10 Fragen an ein FDP-Mitglied, die du dich niemals trauen würdest zu stellen

Wenn man als Mensch in einer Beziehung sein Verhalten dramatisch ändert, endet das meistens mit einer Trennung oder Therapie. Wenn man es als Partei tut, kann es ein ganzes Land politisch lahmlegen. Denn: Noch nie hat die FDP in ihrem knapp 70-jährigen Bestehen Nein zur partnerschaftlichen Regierungsbeteiligung gesagt. Jetzt allerdings, nach 32 Tagen Sondierungsgesprächen mit der Union und den Grünen, hat Christian Lindners Partei beschlossen, doch lieber Single zu bleiben. Die FPD macht sich damit in etwa so beliebt wie das perfekte Tinder-Date, das sich nach dem dritten Treffen einfach nicht mehr meldet.

Dennis Schick sagt, er sei trotzdem Lindner-Fan. Er fand nicht nur dessen Wahlplakate gut, sondern auch seine Entscheidung, die Sondierungsgespräche abzubrechen. Seitdem Schick 18 ist, ist er Parteimitglied. Optisch passt er mit seinem zurückgegelten Haar, dem schwarzen Anzug und der dicken Uhr (silbernes Armband und ein in Gold gefasstes Zifferblatt) ins Klischee des FDP-wählenden Business-Mannes. Sein Lebenslauf entspricht allerdings nicht dem ersten Eindruck: “Ich habe einen Hauptschulabschluss”, sagt er. “Meine Mutter war eine Schlecker-Frau, mein Vater gelernter Schlosser.” Und auch sein Alter – 29 – ist nicht typisch FDP. Mit durchschnittlich 54,3 Jahren hat die FDP die ältesten Wähler. Und, weniger überraschend, auch die reichsten: Über 3.900 Euro netto kann ein FDP-Wähler-Haushalt im Monat durchschnittlich ausgeben. Über seinen Kontostand will Dennis nicht sprechen, über seine ebenfalls FDP-untypische Karriere schon: Seine Auftritte in der Sat-1-Show Traumfrau gesucht machten ihn zum Z-Promi. Nach Reality-TV und Schlagerausflügen zum Ballermann führt er nun seine eigene PR-Agentur und managt neben ehemaligen Bachelor-Kandidaten Promis wie den früheren Fußballspieler Ailton oder Gina-Lisa Lohfink. “Manche wundern sich, dass ich überhaupt politisch aktiv bin”, sagt Dennis. Wir haben Fragen.

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VICE: Wie sehr wirst du seit Montag gehasst?
Dennis Schick: Gehasst? Davon merke ich nichts. In puncto Abbruch der Sondierungsgespräche habe ich Respekt vor Lindner und der FDP! Sollte es zu Neuwahlen kommen, hoffe ich, dass es einen besseren Wahlkampf geben wird – zumindest von den großen Parteien. Denn der letzte Wahlkampf war doch lahm. Den FDP-Wahlkampf fand ich allerdings mega. Lindner kam auf den Plakaten sehr sympathisch rüber.

Hast du schonmal heimlich nicht die FDP gewählt?
Als Parteimitglied wähle ich immer FDP. Ich war allerdings nicht immer FDPler, als Jugendlicher war ich in der SPD, bei den Jusos – da durfte ich aber noch nicht wählen. Da bin ich auch durch den Einfluss meiner Familie gelandet, die alle SPD gewählt haben. Ich habe mich dann irgendwann im SPD-Jugendverband nicht mehr wohlgefühlt. Und dann hat mich die FDP gekriegt, weil die Partei fordert, dass sich der Staat nicht überall einmischen soll. Wenn ich den Wahl-O-Maten mache, bin ich immer nervös, dass da möglicherweise doch die SPD rauskommt. Ist aber noch nie passiert. Ich lande immer bei der FDP, mit meist 70 Prozent Übereinstimmung. Dieses Jahr habe ich auch meine Freundin überzeugt, FDP zu wählen.

Bei Veranstaltungen der FDP-Jugend sehen die meisten sehr nerdig aus. Tritt man nur in die FDP ein, wenn man keine Freunde hat?
Es stimmt schon, dass in den Jugendverbänden der Parteien einige Nerds dabei sind. Das ist aber nicht nur bei der FDP so. Auch bei der SPD waren sehr spezielle Leute unterwegs. In beiden Parteien waren das vor allem angehende Juristen, ich würde tippen fast zu 90 Prozent. Wenn man nicht selber Jura studiert, wird man tatsächlich nicht immer für voll genommen.

