Ein nerviger Begleiter von Familientreffen ist das Streiten über Grundsatzthemen. Mit Eltern, die glauben, Corona sei ein Fake und Schwurbler-Onkels, die Putin verehren. Oder – und das ist vielleicht der neueste Streitpunkt – man diskutiert mit Familienmitgliedern, die überzeugt sind: Wer Cannabis legalisiert, würde auch Crack an Babys verteilen.
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Denn die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dass Cannabis legal werden soll.
Erwachsene ab 18 Jahren, so steht es in einem Eckpunktepapier aus dem Oktober, sollen dann zu reinen Genusszwecken eine Höchstmenge von 20 bis 30 Gramm Cannabis erwerben und besitzen dürfen. Eine THC-Obergrenze ist erst einmal nicht vorgesehen. Das Cannabis soll laut Plan ausschließlich auf deutschen Plantagen wachsen und in lizensierten Fachgeschäften verkauft werden.
Das bereitet einigen Menschen ziemliche Angst. Vielleicht ja auch deinen Eltern oder anderen Verwandten. Also haben wir uns die gängigsten Sorgen angeschaut, die immer wieder auftauchen, wenn Menschen gegen die Legalisierung von Cannabis argumentieren. Und wir haben sie einem Faktencheck unterzogen.
1. Kiffen macht dumm und faul
Braucht eine Person länger, um einen Witz zu checken, eine Aufgabe zu erledigen oder reagiert sie langsam, liegt der Verdacht oft nahe: Das ist ein Kiffkopf. Es ist das sich hartnäckig haltende Vorurteil vom Kiffer, der sich das Hirn weggeraucht hat. Ganz so eindeutig sieht die Wissenschaft das aber nicht. Es kommt wie so oft auf die Menge an. Ob sich der Cannabiskonsum auf die Gedächtnisleistung auswirkt, hängt außerdem maßgeblich damit zusammen, in welchem Alter die Person angefangen hat zu kiffen und wie regelmäßig sie Gras konsumiert.
Gerade auf junge Menschen kann sich der Konsum von Cannabis negativ auswirken. Die bisher größte repräsentative Studie dazu wurde 2012 in Neuseeland durchgeführt. 1.037 Probanden im Alter von 13 Jahren und erneut mit 38 Jahren absolvierten einen IQ-Test. Das Ergebnis: Je regelmäßiger eine Person Cannabis konsumierte, desto größer war der IQ-Verlust in der gemessenen Lebensspanne. In der stärksten Konsumentengruppe sank der IQ im Durchschnitt um fünf bis sechs Punkte. Bei denjenigen, die erst nach dem 18. Lebensjahr angefangen hatten zu kiffen, konnte man keine Verminderung des IQs nachweisen.
Vor allem bei jungen Menschen wirkt sich ein regelmäßiger Cannabiskonsum nachhaltig negativ auf die Gedächtnisleistung aus. Das liegt daran, dass ihr Gehirn sich noch entwickelt und regelmäßig konsumiertes THC in hohen Dosen in diese Entwicklung eingreift. Kleinere Studien konnten aber auch belegen, dass diese Effekte nicht auf diejenigen zutrafen, die erst später mit dem Kiffen anfingen und dann wieder aufhörten.
Und wie sieht es mit dem Klischee vom faulen Kiffer aus? Eine Studie aus dem vergangenen Jahr zeigt, dass Menschen, die kiffen, in der Regel nicht weniger motiviert sind als Menschen, die nicht kiffen. Barbara Sahakian, eine der Autorinnen der Studie sagte dazu: “Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Cannabis als Freizeitdroge keinen Einfluss auf die Motivation der Konsumierenden hat. Einige unserer Studienteilnehmer konsumierten täglich Cannabis und waren nicht häufiger unmotiviert.”
