Foto: keine der Erzählenden – Sergio BR | Flickr | CC BY-SA 2.0
Trennungen sind fies. Sie versetzen uns in emotionale Zustände zwischen Nutella aus dem Glas, Rausch und Schulter des besten Freundes. Sie bringen uns dazu, voller Wucht auf leere Coladosen auf dem Asphalt einzudreschen – oder schlimmer: Wir werfen die Klamotten und den Fernseher unseres Ex-Partners aus dem Wohnzimmerfenster (Zenit eines jeden billigen Liebesdramas!), vögeln uns durch den Freundeskreis und entwickeln ungeahnte Interessen. An der DVD-Kollektion unseres Ex-Partners zum Beispiel. Sofern sie noch nicht aus dem Wohnzimmerfenster geflogen ist.
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Aber warum reagieren wir auf Trennungsschmerz mit Kontrollverlust und Racheplänen? In ihrer Studie The Anatomy of Love vergleicht Lucy Brown, Neurobiologin am Albert Einstein College für Medizin, die Effekte, die nach einer Trennung auftreten, mit Entzugserscheinungen, wie sie auch nach dem Konsum von Rauschmitteln auftreten können. Wenn uns jemand liebt, werden dieselben Hirnbereiche aktiviert, wie wenn wir Drogen nehmen oder Alkohol trinken. Dann schüttet der Körper Dopamin aus. Beim Liebesentzug geht es uns dann schlecht – psychisch sowieso, aber auch körperlich. Unser Hirn und unser Körper schreien: “Hey, wo bleibt die Liebe, an die ich gewöhnt bin?” Ungestilltes Verlangen, das uns in besonders schlechten Tagen – laut der Studie vor allem in den ersten zehn Wochen nach der Trennung – besonders schlechte Dinge tun lässt.
Wir haben Menschen gefragt, welche Dinge sie nach einer Trennung getan haben – und ob sie sie heute bereuen.
Bea*, 23: “Ich habe meinem Ex die Sexpartnerin geklaut. Und den besten Freund.”
“Die Trennung von meinem Ex-Freund lief von Anfang an schlecht. Für ihn. Denn ich habe nicht nur mit ihm Schluss gemacht, sondern hatte auch direkt im Anschluss mit seinem besten Kumpel Sex. Irgendwann, als das Ganze sich beruhigt hatte, lud er mich dann zu einem Sex-Date zu dritt ein – mit einer weiteren Frau. Ich willigte ein, allerdings hatte nur ich Sex mit ihr – ihn ließen wir einfach stehen. Ich wollte ihm zeigen, dass er ein Loser ist. Mit meinem Verhalten hatte ich ihn schließlich so verunsichert, dass sich die andere Frau überhaupt nicht mehr für ihn interessierte.
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Stolz bin ich darauf nicht, aber ich wollte meinem Ex damit zeigen, dass ich alles haben kann – sogar seine Sexpartnerin – und dass ich mich für ihn nicht mehr interessiere. Natürlich würde ich das heute anders machen. Damals war ich unerfahren, unbedacht und verletzt – auch wenn ich ihn verlassen habe und nicht andersrum.
Von der Sache zwischen mir und seinem Kumpel weiß er bis heute nichts.”
David, 29: “Meine Ex fand unsere Wohnung nach einer Nacht- und Nebelaktion halb leer vor.”
“Nachdem unsere Beziehung zu Ende gegangen war, wollte ich schnell mit allem abschließen. Mit zwei Freunden habe ich mich daher zu einer spontanen Aktion verabredet, in der wir innerhalb von zwei Stunden die halbe Wohnung ausgeräumt haben. Das umfasste mein ganzes Zeug – aber auch Dinge, die wir gemeinsam angeschafft hatten und deren Verteilung eigentlich ein vorheriges Gespräch gebraucht hätte.
Die Geschichte bereue ich aber auch heute nicht. Es war die richtige Entscheidung, um schnell einen Schlussstrich zu ziehen. Im Nachhinein finde ich es sogar lustig. Als Fotograf hatte ich überall Bilder aufgehängt – und bei der Räumungsaktion wieder abgehängt. Ihr Gesicht beim Anblick der kahlen Wände hätte ich nur zu gern gesehen.”
