Popkultur

‘Hot Dog’ zeigt, für wie dumm Til Schweiger und Matthias Schweighöfer uns halten

Ich bin etwas besorgt. Nicht um den Status des deutschen Films im Allgemeinen, schließlich wird Fatih Akins Aus dem Nichts gerade international gefeiert und könnte womöglich sogar einen Oscar abräumen. Nein, ich mache mir Sorgen um Til Schweiger und Matthias Schweighöfer, die blonden Zugpferde des deutschen Mainstream-Kinos. Jahrelang trieben sie mit ihrer Arschlöcher-mit-Herz-aus-Gold-finden-die-große-Liebe-Erfolgsformel die Massen in die Kinos. Ihr neuestes Machwerk Hot Dog ist allerdings so unbegreiflich lieblos und dämlich, dass der Film nur einen Schluss zulässt: Schweiger und Schweighöfer hassen uns alle.

Klar, auch von anderen klassischen Schweiger-Filmen à la Kokowääh muss man sich keine unglaubliche Tiefe versprechen, um sie unterhaltsam zu finden. Und auch wenn Schweighöfers Amazonserie You Are Wanted sicherlich kein deutsches Mr. Robot ist – es geht bedeutend schlimmer. Hot Dog hingegen ist so durchschaubar zynisch darin, wie er die bewiesene filmische Erfolgsformel aus prominent eingespielten Popsongs, Buddy-Comedy mit Gags auf Pipi-Kacka-Niveau und ein bisschen Lovestory zu einem seelenlosen Filmkonstrukt gießt, dass es selbst ausgewiesene Schweiger/Schweighöfer-Fans wütend machen sollte.

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Das beginnt schon bei der offensichtlich nebensächlichen Handlung, in der zwei ungleiche “GSG-10”-Beamte zufällig in einen Entführungsfall hineingezogen werden und anschließend auf eigene Faust versuchen, einen moldawischen Regierungsputsch abzuwenden. Schweiger gibt den knallharten Macho Luke, Schweighöfer den genialen, aber sozial etwas benachteiligten Theo. Die Geschichte ist zwar sowieso nicht viel mehr als ein Gerüst, das den Hauptdarstellern erlaubt, die Rollen zu spielen, die sie in jedem gemeinsamen Film spielen (Schweiger: stark, schweigsam, männlich; Schweighöfer: ungelenk, trottelig, “weibisch”). Andererseits scheint sie selbst den Drehbuchautoren so wahnsinnig egal zu sein, dass dem Publikum nicht einmal versucht wird, verständlich zu machen, was da gerade passiert – und vielleicht noch viel wichtiger: warum es passiert.

Kein Dialog hat einen tieferen Sinn. Oftmals wirken sie, als wären sie von Aliens geschrieben worden, die noch nie Zeuge einer echten Unterhaltung zwischen Menschen geworden sind. Dass ein Charakter in Hot Dog böse ist, könnte nicht offensichtlicher sein, wenn man ihm in der Maske einen Hitlerbart aus Gaffa-Tape aufgeklebt hätte. Die dramatischen Pophymnen werden so willkürlich und unpassend eingespielt, als hätte einer der Mitarbeiter beim Schnitt eine Spotify-Playlist auf Shuffle laufen lassen. Alle paar Minuten wird eine andere Marke großflächig im Bild gezeigt, und wer sich an dieser Stelle in einem YouTube-Video wähnt, den wird es freuen zu hören, dass mit Lisa und Lena und den Lochis gleich mehrere Influencer Gastauftritte haben. Und ich will gar nicht erst anfangen von den absurden Kulissen – einer “Rinderfarm” in Brandenburg, die aussieht wie eine italienische Filmkulisse, oder ein hipper “Club” und Drogenumschlagplatz, den kein Berliner mit einem Mindestmaß an Selbstachtung betreten würde.

Kacken und Pupsen sind lustig, Behinderungen sind lustig, Übergewicht ist lustig, Frauenvergleiche sind lustig, weil sie in allem weniger gut sind als Männer, und alles, was irgendwie mit Sex in Verbindung gebracht werden kann, ist auch lustig. Deswegen muss der jungfräuliche Theo auch gleich zweimal in ein benutztes übergroßes, pinkfarbenes Kondom mit Noppen atmen, um sich in einer Stresssituation zu beruhigen. Als würde es noch nicht reichen, dass keiner der Gags lustig ist, werden sie so vorhersehbar und mechanisch abgespult, als würde ein betrunkener Großvater bei der Familienfeier plötzlich aus einem 80 Jahre alten Witzebuch vorlesen.


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Die einzige Szene, bei der ich laut lachen musste, ist die, in der ein kleinwüchsiger Clubbesitzer Schweighöfer etwas in Richtung “Ich fresse dein Gesicht, Tim Bendzko!” zuzischt. Genau das ist auch die Szene, in der ich mich zum ersten Mal frage, ob das hier eigentlich wirklich ein richtiger, ernstgemeinter Film ist oder vielleicht doch ein Projekt von Jan Böhmermann. Vielleicht, und das möchte ich nach wie vor nicht ausschließen, wird das Neo Magazin Royale noch dieses Jahr einen Beitrag veröffentlichen, in dem sie mit Hilfe von Schweiger und Schweighöfer die Berechen- und Manipulierbarkeit des deutschen Kinobesuchers offenlegen. Wenn dem wirklich so ist, würde es mich auch nicht wundern, wenn man ebenjenen Clubbesitzer tatsächlich mit einer bewusst schrillen und gruselig klingenden Stimme nachsynchronisiert hätte. Dessen Sprechszenen wirken nämlich teilweise verdächtig asynchron.

Ich habe Hot Dog nicht inmitten von Pressevertretern gesehen, von denen einige wahrscheinlich schon vorher wussten, wie sie den Film finden würden (das ist zumindest der Vorwurf, den Til Schweiger seinen Kritikern macht). Ich war in einer richtigen Vorstellung, zwischen Menschen, die zehn Euro in die Hand genommen haben, um sich gemeinsam genau diese Komödie anzugucken. Exakt die Zielgruppe also, die die Filmemacher im Kopf gehabt haben dürften, als sie dieses Projekt konzipiert haben. Trotzdem war es fast über die komplette Laufzeit des Films totenstill im Saal. Kaum Lacher, keine Seufzer beim romantischen Ende, stattdessen immer und immer wieder irritiertes Schweigen. Mehrere Paare sind direkt beim Einsetzen der Credits aufgesprungen und gegangen.

Ihr müsst also nicht mir oder anderen Medienvertretern glauben, wenn ihr wissen wollt, ob Hot Dog wirklich so schlecht ist, wie schon im Vorfeld gemutmaßt wurde. Fragt die Zielgruppe. Und dann fragt euch selbst, ob ihr Kinoproduktionen unterstützen wollt, die ihre Zuschauer für so blöd halten, dass die nicht merken, wie schlecht ein Witz ist, solange man sehr laut irgendeinen Charthit drüberlaufen lässt und Matthias Schweighöfer süß in die Kamera grinst.

Als letztes Jahr die ersten Berichte über diese filmische Katastrophe und schlechte Testpublikumsbewertungen die Runde machten, äußerte Produzent Dan Haag, dass sie weibliche Zuschauer alleine schon glücklich machen würden, “wenn Matthias und Til nur 90 Minuten geradeaus in die Kamera gucken würden”. Nach etwas über eineinhalb Stunden Hot Dog kann ich sagen: Hätten sie es mal dabei belassen.

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