2. Cannabis löst Psychosen aus
Ein Schrecken vieler Eltern ist, dass jeder Joint die Chance erhöht, eine psychotische Erkrankung auszulösen, etwa Schizophrenie. Grundsätzlich verändert jede psychoaktive Substanz, zum Beispiel Alkohol, den Bewusstseinszustand für eine gewisse Zeit. Oft ist das sogar erwünscht. Halten die Symptome aber über den Rauschzustand hinaus an, kann man von psychotischen Symptomen sprechen. Es gibt jedoch nicht die eine typische Form von Psychose. Und ob man eine psychotische Störung entwickelt, hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Die Genetik gehört dazu, aber auch Cannabiskonsum.
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Löst Kiffen also Psychosen aus? Eine Metaanalyse von 91 Berichten im Jahr 2013 ergab, dass Cannabiskonsumenten im Vergleich zum Rest der Bevölkerung fast doppelt so häufig zum ersten Mal an einer Psychose erkrankten. Eine andere Metaanalyse verschiedener Studien stellte 2011 fest, dass Menschen, die Cannabis konsumierten, im Vergleich zu denjenigen, die nicht gekifft haben, etwa 2,7 Jahre früher zum ersten Mal eine Psychose hatten. Außerdem kifft, laut einer weiteren Metaanalyse aus dem Jahr 2016, fast jeder dritte psychotische Patient zum Zeitpunkt der Ersterkrankung regelmäßig.
Ein klarer Fall also? Nein. Die Autoren der Studienübersicht warnen davor, allein aus diesen Daten zu schließen, dass Cannabis der Auslöser für die psychotische Erkrankung ist. Denn es könnte auch sein, dass Menschen, die anfällig für Psychosen sind, schlicht häufiger kiffen – zum Beispiel als Selbstmedikation.
Noch eine andere Tatsache spricht dagegen, dass Cannabiskonsum die Ursache von Psychosen ist: Obwohl mehr Menschen kiffen als vor 20 Jahren und die durchschnittlichen THC-Werte von Cannabisprodukten in vielen Regionen steigen, gibt es keinen gleichzeitigen Anstieg psychotischer Störungen in der Gesamtbevölkerung.
Der THC-Wert spielt jedoch eine entscheidende Rolle. Eine Studie aus elf europäischen Ländern und Brasilien hat 2019 festgestellt, dass mehr Menschen an Psychosen erkranken, wenn täglicher Konsum von Cannabis mit über zehn Prozent THC dort üblich ist. Die Forschenden in dieser Studie kamen zu dem Schluss, dass man zwölf Prozent der Neuerkrankungen psychotischer Störungen verhindern könnte, wenn kein hochpotentes Cannabis im Umlauf wäre. In London sogar bis zu 30 Prozent und in Amsterdam jede zweite psychotische Störung.
Psychotische Störungen sind komplex und lassen sich nicht auf die Tatsache reduzieren, dass jemand kifft. Jemand der genetisch zu psychotischen Störungen neigt und regelmäßig stark THC-haltiges Cannabis konsumiert, erhöht sein Risiko zu erkranken. Eine Rolle spielen dabei auch synthetische Cannabinoide, aber dazu später unter Punkt 5.
Übrigens: Während THC das Risiko für psychotische Störungen erhöht, könnte das ebenfalls in den Cannabisblüten enthaltene CBD sogar antipsychotisch wirken, so die Forschenden der Studie von 2019. Da es aber auf dem Schwarzmarkt unmöglich ist, herauszufinden, wie hoch der THC-Gehalt, geschweige denn der CBD-Gehalt der Ware ist, bleibt der illegale Erwerb das höhere Risiko für psychotische Störungen.
3. Vor allem junge Menschen werden mehr kiffen
Sobald Cannabis legal ist, fangen alle an zu kiffen – zumindest sagen das einige Legalisierungsgegner. Gemäß dieser Logik würde sie selbst ebenfalls nur das Verbot davon abhalten, Cannabis zu konsumieren. Die Gründe warum jemand konsumiert sind aber vielfältig. Aus Ländern, in denen Cannabis bereits entkriminalisiert oder legalisiert wurde, wissen wir, dass sich das in den meisten Fällen kaum auf den Konsum auswirkt.