Wurdest du gemobbt, weil du FDP-Mitglied bist?
Nein, gemobbt wurde ich deshalb nie. Negativ-Feedback gab es mal bei einem WG-Casting, da habe ich erst gar nicht die Möglichkeit bekommen, mich vorzustellen. Ich bin da nach der Arbeit hin und hatte noch einen Anzug an, auch um einen guten Eindruck zu machen. Mir hat eine typische Öko-Frau mit Rastas die Tür geöffnet. Die hat mich bloß angeguckt und meinte, ich könne direkt wieder gehen, wir würden politisch ganz sicher nicht zusammenpassen. Die wusste zwar nicht, dass ich FDP-Mitglied bin, hatte aber offenbar keine Lust, überhaupt etwas über jemanden zu erfahren, der optisch nicht ihren Vorstellungen entspricht.

Wer ist dir am peinlichsten? Lindner? Rößler? Brüderle? Möllemann?
Wenn ich wählen müsste, würde ich Brüderle sagen. Ich fand sein Auftreten einfach nicht so sympathisch. Am peinlichsten fand ich eigentlich das Projekt 18 Prozent und das Guidomobil von Guido Westerwelle im Wahlkampf 2002. Als Außenminister wiederum war Westerwelle sehr stark. Ich habe ihn mal bei einer FDP-Veranstaltung in einem Hotel in Bonn getroffen und war beeindruckt von seinem sympathischen Auftreten, er hat sehr gut gesprochen. Das Image vom Guidomobil und der Spaßpartei war da längst Vergangenheit.

Hast du schonmal mit einer Grünen-Wählerin geschlafen?
Das weiß ich nicht mit Sicherheit, bei einer vermute ich es, ich habe sie aber nicht nach ihrem Wahlverhalten gefragt. Die Kunstblümchen an ihrem Fahrradlenker waren aber ein Hinweis, dass sie möglicherweise grün tickt. Und auch sonst war sie sehr diskutierfreudig, wollte alles von allen Seiten beleuchten. Solange es keine extreme Partei ist, ist es mir erstmal egal, wie Frauen politisch ticken.

Wie flirtet man innerhalb der Partei?
Ganz ehrlich? Ich habe nie in der Partei geflirtet. Ich habe mein Liebesglück ja eher im Fernsehen gesucht. Wenn du wissen willst, ob es FDP-typische Flirt-Taktiken gibt: Nein, das glaube ich nicht. Davon habe ich jedenfalls nichts mitbekommen.

Gehörst du zur Elite dieses Landes?
Natürlich möchte ich mit meiner PR-Agentur Erfolg haben. Aber ob ich zur Elite gehöre? Jedenfalls nicht, was meine Herkunft betrifft. Und trotzdem spiele ich heute Golf. Klar kann man sagen, dass das ein elitärer Sport ist. So exklusiv ist das aber gar nicht, gerade in einer Großstadt wie Köln laufen auf dem Golfplatz nicht nur Millionäre rum. Für meine Mitgliedschaft im Golfclub zahle ich monatlich unter 100 Euro.

Wie viele Freunde von dir haben keinen Uni-Abschluss?
Ich habe viele Freunde, die nicht studiert haben. Viele Leute kenne ich aus dem Karnevalsverein. Ich selbst habe nach der Hauptschule eine Lehre zum Kaufmann für Versicherung und Finanzen gemacht, dann bin ich zum Immobilienmakler geswitcht. Meine Freundin hat Abitur, aber auch nicht studiert, sie arbeitet als Praxismanagerin in einer Arztpraxis. Ich habe auch einen Gerüstbauer im Freundeskreis.

Die FDP lehnt einen einheitlichen Stundenlohn ab. Wie hoch muss der Stundenlohn sein, damit du einen Job machst?
Ganz klar, ich würde jeden Job machen, um den Kühlschrank voll zu kriegen. Weil ich FDP-Mitglied bin, bin ich mir nicht zu fein, für 10 Euro pro Stunde arbeiten zu gehen, wenn es sein muss. Im Moment bin ich mein eigener Chef, mit Ende 20 ist das nicht selbstverständlich, finde ich. Klar hat das manchmal auch seinen Preis: In manchen Wochen arbeite ich bis zu 70 Stunden. Wie viel ich am Ende des Monats auf dem Konto habe, das möchte ich nicht verraten.

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