Marie*, 37: “Meine Ex-Freundin hat mich nach der Trennung ausgesperrt und mich dazu gebracht, meine ersten (und einzigen!!) Supermarkt-Schlüpfer zu kaufen.”
“Nicht ich, aber meine damalige Freundin ist nach der Trennung komplett ausgerastet. Nachdem ich mich von ihr getrennt hatte, flüchtete ich erstmal aus der gemeinsamen Wohnung, musste aber immer mal wieder zurück, um Wechselkleidung und andere Dinge abzuholen. Irgendwann rief sie mich an und erklärte mir, dass sie mich ausgesperrt hätte und ich vor dem nächsten Tag auf keinen Fall wieder reinkäme. Leider brauchte ich auch an diesem Abend meine Zahnbürste und neue Unterwäsche.
Ich klingelte Sturm, drohte ihr mit der Polizei und brachte sie schließlich gemeinsam mit Freunden dazu, die Tür zu öffnen. Ob sie es bereut, weiß ich nicht. Meine Ex war immer so drauf. Ich gehe davon aus, dass sie es heute auch nochmal so machen würde.”
Patrick*, 23: “Die beste Freundin meiner Ex. Im Bett meiner Ex.”
“Ich bin mit 17 zu meiner damaligen Freundin nach Australien gezogen – das war zumindest der Plan. Als ich dort ankam, eröffnete sie mir, dass sie in der Zwischenzeit wieder was mit ihrem Ex angefangen hatte und es ihr lieber wäre, wenn wir das Ganze abblasen würden. Ich meine echt? Jetzt? Trotzdem wohnten wir erstmal zusammen, solange bis ich wusste, wie es mit mir weitergehen sollte. Ich hab dann irgendwann mit ihrer besten Freundin in ihrem Bett geschlafen – und anschließend wieder mit meiner Ex selbst dort genächtigt.
Totales Klischee, aber sie fand dann tatsächlich ein Haar ihrer Freundin auf dem Kopfkissen und rastete aus. Ich erklärte die Spuren mit einem gemeinsamen Netflix-Nachmittag. (In ihrem Bett. Mit einer anderen Frau. Aber hey, immer noch besser als die Wahrheit!) Und ich schaffte es überraschenderweise irgendwie, die Story bis heute glaubhaft aufrechtzuerhalten. Nach der endgültigen Trennung reiste ich erstmal ein halbes Jahr durch Australien, jobbte und verprasste mein Erspartes, bevor ich nach Hause zurückkehrte. Sie ist noch immer mit dem anderen Kerl zusammen.
Ihren Netflix-Account benutze ich übrigens bis heute. Und auch sonst hält sich meine Reue in Grenzen.”
Luigi*, 35
“Nach drei Jahren habe ich mich von meiner Freundin getrennt. Triebgesteuert, und um mein Ego zu steigern, wollte ich alles ins Bett kriegen, was bei Drei nicht auf dem Baum war – mal mehr, mal weniger erfolgreich.
Erfolgreich war ich irgendwann bei der besten Freundin meines damaligen Mitbewohners und langjährigen Freundes. Da wir uns im Bett ganz gut ergänzten, haben wir uns öfter zum Sex bei ihr oder im Freien getroffen. Als mein Mitbewohner es mitbekam, fand er es gar nicht lustig und ging seinerseits auf einen persönlichen Rachefeldzug: Als er mich fragte, ob es in Ordnung sei, wenn er sich weiterhin mit meiner Ex treffen würde, habe ich mir erstmal keine Sorgen gemacht. Erst als ich immer wieder lange, braune Haare (die Haare meiner Ex) in der WG gefunden habe, habe ich angefangen, die Treffen zu hinterfragen. Eine leere Flasche Sekt, Kerzen und erneut einen Haufen Haare machten es dann deutlich.
Nach dieser Entdeckung hatte ich einen Nervenzusammenbruch, sah die Wände auf mich zukommen, stellte mich mit Beruhigungsmitteln aus der Hausapotheke selbst ruhig und ließ mir schließlich vom Arzt eine Verschreibung für Antidepressiva ausstellen. Zwei Wochen später zog ich in eine andere Stadt. Zu keinem der drei habe ich heute noch den Kontakt. Ich für meinen Teil würde den Koitus mit der besten Freundin aber immer wieder vollziehen.”
*Namen geändert.