Weder ist es so, dass Menschen nur kiffen, weil es verboten ist, noch umgekehrt. Zu diesem Ergebnis kam eine vergleichende Studie des UK Home Office im Jahr 2014. Das gilt übrigens auch für Jugendliche. Gerade sie soll das Verbot in den Augen von Legalisierungsgegnern schützen.
Es stimmt zwar, dass sich Cannabiskonsum besonders auf junge Menschen negativ auswirken kann (siehe Punkt 1). Ein Verbot hält sie aber nicht davon ab. Einige Studien sprechen sogar eher für das Gegenteil.
Das Centre for Drug Research in Frankfurt am Main hat 2014 Jugendliche zu ihrem Cannabiskonsum befragt. Zehn Prozent gaben an, dass die Illegalität unter anderem ein Anreiz für sie ist, zu konsumieren. Dagegen gab nur ein Prozent der drogenunerfahrenen Jugendlichen an, dass allein das Verbot sie vom Konsum abhalten würde. Sie hatten schlichtweg kein Interesse am Cannabiskonsum. Ein Blick in die USA nach Washington D.C und Colorado bestätigt diese Tendenz. Dort ist der Freizeitkonsum von Cannabis für Erwachsene legal. Eine Studie, die das Konsumverhalten von 1,4 Millionen Jugendlichen über 15 Jahre vergleicht, kam zu dem Ergebnis, dass seit der Legalisierung im Jahr 2014 in den US-Staaten, die Cannabis vollständig legalisierten, die Wahrscheinlichkeit, dass ein Teenager regelmäßig kifft, um neun Prozent gesunken ist. Das wird unter anderem damit erklärt, dass es eine Legalisierung Jugendlichen sogar erschwert, an Cannabis zu kommen, da es weniger Dealer gibt und eine Altersbeschränkung in den Fachgeschäften.
Auch in Portugal, das den Besitz und Konsum von Drogen wie Cannabis, Ecstasy und Heroin seit 2001 entkriminalisiert hat, liegt die Zahl der kiffenden Jugendlichen unter dem europäischen Durchschnitt.
4. Die Legalisierung sendet das Signal, Cannabis wäre harmlos
Die Behauptung, dass die Cannabis-Legalisierung ein falsches Signal sende, ist so beliebt wie wenig belegt.
Wie in Punkt 3 erwähnt, richten Menschen ihren Konsum nicht danach aus, ob etwas verboten ist oder nicht. Davon abgesehen wäre auch eine positive Signalwirkung vorstellbar. Mit einer Legalisierung könnte die Politik zeigen, dass sie die Realität anerkennt – Menschen konsumieren Cannabis trotz des Verbots – und sich tatsächlich um einen besseren Konsumentenschutz bemüht. Die letzten Bundesregierungen haben jedoch das Signal ausgesendet, dass sie kein Interesse daran haben, den illegalen Markt unter Kontrolle zu bringen. Denn erst eine Legalisierung würde ermöglichen, sichere Aussagen über THC-Gehalte und Reinheitsgrade zu treffen. Das Signal wäre weniger, Cannabis sei harmlos, sondern das Gegenteil: Es ist eben nicht harmlos und deswegen wollen wir wissen und kontrollieren, was genau drin ist.
Eine Legalisierung würde die offene Diskussion über Cannabis überhaupt erst ermöglichen. Denn wer Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen haben muss, wird wohl kaum das Gespräch über Cannabis suchen. Es geht nicht darum, von vornherein alle Gefahren zu bannen, denn das funktioniert nicht. Es geht um einen Dialog und ein Klima, in dem es möglich ist, angstfrei seine Fragen zu klären und Dinge in einem möglichst risikoarmen Rahmen ausprobieren zu können.
5. Cannabis wird immer stärker und gefährlicher
Stimmt, Cannabis wird immer stärker und vor allem wird es immer öfter mit gefährlichen Chemikalien gestreckt.
