Zwei Bären auf einer Müllhalde, in Indien fressen viele bedrohte Himalayabären menschliche Abfälle
Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Wildlife SOS
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Danke, Menschheit: Diese bedrohten Bären leben nur noch von Müll

Ein Team von Wildtierexperten vermutet, dass viele Himalayabären nicht mehr wissen, wovon sie sich ursprünglich ernährt haben.
Pallavi Pundir
Jakarta, ID

Der Himalayabär, auch Isabellbär genannt, ist eine bedrohte Bärenart, die – ja, der Name verrät es – im Himalaya und daran angrenzenden Regionen lebt. Jetzt hat die indische NGO Wildlife SOS zusammen mit der indischen Naturschutzbehörde die Ernährung der stämmigen Vierbeiner untersucht – sprich: Bärenkacke analysiert. Darin fanden die Forscherinnen und Forscher eine Menge Zeug, das dort nicht hingehört: Plastiktüten, Schokoladenpapier, Glasscherben und halbverdaute Reisgerichte. Die Tiere hatten sich offensichtlich auf Müllhalden rumgetrieben.

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"Normalerweise ernähren sich diese Bären von Gräsern, Pflanzen, Insekten und kleinen Säugetieren", sagt der Biologe Swaminathan Shanmugavelu von Wildlife SOS, der die Untersuchung geleitet hat. Er befürchtet, dass die Tiere mit dem Abfall ihre Organe schädigen. "Das kann zu schweren Krankheiten führen und sogar ihre Lebensspanne verkürzen."

Ein Bär frisst auf gelbes Zeug auf einer Müllkippe

Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Wildlife SOS

Um die eigentlich sehr scheuen Tiere besser beobachten zu können, installierte das Team zahlreiche Kamerafallen in der Region Jammu und Kashmir in Nordindien – vor allem an Müllhalden.

Ein bei den Bären besonders beliebter Abfallhaufen befindet sich in der Nähe der Pilgerstätte Amarnath – einer heiligen Höhle. Hier soll sich die Gottheit Shiva als gigantisches Linga offenbart haben, das phallische Symbol Shivas. Tatsächlich bildet sich jedes Jahr in der Höhle eine riesige Eissäule, die an so ein Linga erinnert.

Aber zurück zu den flauschigen Himalayabären und ihrer miserablen Ernährung. 

Zwei erwachsene Bären und drei Junge auf einem Geröllhang

Wildlife SOS Projektmanagerin Aaliya Mir schreibt in einem Statement: "Weil er so abgelegene Regionen bewohnt, hat man den Himalayabär in den vergangenen zwei Jahrzehnten nur selten gesehen." In den vergangenen Jahren seien die Bären aber auf Futtersuche immer weiter in den Einzugsbereich von Menschen vorgedrungen – und der Mensch mit Viehherden in das Gebiet der Bären.

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In Indien häufen sich die Konflikte zwischen Menschen und Wildtieren. Allein in der Region Kashmir wurden zwischen 2015 und 2020 67 Menschen durch Tiere getötet und 940 verletzt. 2019 verwüstete ein Himalayabär eine Schule und mehrere Häuser in einem Dorf.

Ein Bär beobachtet zwei Pferde, die in einer Müllhalde stehen und fressen

Auch andere Tiere wie Pferde und Füchse fressen auf den Müllhalden

Auf den Fotos und Videos, die Wildlife SOS mit uns geteilt hat, sieht man Bären, die sich nachts über Abfälle hermachen. Das Phänomen ist nicht neu, auch Bären in den USA schlemmen lieber aus Mülltonnen, als selbst auf die Jagd zu gehen. Besonders gefährlich für die Himalayabären ist allerdings, dass es in dieser Gegend keine Mülltrennung gibt und so Essbares mit Unverdaulichem auf einem Haufen landet.

Das Ganze wird auch nicht besser dadurch, dass der Himalayabär vom Aussterben bedroht ist. Etwa 700 Tiere soll es noch in freier Wildbahn geben. Weil sie überwiegend in abgelegene Regionen leben, ist bislang nur wenig über ihre Verbreitung und Lebensweise bekannt.

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Zwei Männer montieren in einer gebirgigen Region eine Kamera an einem Pfosten

Das Team von Wildlife SOS beim Anbringen der Kamerafallen

Die Kamerafallen zeigen Bären, die die Müllhalden mit ihren Jungen besuchten. Das Team von Wildlife SOS befürchtet deswegen, dass einige der Tiere ihre natürlichen Ernährungsgewohnheiten bereits vergessen haben und jüngere Bärengenerationen nichts anderes mehr außer Müll kennen.

Zwei Männer hocken zwischen Geröll und Abfall auf einem Abhang, einer analysiert mit Handschuhen und Instrumenten einen Bärenhaufen

Mitarbeiter von Wildlife SOS beim untersuchen von Bärenhinterlassenschaften

"In diesem jungen Alter werden die Bärenjungen das Verhalten als natürlich wahrnehmen", sagt Swaminathan. "Durch Befragungen der Einheimischen haben wir außerdem erfahren, dass Himalayabären diese Orte seit acht oder zehn Jahren aufsuchen. Wahrscheinlich haben die Mütter dieses Verhalten also bereits an die Jungen weitergegeben."

Ein Foto von braunen Bären auf einem Hang

Um die Gefahr für die Tiere zumindest etwas zu verringern, schlägt Wildlife SOS vor, fortan den Müll streng zu trennen, damit die Tiere neben kalorienreichen Reisgerichten und Süßigkeiten nicht auch noch Glas und Plastiktüten fressen. Außerdem sollen einige Gebirgsstraßen durch Tunnel ersetzt werden, um die Begegnungen zwischen Mensch und Tier zu reduzieren.

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