sind alle erst zum zweiten Mal dahin gefahren. Dieses Mal war alles komplett anders, denn jetzt kannten wir uns bereits aus und konnten uns besser auf die Sachen konzentrieren, auf die wir wirklich Bock hatten, anstatt herumzulaufen.
M: Wir haben uns mehr auf die Details und die Liebe überall fokussiert. Die Liebe der Crew, die Liebe der Installationen, Kunst schaffen, Dinge miteinander teilen. Jeder fragte: “Ah, hast du einen Kaugummi? Willst du was trinken?” Die Fusion ist wie eine große Familie.
Hat irgendwas für euch besonders herausgestochen?
M: Jeder Tag war anders. Aber es gab da diesen einen Moment, als wir komplett fertig durch die Kälte zu unserem Camp gingen. Wir beeilten uns, in unser Zelt zu kommen, um uns herum alles kalt und grau, und genau in diesem Moment brach die Sonne aus den Wolken hervor und brachte den Staub der Bühnen zum Strahlen. Es war so schön. Ich habe das beste Foto überhaupt gemacht.
Ok, viel Erfolg damit. Also, wie war das Festival für euch? Irgendwelche Highlights?
La: Großartig, unglaublich. Als ich bemerkte, wie sich alles bewegte und dass es so viele Lichter und Feuer gibt und nichts, wirklich gar nichts stillsteht da. Es war jedenfalls ziemlich verrückt, als mir das auffiel. Ich meine, die Bühnen bewegen sich. Die Bühnen!
Was wird das Erste sein, was ihr macht, sobald ihr einen Schlafplatz gefunden habt?
La: Duschen. Duschen und schlafen. Und eine neue Zahnbürste kaufen. Ich habe meine in eine Tasche getan, in die Freunde von mir dummerweise auch leere Bierflaschen gepackt haben. Jetzt riecht sie nach Bier.
Daniel (23), Rachel (28) und Arne (25)
Wie war das Wochenende, ihr drei?
Daniel: Naja, das war mehr als ein Wochenende. Wir fingen am Mittwoch an. Da haben wir unser Zelt aufgestellt und, hm, sind auf eine Reise gegangen. Das war mein erstes Mal Fusion. Die anderen waren schon öfters da. Es war einfach wie ein, äh, Paralleluniversum. Als ob alles nur eine wunderschöne Erfindung wäre. Allein die Verzierungen. Es war außergewöhnlich.
Was war denn das beste?
D: Einfach nur rumzulaufen und dieses. Also ich habe irgendwann zu meinem Freund gesagt: Das hier ist Sex für die Augen. Denn es passiert einfach so viel, all diese Lichter.
Wann seid ihr hier angekommen?
Rachel: Wir sind vor einer Stunde angekommen und um 7 Uhr heute früh aufgestanden. (Mittlerweile war es 14 Uhr.) Wir müssen noch weiter nach Süddeutschland. Aber, das ist OK!
Fuck! Aber, was werdet ihr dann als Allererstes machen, wenn ihr zu Hause seid?
D: Kacken. Wenn ich kann.
Wie geht es euch mental? Wie ist es, wieder zurück zu sein?
Rachel: Tjoa, wir haben noch eine Woche lang Urlaub. Also kommen wir erst langsam auf den Planet Realität zurück. Das ist schon okay so.
Ohne Namen
Hi! Wann seid ihr zurückgekommen? Wie geht’s euch?
Typ N°1: Mies! Wir sind gerade angekommen und total verwirrt. Wir waren seit Mittwoch da. Das macht fünf Tage ohne Dusche.
Typ N°2: Hey, ich habe geduscht!
N°1: Ja, einmal! Heute morgen.
Ist was Besonderes passiert?
N°1: Ja, wir hatten unser eigenes DJ-Pult vor dem Zelt aufgebaut, so dass selbst Parallelpartys geschmissen haben, wenn die Musik aus war.
Aber es kommt ja wieder. Würde ihr dann noch mal hin?
N°1: Klar.
N°2: Definitiv!
N°1: Dann müssen wir aber mehr Essen mitnehmen! Dieses Mal hatten wir nur welches für einen Tag dabei. Und wir haben fast unser ganzes Geld schon am ersten Tag für Drogen ausgegeben. Da sollten wir vor dem nächsten Besuch vielleicht noch mal nachrechnen.
Müsst ihr noch weiter fahren? Was wird das Erste sein, dass ihr dann zu Hause macht?
N°1: Ich muss nach Münster. Zuerst: essen. Dann wasche ich mir mir meinen Anus. Danach noch einen Joint rauchen—und die Woche beginnen.
Lukas (22)
Wann bist du zurückgekommen?
Lukas: Vor ein paar Minuten.
Wie geht’s dir, was macht der Kopf?
Großartig. Äh, leer?
Ist dir irgendwas besonders Tolles passiert?
Die Leute. Die, ähm… die die…(ist sprachlos).
Du kannst es nicht beschreiben?
Ja! (lacht)
Was hast du als Erstes gemacht, als du bei der Fusion angekommen bist?
Herumlaufen? Und ich habe die Atmosphäre? Ja, ich habe die Atmosphäre gespürt.
Und was wirst du als Erstes machen, wenn du zu Hause bist?
Waschen. Dann schlafen. Wir waren sechs Tage dort. (lacht wieder)
Dieser Artikel ist zuerst bei THUMP erschienen.
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