Erst mal zum THC-Gehalt von Gras, der in den letzten zehn Jahren in Deutschland durchschnittlich um fünf Prozent gestiegen ist – von durchschnittlich 8,3 Prozent THC-Gehalt im Jahr 2011 auf 12,3 Prozent im Jahr 2021. Auch das hat damit zu tun, dass Cannabis illegal ist. Weil die illegale Produktion oft nicht draußen stattfinden kann, sondern in Gewächshäusern. Das bedeutet auch, dass die Produzenten einen größeren Einfluss auf die Zucht haben, durch künstliches Licht und Wärme. Wäre der Anbau von Cannabis legal, ließe sich nicht nur der THC-Gehalt viel besser bestimmen, sondern auch der Anbau nach draußen verlagern. Ja, es sollte keine THC-Obergrenze geben, damit der Schwarzmarkt hier nicht wieder mit stärkerem Zeug zur Seite steht, aber viele Kunden wollen gar nicht so starkes Weed. Das Ding ist, bei ihrem Dealer haben sie schlichtweg gar nicht die Wahl, weil sie nicht wissen können, wie hoch der THC-Gehalt tatsächlich ist. Eine Legalisierung würde diese Situation verbessern.
Hinzu kommen immer häufiger chemische Streckmittel, sogenannte synthetische Cannabinoide. Sie werden in illegalen Laboren hergestellt und auf minderwertige Grasblüten oder CBD-Weed gesprüht. Ihre Wirkung ist 30 bis 300 Mal so stark wie die von THC, sagt der Toxikologe Fabian Steinmetz gegenüber VICE. Der Stoff ist oft unregelmäßig auf den Blüten verteilt und Konsumenten können nie sicher sein, wie viel sie davon erwischen. Noch problematischer: Meist wissen sie gar nicht, dass sie synthetische Cannabinoide konsumieren, weil die Blüten als normales Cannabis verkauft wurden. Die Chemikalien können zu Kreislaufversagen, Ohnmacht, Psychosen, Wahnvorstellungen bis hin zum Tod führen. Es ist unbekannt, wie viele Todesfälle im Zusammenhang mit synthetischen Cannabinoiden stehen. Ein Bericht von 2016, der 4.000 Fälle aus verschiedenen Studien untersucht, hat beispielsweise 26 Todesfälle identifiziert. Dort heißt es auch: Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein, denn oft wird die genaue Todesursache nicht festgestellt.
6. Der Schwarzmarkt bleibt bestehen
Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft bemüht gerne das Argument, dass eine Legalisierung den Schwarzmarkt überhaupt nicht beseitigen würde. Das ist tatsächlich in Kalifornien, Colorado und den Niederlanden der Fall, hat aber bestimmte Gründe. Die liegen in der Struktur der jeweiligen Legalisierung beziehungsweise Duldung.
In Kalifornien und Colorado gibt es trotz der Legalisierung von Cannabis einen Schwarzmarkt. Das liegt vor allem daran, dass es noch zu wenige legale Fachgeschäfte gibt. Wenn der nächste Coffeeshop kilometerweit weg ist, kaufen manche Konsumenten lieber von einem Dealer. Gleichzeitig ziehen Konsumenten eine legale Versorgung in den allermeisten Fällen vor, wenn sie in der Nähe liegt. Auf Grundlage einer Studie für die Marijuana Enforcement Division des Colorado Department of Revenue, schätzt der zuständige Forscher, das vom Schwarzmarkt stammende Cannabis in Colorado auf gerade einmal 5,7 Prozent. Zum Vergleich: Der Anteil illegaler Zigaretten liegt in Europa bei acht Prozent.
Neben einer flächendeckenden Versorgung spielt auch der Preis eine entscheidende Rolle dabei, ob eine Legalisierung den Schwarzmarkt austrocknet oder nicht. Wenn legales Gras doppelt so teuer ist wie auf dem Schwarzmarkt, werden Konsumenten nicht umsteigen. So war die Lage anfangs in Colorado. Direkt nach der Legalisierung im Jahr 2014 stiegen die Preise für 3,5 Gramm Cannabis auf 65 Dollar. Das lag damals am noch relativ geringen Angebot, einer zunächst höheren Nachfrage und den Steuern.
