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Strich im Tiergarten

Bericht: Berliner Sicherheitsleute vermitteln Flüchtlinge in die Prostitution

"Umso jünger, umso teurer, das ist ja klar", erklärt einer der Sicherheitsleute.
Screenshot: ZDF

"Tja, das Leben ist halt scheiße", sagt der Mann auf die Frage, ob er nicht wisse, dass Flüchtlinge sich nicht "freiwillig" prostituieren, sondern aus Not. Vorher hatte er zugegeben, dass er selbst Flüchtlinge in die Prostitution vermittelt – für 20 Euro Provision. Sein Gesicht und die Stimme sind unkenntlich gemacht worden, sonst würde er nicht offen sprechen. Denn er arbeitet als Sicherheitskraft in einer Berliner Flüchtlingsunterkunft.

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Das Interview ist nur eine von mehreren schockierenden Aussagen, die das ZDF-Magazin Frontal 21 in einem am Dienstag ausgestrahlten Bericht gesammelt hat. Ein 20-jähriger Flüchtling aus Syrien sagt, dass ein Security-Mann im Erstaufnahmelager Wilmersdorf ihn zur Prostitution gebracht habe. "Ein Sicherheitsmann kam auf mich zu und fragte: Willst du Geschäfte machen? Geld verdienen?", erzählt ein Sprecher die Worte des jungen Mannes nach. "Er sagte, für Sex mit einer Frau kriegst du 30 Euro, vielleicht auch 40." Die meisten seiner Kunden seien dann aber Männer gewesen – homosexuell sei er aber nicht.


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Dass manche Wachmänner Flüchtlinge in die Prostitution vermitteln, bestätigt auch ein für mehrere Flüchtlingsunterkünfte zuständiger Sicherheitsbeauftragter. "Die bauen den Kontakt auf", erklärt der Mann, dessen Gesicht ebenfalls unkenntlich gemacht wurde. Zu Frauen, aber vor allem zu jungen Männern. "Ab 16 Jahre aufwärts. Umso jünger, umso teurer, das ist ja klar", sagt der Mann.

"Mir sind die ganz jungen am liebsten, ich habe schon 16-Jährige gehabt", erzählt ein 85-jähriger Freier.

Dass sich jugendliche Flüchtlinge in Berlin prostituieren, ist schon länger bekannt. Vor allem im Tiergarten hat sich eine regelrechte Szene etabliert. Mit versteckter Kamera treffen die ZDF-Reporter dort einen 20-Jährigen aus Afghanistan, der angibt, seit zwei Jahren in Deutschland zu leben. Er bietet dem Reporter für hundert Euro Sex und für 50 Euro "Französisch" an. Ob im Hotel oder im Park ist ihm egal.

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Später trifft der Undercover-Reporter auch noch einen Freier, der erzählt, 85 Jahre alt und ehemaliger Polizist zu sein. "Hier kriegt man alles, viele tun es auch ohne Kondome", erzählt der ältere Herr. "Die Jungs wissen ja nicht, dass das krank macht. Mir sind die ganz jungen am liebsten, ich habe schon 16-Jährige gehabt." Er habe den Preis einmal auf 20 Euro runtergehandelt, aber weniger sei nicht gegangen, der Junge habe ihm gesagt, er müsse "ja auch was essen".

"Ich weiß, dass es schlimm ist, aber was soll ich tun? Ich habe hier keine Chance", sagt ein 20-jähriger Syrer.

Die Sicherheitsfirma, bei der der Mann beschäftigt ist, der seine Nebentätigkeit als Zuhälter zugegeben hat, sagt, sie wisse von nichts. Ebenso die Berliner Sozial- und Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke). Sie sagte dem ZDF, die Berliner Behörden hätten bisher "keine konkreten Hinweise" auf solche Fälle gehabt. Sie erklärte aber, Polizei und Staatsanwaltschaft sollten den Hinweisen der Reporter nun nachgehen. "Wenn es um Zwangsprostitution geht, da werde ich immer dagegen vorgehen", erklärte die Senatorin.

"Zwangsprostitution" scheint aber nicht wirklich das Problem zu sein. Dass Sicherheitsmänner die Freier vermitteln, mag moralisch verwerflich sein. Entscheidender ist jedoch das Problem, dass junge Menschen in Erstaufnahmelagern keine andere Perspektive für sich sehen. "Meine Familie darf es auf keinen Fall erfahren", sagt der 20-jährige Syrer. "Ich weiß, dass es schlimm ist, aber was soll ich tun? Ich habe hier keine Chance."

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