In den Niederlanden ist die Sache ganz anders. Hier ist Cannabis aber auch nicht legal, der Verkauf und Konsum wird lediglich geduldet. Die Produktion und Lieferung ist illegal und wird deswegen von Kriminellen organisiert. In den Regionen, in denen es kaum Coffee-Shops gibt, füllt ebenfalls der Schwarzmarkt die Versorgungslücke. Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich die Anzahl der Coffee-Shops in den Niederlanden halbiert. Da die Produktion und Lieferung immer noch illegal ist, kann niemand offiziell prüfen, was in dem Gras steckt, dass die allermeisten Niederländer in Coffeeshops kaufen. Wenn Deutschland bei der Legalisierung also etwas richtig machen will, dann sollte es sich um eine flächendeckende Versorgung bemühen, Preise wählen, die sich am aktuellen Schwarzmarkt orientieren und die Produktion und Lieferung in überprüfbare Hände legen.
7. Wir brauchen nicht noch eine Volksdroge
Cannabis ist längst eine Volksdroge. Laut des Epidemiologischen Suchtsurveys 2018 haben fast ein Drittel der Deutschen zwischen 18 und 64 Jahren mindestens einmal in ihrem Leben gekifft. 4,5 Millionen Deutsche kiffen regelmäßig. Ob das nun gut oder schlecht ist, sei dahingestellt, es ist aber eine Realität, mit der die Politik sich auseinandersetzen muss.
Wenn 4,5 Millionen Menschen kiffen, sollten wir garantieren, dass das Zeug nicht gestreckt oder in fragwürdigen Lieferketten hergestellt wird.
Die bereits legale Volksdroge Alkohol kann man als Wirkstoff mit Cannabis kaum vergleichen. Er löst bei regelmäßigem und übermäßigem Konsum viele Krankheiten aus, zerstört aktiv Zellen im Körper und macht schnell abhängig. Nicht auszudenken, wie schlecht die Situation wäre, wenn Alkohol illegal wäre. Aber auch so sterben jährlich etwa 74.000 Menschen an den Folgen des Konsums. Bei Tabak sind es 127.000, bei Cannabis 0.
8. Cannabis ist eine Einstiegsdroge
Diese Behauptung ist schon lange vielfach wissenschaftlich widerlegt. Sogar das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1994 nach mehreren Gutachten festgestellt, dass “Haschisch keine Einstiegsdroge für härtere Drogen sei und auch keine Schrittmacherfunktion entfalte”. Kiffer wollen kiffen, weil die Substanz eine spezifische Wirkung auslöst, die man nicht einfach durch eine andere Substanz ersetzen kann. Man kann außerdem argumentieren, dass viele Cannabis-Konsumenten mit anderen Substanzen vor allem bei ihrem Dealer in Kontakt kommen. Ist Cannabis legal, wird der Abstand zu anderen Substanzen größer.
9. Cannabis anbauen ist eine Klima-Sünde
Vielleicht ein etwas weniger populäres Argument, aber wer weiß, vielleicht haben sich eure Verwandten auch sehr gut vorbereitet. Der ökologische Fußabdruck vieler Kiffer ist tatsächlich alles andere als grün. In einem im Oktober 2022 veröffentlichten Bericht des Transnational Institute heißt es, dass bei der Indoor-Produktion von einem Kilogramm Cannabis 2.300 bis 5.200 Kilogramm CO2 verursacht werden, so viel wie bei der Verbrennung von 900 bis 2.000 Litern Benzin. Der Stromverbrauch für die voraussichtliche Jahresernte von 400 Tonnen gleicht dem Verbrauch aller Kölner Haushalte in einem Jahr.
Bisher plant die Bundesregierung, den Bedarf allein über den Anbau in Deutschland zu decken. Das macht Sinn, denn die Lieferung durch Länder, in denen Cannabis verboten bleibt, wäre illegal und eine Produktkontrolle wäre in den einzelnen Stationen nicht möglich. Der Deutsche Hanfverband spricht sich deshalb für den Freilandanbau aus. Dagegen wird argumentiert, dass sich so der Gesundheitsschutz nicht gewährleisten lässt. Hier heißt es aus den Reihen der SPD etwa, dass die Produktion durch nachhaltige Energie stattfinden müsste. Andere fordern, dass Cannabis aus klimatisch passenderen Ländern importiert werden sollte, auch um den Kleinbauern eine Existenzgrundlage zu sichern. Doch das ist durch die überwiegende Illegalität von Cannabis nicht so leicht. Demnach wäre es am allerbesten, nicht nur Deutschland würde Cannabis legalisieren, sondern alle Länder.
10. Dealer werden sich andere kriminelle Tätigkeiten suchen
Wenn Cannabis legal wird, was passiert eigentlich mit all jenen, die sich bisher um die Versorgung gekümmert haben? Auch wenn der Schwarzmarkt in einigen weniger gut versorgten Ecken bestehen bleiben könnte, würde die Legalisierung ihn teilweise verdrängen und damit auch die Arbeit vieler Dealer. Damit sie sich nicht anderen kriminellen Geschäftsfeldern zuwenden, könnte ein erster Schritt sein, sie zu rehabilitieren.
Wie ein Dealer in einem offenen Brief an die Bundesregierung schreibt, profitieren in den USA von der Legalisierung vor allem Weiße Eliten. Menschen mit Startkapital, die sich Lizenzen und Fachgeschäfte leisten können, machen den Profit, für den jahrzehntelang andere Menschen ins Gefängnis gewandert sind.
Es wäre deshalb sinnvoll, die Legalisierung so zu gestalten, dass all diese Menschen nicht noch ein zweites Mal unnötig bestraft werden. Außerdem haben viele von ihnen eine jahrelang aufgebaute Expertise und kennen ihre Kunden und deren Bedürfnisse. Eine Legalisierung sollte sie also mit ins Boot holen und nicht durch Bürokratie oder finanzielle Hürden vom Markt ausschließen. Auch das ist eine Frage der Gestaltung.
11. Es geht bei der Legalisierung nur um’s Geld
Dauert die Diskussion über eine Cannabis-Legalisierung länger, könnten sich sogar erzkonservative Menschen sorgen, dass der Verbraucherschutz hinter den Interessen der Industrie zurücktreten könnte. Man könnte dem entgegnen, dass das kein Cannabis-Problem ist, sondern ein Kapitalismus-Problem. Wenn man diese Ebene nicht aufmachen will, ließe sich argumentieren, dass man diesen Interessen Einhalt gebieten könnte.
Und das scheint auch so geplant zu sein: Das Bundesgesundheitsministerium möchte laut einem ersten Eckpunktepapier zur Legalisierung Werbung für Cannabis verbieten, ebenso wie Fachgeschäfte in der Nähe von Kitas und Schulen.
12. Deutschland wird von Cannabis-Touristen überrannt
Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat im Oktober 2022 in der Augsburger Allgemeinen geäußert, dass die Legalisierung “Fans aus anderen europäischen Ländern anlockt”. Warum genau das aber ein Problem sein soll, sagt er nicht. Er verweist nur darauf, dass Deutschland nach EU-Recht verpflichtet ist, Drogenhandel zu unterbinden und Cannabis strafrechtlich zu verfolgen – da es bisher als Betäubungsmittel gilt. Klar ist, dass Deutschland dafür Sorge tragen müsste, dass Touristen ihr in Deutschland gekauftes Weed nicht in ihre Länder importieren. Nach EU-Recht ist es aber so, dass legale Waren jedem EU-Bürger zugänglich sein müssen, das heißt, wenn Cannabis in Deutschland legal wäre, dann dürften andere EU-Bürger in Deutschland Cannabis kaufen und vor Ort konsumieren. In seiner Argumentation verweist der bayerische Gesundheitsminister auf Jugendschutz, auf die einschränkende Wirkung von Cannabis auf Hirn- und Gedächtnisleistung und das erhöhte Risiko psychotischer Erkrankungen. Wir empfehlen ihm also einfach ein bisschen hochzuscrollen und sich zu informieren.
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